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Commentary

Messianische Juden im Warschauer Ghetto

Im April jährt sich der Aufstand im Warschauer Ghetto zum 80. Mal. Vier Wochen lang stellten sich die letzten Überlebenden der einst blühenden jüdischen Gemeinde Warschaus ihren deutschen Henkern entgegen. Die meisten Bewohner des Ghettos waren zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr am Leben. Unter ihnen waren auch tausende Christen jüdischer Herkunft. (Foto: Unsplash, Die Allerheiligenkirche in Warschau, in der Christen im Warschauer Ghetto Gottesdienste feierten, Symbolbild)

Das Warschauer Ghetto

Mit dem deutschen Überfall auf Polen 1939 begann der Völkermord an den 3,3 Millionen polnischen Juden. Im Oktober 1940 zwangen die deutschen Besatzer die jüdischen Einwohner Warschaus (30% der damaligen Stadtbevölkerung) zum Umzug in einen „jüdischen Wohnbezirk“, umgeben von einer drei Meter hohen Mauer und hermetisch abgeriegelt. Bis zu einer halben Million Menschen waren auf einer Fläche von rund 3,1 Quadratkilometern eingepfercht. Innerhalb der nächsten zwei Jahre starben mehr als 80.000 infolge von Hunger, Seuchen, Zwangsarbeit oder Gewalthandlungen. Rund 265.000 wurden im Sommer 1942 mit der sog. „Großen Aktion“ in den sicheren Tod in den Gaskammern von Treblinka geschickt.

Der Ghettoaufstand

Am 19. April 1943, es war der Vorabend des Passah-Fests, an dem das jüdische Volk des Auszugs aus Ägypten gedenkt, rückten Einheiten von SS und Polizei zur endgültigen „Räumung“ des Ghettos vor. Knapp 1.000 jüdische Widerstandskämpfer, angeführt von Mordechai Anielewicz, Marek Edelman und anderen, stellten sich ihnen entgegen. Ohne Ausbildung und spärlich mit Molotowcocktails, Handgranaten und wenigen Dutzend Schusswaffen ausgestattet, führten diese verzweifelten Männer und Frauen einen aussichtslosen Kampf gegen einen erbarmungslosen Gegner. Nach 27 Tagen wurde der Aufstand niedergeschlagen. Die Sprengung der Großen Synagoge von Warschau verdeutlichte: die größte jüdische Gemeinde Europas war nicht mehr. (Foto: Pixabay, Denkmal der Helden des Ghettos, Symbolbild)

Als sich ihre Niederlage abzeichnete, begingen viele Anführer des Aufstands in ihrem unterirdischen Bunker in der Miła-Straße 18 kollektiven Selbstmord, wie ihre Glaubensbrüder es 2.000 Jahre vor ihnen auf Masada getan hatten. Bei der Sprengung des Ghettos, Straßenzug um Straßenzug, entdeckten die Nazis hunderte dieser Bunker. „Sie konnten diejenigen nicht retten, die darin Zuflucht gesucht hatten, aber sie bleiben das ewige Symbol des Lebenswillens der Juden Warschaus“, schreibt Dr. Mitch Glaser, Präsident von Chosen People Ministries. Rund 13.000 Juden starben während des Aufstands. Die Überlebenden wurden in die Vernichtungslager Majdanek und Treblinka deportiert.

Christen im Warschauer Ghetto

Unter den im Ghetto Eingesperrten befanden sich auch tausende Christen jüdischer Abstammung sowie messianische Juden*. Manche von ihnen waren bereits in der zweiten oder dritten Generation Christen und hatten keinerlei Verbindung mehr zum Judentum. Andere hatten in den Vorkriegsjahren zum persönlichen Glauben an Jesus gefunden oder konvertierten innerhalb der Ghettomauern.

Peter F. Dembowski, ehemaliger polnischer Untergrundkämpfer und emeritierter Professor der Universität Chicago, berichtet in seinem Buch Christians in the Warsaw Ghetto von zwei katholischen Kirchengemeinden innerhalb der Ghettomauern (Allerheiligenkirche und Mariä-Geburt-Kirche). Priester betraten Tag für Tag das Ghetto oder wohnten dort, um die seelsorgerliche Betreuung der Gläubigen wahrzunehmen und die physische Not in einer irgend möglichen Weise zu lindern. Am letzten Sonntag vor Beginn der „Großen Aktion“ sei eine „riesige Menschenmenge, wie nie zuvor“, zur Messe erschienen, zitiert Dembowski einen Priester. Katholische Quellen aus der Nachkriegszeit sprechen von rund 5.000 „Katholiken jüdischer Herkunft“ im Ghetto.

Das Untergrundarchiv Oneg Schabbat des Historikers Emanuel Ringelblum sowie das Tagebuch von Adam Czerniaków, Vorsitzender des Judenrats, die beide den Alltag im Ghetto dokumentierten, berichten ebenfalls von Christen, sogar von Taufen, im Warschauer Ghetto.

Konversionen vor dem Holocaust

In den Jahrzehnten nach der Aufklärung waren zehntausende Juden zum Christentum konvertiert. Oft war dies Teil von Assimilationsbemühungen und einer Identifizierung mit dem vorherrschenden Glauben im jeweiligen Nationalstaat, in dem sie lebten. Ein weiterer Beweggrund war der erst durch eine Konversion ermöglichte gesellschaftliche Aufstieg. Todd M. Endelman, Professor für Neuzeitliche Jüdische Geschichte an der Universität Michigan,spricht von rund 1.800 Konversionen in Warschau in den Jahren 1800­–1903. Mehr als 61% traten demnach zur reformierten oder lutherischen Kirche über, die unter den säkularen Juden als „moderner“ und „aufgeschlossener“ galten. Die Zahl der Christen, die sich Jahrzehnte später im Warschauer Ghetto wiederfanden, könnte also höher gewesen sein, als den katholischen Kirchen bekannt war.

Judenmissionen in Europa

Warschau war auch ein wichtiges Zentrum zahlreicher protestantischer Judenmissionen, die im 19. Jahrhundert in Europa entstanden, initiiert v.a. von britischen und US-amerikanischen Missionsgesellschaften. In Deutschland erlangte die von der Irish Presbyterian Church (Belfast) 1847 ins Leben gerufene Jerusalem-Gemeinde in Hamburg große Bekanntheit. Um die Jahrhundertwende wuchs sie unter der Leitung von Dr. Arnold Frank zu einem Zentrum der Missionsarbeit unter Juden; ihre Missionsschriften erreichten eine Auflage von bis zu 40.000.

Fokus der meisten Missionsgesellschaften war jedoch Osteuropa, wo vor der Schoa der größte Teil der jüdischen Weltbevölkerung lebte. Ein bis heute erhaltenes Zeugnis dieser Ereignisse sind die Lebensgeschichten und Schriften namhafter Rabbiner, die zum Glauben an Jeschua fanden, wie Isaac Lichtenstein (Ungarn), Paulus Cassel (Preußen) oder Joseph Rabinowitz (Bessarabien), der als Vater der modernen messianisch-jüdischen Bewegung gilt.

In Warschau soll allein die London Mission to the Jews laut Endelman 1821–1907 949 Juden anglikanisch getauft haben. Glaser vermutet, dass am Vorabend des Zweiten Weltkriegs „mehr als ein Dutzend messianische Gemeinden und Missionen“ in Warschau existierten. „Es muss [daher] eine starke Präsenz messianischer Juden im Warschauer Ghetto gegeben haben.“ Missionsstationen gab es auch in anderen polnischen Städten wie Lemberg (heute Ukraine), Lublin, Białystok, Łódź und Krakau.

Messianische Juden im Holocaust

Bereits 1899 schätzte das Institutum Judaicumin Berlindie Zahl der Christen jüdischer Herkunft weltweit auf mehr als 200.000. Sie waren orthodoxer, evangelischer und katholischer Konfession. Glaser geht von bis zu 300.000 messianischen Juden am Vorabend der Schoa aus, die, entsprechend der demographischen Verteilung der jüdischen Weltbevölkerung, mehrheitlich in Europa gelebt hätten. Der britische Bibellehrer und messianische Jude Hugh J. Schonfield berichtete 1936 von der Existenz nationaler messianisch-jüdischer Allianzen in achtzehn Ländern, v.a. in Zentral- und Osteuropa: hier taten sich hebräische Christen zusammen, die sich nicht als Konvertiten verstanden, sondern mit ihrem Glauben an den Messias Jeschua weiter an ihrer jüdischen Identität festhielten.

Wie viele Christen jüdischer Herkunft und messianische Juden im Holocaust ermordet wurden, ist nicht bekannt. Ob sie nach der Konversion an ihrer jüdischen Tradition festhielten oder keinen Bezug mehr zu ihren jüdischen Wurzeln hatten, sie erlitten dasselbe Schicksal wie das gesamte jüdische Volk während der Schoa. Ganze Familien wurden ausgelöscht und es gab niemanden mehr, der ihre Geschichte erzählen konnte.

*Der Begriff „messianische Juden“ war damals noch nicht geläufig. Eine exakte Unterscheidung zwischen Christen jüdischer Herkunft und messianischen Juden im heutigen Sinne ist in diesem Zusammenhang nicht möglich.

 


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Die messianische Gemeinde: Ein Zeichen unserer Zeit

„Ihr Christen wart Zionisten – noch vor uns Juden. Es ist wichtig, das anzuerkennen.“ Das sagte der ehemalige israelische Premierminister Benjamin Netanjahu im Juni beim Jerusalemer Gebetsfrühstück in der Knesset. (Foto: Unsplash, Mosaik mit jüdischen Symbolen, Symbolbild)

Christlicher Zionismus

In der Tat waren es vor allem protestantische und evangelikale Theologen und Pastoren, die nach der Reformation erstmals öffentlich für eine nationale Wiederherstellung Israels eintraten. Puritaner, böhmische Brüder, Methodisten, Pietisten, die Pfingstbewegung und andere Erweckungsbewegungen – sie alle glaubten an die künftige Rückkehr des jüdischen Volkes in sein uraltes Heimatland. Infolge der Reformation erhielten selbst gewöhnliche Christen Zugang zur Heiligen Schrift in ihrer eigenen Sprache. Auf diese Weise wurden grundlegende biblische Wahrheiten wiederentdeckt, darunter die verheißene Rückkehr des jüdischen Volkes in das Land seiner Vorväter. (Siehe auch unsere Themenseite "Christlicher Zionismus")

Zurück zu den jüdischen Wurzeln

Mit der zunehmenden Verbreitung des Wortes Gottes wuchs v.a. in Europa und Nordamerika die Erkenntnis der zentralen und andauernden Rolle Israels in der Heilsgeschichte. Parallel dazu entstand ein neues Interesse an den jüdischen Wurzeln des christlichen Glaubens. An vielen theologischen Fakultäten Europas beschäftigte sich die Forschung mit dem Alten Testament und dem Talmud. In Großbritannien hatten die Werke von John Gill (1697-1771) und Bischof J.B. Lightfoot (1828-1889) großen Einfluss: Ihre Bibelkommentare enthielten zahlreiche rabbinische Lehren und wurden von vielen Christen gelesen.

Im 18. und 19. Jahrhundert wurde an mehreren deutschen Universitäten ein „Institutum Judaicum” eingerichtet. Das bekannteste befand sich in Leipzig, gegründet unter dem Einfluss von Franz Delitzsch (1813-1890), dessen Kommentar zum Alten Testament heute noch gelesen wird. Delitzsch ist auch dafür bekannt, dass er das Neue Testament erstmals ins Hebräische übersetzte – und dies Jahrzehnte bevor Elieser Ben Jehuda die hebräische Sprache neu belebte.

Der Oxford-Gelehrte Alfred Edersheim trug ebenfalls zum wachsenden Verständnis der hebräischen Wurzeln des Christentums bei. Edersheim war Sohn einer Rabbiner-Familie und wurde im Talmud unterwiesen, konvertierte aber später und trat einer reformierten schottischen Kirche bei. Sein wegweisendes Werk „The Life and Times of Jesus the Messiah“ (Das Leben und die Zeit Jesu, des Messias) bereicherte das christliche Verständnis der jüdischen Identität Jesu und der Evangelien.

Ein neues Phänomen

Es war diese wiederentdeckte jüdische Identität Jesu und der Urgemeinde, die dazu führte, dass in christlichen Kreisen ein weiteres Phänomen auftrat: Viele Juden glaubten, dass Jeschua (Jesus) ihr lang erwarteter Messias war, behielten ihre jüdischen Traditionen aber bei. In den vorangegangenen Jahrhunderten hatte man die wenigen Juden, die zum Glauben an Jesus kamen, in der Regel gezwungen, ihre jüdische Identität aufzugeben. Seit den frühen ökumenischen Konzilen war es ihnen untersagt, eine Synagoge zu besuchen, jüdische Traditionen zu wahren oder jüdische Feiertage zu feiern – einschließlich des Schabbats.

Mit der Wiederentdeckung der jüdischen Identität Jesu und der Apostel wuchs auch die Erkenntnis, dass die Gläubigen des ersten Jahrhunderts nicht einer „christlichen Religion“ beigetreten waren, sondern dass sie vielmehr Juden waren, die glaubten, dass Jeschua der Messias ist. Einer der ersten, der dies zum Ausdruck brachte, war 1882 Joseph Rabinowitz, Sohn einer jüdisch-orthodoxen Familie, der zum Glauben an Jeschua als seinen Messias kam. Er lehnte es ab, einer christlichen Religionsgemeinschaft beizutreten, und legte auch seine Traditionen nicht ab, sondern behielt vielmehr einen jüdischen Gottesdienststil bei und gründete ein einzigartiges jüdisches Gebetshaus in Kischinew (Moldau), in dem er Gottesdienste auf Jiddisch feierte. Für viele gilt dies heute als der Anfang der modernen messianisch-jüdischen Bewegung. Wie zu erwarten, erlebte Rabinowitz deutlichen Widerstand – sowohl von jüdischer als auch von christlicher Seite. Aber er fand auch enthusiastische Unterstützer, u.a. protestantische Leiter wie Franz Delitzsch, der in Rabinowitz‘ Überzeugung einen neuen Ausdruck des ursprünglichen Christentums sah. Unter den Protestanten und Evangelikalen fand der Gedanke, dass es „hebräische Christen“ gibt, zunehmend Anklang.

Dem Kirchenhistoriker Prof. Donald M. Lewis zufolge beeinflusste die wachsende Zahl der an Jesus gläubig gewordenen Juden die Entwicklung und Theologie einer neuen Bewegung, die sich besonders in England für die Wiederherstellung Israels einsetzte. Sogar in der Wortwahl der Balfour-Erklärung von 1917 meinte Lewis die Lehren dieser jüdischen Gläubigen, die die Wiederherstellung einer jüdischen Heimstätte in Erez Israel, im Land Israel, entschieden unterstützten, wiederzuerkennen.

Die noch junge messianische Bewegung erlebte in Osteuropa ein bedeutsames Wachstum, insbesondere um die Jahrhundertwende (ca. 1900). Der bekannte lutherische Pfarrer Richard Wurmbrand berichtete von mehreren zehntausend Anhängern allein in Rumänien. In seiner Doktorarbeit schätzt Mitch Glaser, Leiter der messianischen Bewegung Chosen People Ministries, dass vor dem Zweiten Weltkrieg vor allem in Osteuropa zwischen 200.000 und 300.000 messianische Juden lebten. Nur wenige von ihnen schlossen sich einer etablierten Kirche an.

Es ist tragisch, dass ihr Glaube an Jeschua ihr Leben im Land der Reformation nicht rettete, denn während des Holocausts wurden die meisten messianischen Juden Europas zusammen mit ihren jüdischen Brüdern und Schwestern in Auschwitz und anderen Todeslagern der Nazis ermordet. Eine evangelikale Kirche in Deutschland nahm in ihre Satzung sogar den Zusatz auf, dass „Juden in ihren Versammlungen nicht zugelassen sind“, da sie „Christusmörder“ seien. Traurigerweise wurde das Land, das die christlich-zionistische Bewegung mit auf den Weg gebracht hatte, zu der Nation, die das dunkelste Kapitel jüdisch-christlicher Geschichte schrieb.

Ein Blick auf die Anfänge

Heute erlebt die messianisch-jüdische Bewegung erneutes Wachstum. Schätzungen zufolge leben zwischen 7.000 und 20.000 messianische Juden in Israel. Für viele Theologen und Gemeindeleiter stellt die messianisch-jüdische Bewegung ein kleines, jedoch prophetisches Wirken Gottes in unserer Zeit dar. Selbst im Vatikan kam es in den letzten Jahren zu Gesprächen zwischen katholischen Geistlichen und messianisch-jüdischen Leitern. Die Tatsache, dass es nach 1800 Jahren wieder eine jüdische Strömung im Christentum gibt, ist nicht nur faszinierend, sondern lenkt auch den Blick auf die Anfänge der Kirche. Für viele christliche Zionisten stellt diese kleine, aber wachsende messianische Gemeinde die ursprünglichste Form ihres Glaubens dar. Im Laufe der Jahrhunderte vergaßen viele Christen, dass Jesus Jude war und von seinen Anhängern „Rabbi“ genannt wurde. Seine Jünger und die Verfasser des Neuen Testaments waren allesamt Juden. Bis in die Mitte des zweiten Jahrhunderts n. Chr. befolgte die Kirche weiterhin jüdische Traditionen. Die ersten Jünger versammelten sich im Tempel in Jerusalem, befolgten jüdische Speisegesetze und dachten im Traum nicht daran, eine neue Weltreligion zu gründen. Ursprünglich wurden Heidenchristen nur unter Vorbehalt aufgenommen und die Taufe des ersten Nichtjuden, Kornelius, geschah nur auf eine eindeutige Führung des Heiligen Geistes hin (vgl. Apostelgeschichte 10). Als Paulus, der „Apostel der Heiden“, seine Missionsreisen nach Kleinasien, Griechenland und Rom unternahm, besuchte er immer zuerst die Synagogen vor Ort. Er wusste, dass Gott die Frohe Botschaft vom Kommen des Messias zuerst den Juden und erst dann den Völkern verheißen hatte (Römer 1,16ff).

Rasante Veränderungen

Nachdem jedoch die ersten Heidenchristen aufgenommen worden waren, veränderte sich die Struktur der Kirche rasant. Bereits Ende des ersten Jahrhunderts waren die meisten Nachfolger Jesu Nichtjuden. Infolgedessen ging die Leitung der Gemeinde bald von jüdischen in nichtjüdische Hände über. Zwei wichtige Faktoren trugen zu dieser Veränderung bei. Zum einen waren die Heidenchristen rasch in der Überzahl. Viele der Gemeinden im Römischen Reich, die anfangs überwiegend jüdisch gewesen waren, wurden durch den großen Zustrom nichtjüdischer Gläubiger bereits zu Paulus‘ Zeiten verändert. Zum anderen dezimierten die römischen Eroberungen Judäas unter Vespasian und Titus (69/70 n. Chr.) und später Hadrian (134 n. Chr.) die jüdische Bevölkerung im Land Israel – rund zwei Drittel von ihnen wurden getötet, die meisten Überlebenden gingen ins Exil. Entsprechend verlor Jerusalem seine Stellung als Zentrum des geistlichen, jüdischen Lebens.

Die Bedeutung, die Jerusalem für die ersten Gläubigen hatte, kann nicht überschätzt werden. Das erste Kirchenkonzil fand in Jerusalem statt und Paulus besuchte die Heilige Stadt immer wieder, um den leitenden Aposteln von seinen sich ausweitenden Missionsreisen zu berichten. Anlässlich biblischer Feiertage besuchte er auch den Tempel und immer überbrachte er Spenden der neuen Gemeinden, die er gegründet hatte, für die „Armen unter den Heiligen“ in Jerusalem (Römer 15,26). Außerdem reiste Paulus nie allein, immer brachte er eine Delegation gläubig gewordener Nichtjuden mit (Apostelgeschichte 20,4), anscheinend um sicherzustellen, dass sie gute Beziehungen nach Jerusalem unterhalten würden.

Als der Tempel 70 n. Chr. zerstört wurde, war dies nicht nur eine politische, sondern auch eine geistliche Erschütterung. Im Jahr 134 n. Chr. verbot Kaiser Hadrian den Juden, Jerusalem zu betreten. Als Zeichen der Demütigung wurde die Provinz Judäa in Palästina umbenannt, nach Israels Erzfeinden, und Jerusalem in Aelia Capitolina. So ging auch das Bistum Jerusalem in die Hände der Nichtjuden über. Judas Kyriakos, ein Urenkel Judas‘, des Bruders Jesu, war der letzte Jude, der in der Antike Bischof in Jerusalem war. Doch er wurde 135 n. Chr. durch den ersten nichtjüdischen Bischof ersetzt – Marcus, der übrigens nicht mehr „Bischof von Jerusalem“, sondern „Bischof von Aelia Capitolina“ genannt wurde. Von da an war Rom das neue geistliche Zentrum der Christenheit. In den folgenden 200 Jahren nahm nicht nur der jüdische Einfluss in der Kirche ab, die Kirche trennte sich auch mehr und mehr von Israel und den Juden. Diese nichtjüdische Kirche betrachtete sich selbst als das „neue Israel“, das die Juden als Gottes auserwähltes Volk ersetzt hatte.

Zeichen der Hoffnung

Dass es wieder eine messianische Gemeinde in Israel gibt, ist für viele Christen nicht nur Teil der heutigen Wiederherstellung Israels, sondern ein wirksames „Gegengift“ gegen Ersatztheologie und Anti-Israelismus. Schon Paulus hatte der Gemeinde anhand seiner Identität als Israelit vom Stamm Benjamin verdeutlicht, dass Gott sein Volk nicht verstoßen hat (Römer 11,1). Die Frage, die viele Theologen heute stellen, lautet: Wie sieht das Neue Testament die messianischen Juden? Diese Fragestellung mag für die jüdische Urgemeinde beleidigend geklungen haben. Für die späteren, nichtjüdischen Gemeinden, wie z.B. die Lutherische Kirche in Deutschland, die messianische Juden vehement von ihren Kirchentagen ausschließt, kommt sie einem Ärgernis gleich. Ihnen fällt es schwer zu akzeptieren, dass der Glaube der frühen Kirche die Erfüllung der uralten Hoffnung des jüdischen Volkes war.

Für die ersten Apostel wie Paulus und Petrus war ihre jüdische Identität kein Hindernis, auch dann nicht, als sie sich für die Aufnahme nichtjüdischer Gläubiger in den Leib des Messias (den Leib Christi) einsetzten. Paulus verglich die Heilsgeschichte mit einem alten Ölbaum. Dieser edle Ölbaum wuchs aus der Wurzel von Abrahams Glauben zu einer messianischen Hoffnung vor allem jüdischer Männer und Frauen. Einige der edlen Zweige (Juden) wurden teilweise ausgerissen, damit wilde Zweige (Nichtjuden) eingepfropft werden und Stärke und Hoffnung aus dem nährenden Saft dieses alten Baums messianischen Glaubens ziehen konnten. Paulus sah darin die Erfüllung von Gottes Verheißung an Abraham: „In dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden.“ (1. Mose 12,3; Galater 3,8).

Die „Ersetzung“ der herausgerissenen Zweige war jedoch nicht dauerhaft. Paulus verstand, dass Gott eines Tages die edlen Zweige wieder in den Ölbaum zurückpflanzen würde. Dieser Rückkehr der Zweige maß er sogar die größte Bedeutung bei. In Römer 11,12-15 weist er auf eine wunderbare Wahrheit hin: Wenn der Fall des jüdischen Volkes bereits zum Segen für die Heiden geworden ist, wie viel größer wird der Segen ihrer Annahme sein. Das Wiedereinpfropfen der ursprünglichen Zweige bedeutet die Freisetzung der Auferstehungskraft Gottes. Daher sahen Prediger wie John Wesley darin den Katalysator für die größte Erweckung, die es je geben wird.

Wir sollten uns überlegen, wie die Kirche, die Gemeinde Jesu, diesem neuen und noch zarten Zweig jüdisch-messianischer Gläubiger mehr Raum geben und mehr Bedeutung zumessen kann. Die Gemeinde muss ihnen zur Seite stehen, im Gebet, in Freundschaft, in Unterstützung und zugleich die Einzigartigkeit der Zeit erkennen, in der wir leben. Aus diesem Grund stehen wir unerschütterlich an der Seite Israels und des jüdischen Volkes und erkennen zugleich unsere untrennbare Verbindung und Freundschaft mit unseren messianischen Brüdern und Schwestern an, besonders in Israel. Auf diese Weise wehren wir der Ersatztheologie und bezeugen, dass Gottes ewige Verheißungen tatsächlich „Ja und Amen“ im Messias sind (2. Korinther 1,20). Wir leben in wirklich erstaunlichen Zeiten!

 


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Die Bedeutung des Gebets im jüdisch-orthodoxen Alltag

Der Alltag eines orthodoxen Juden wird von vielen Gebeten bestimmt – zusätzlich zu den drei langen Hauptgebeten am Morgen, am Mittag/Nachmittag und am Abend. So beginnt bereits jeder Tag mit einem kurzen Segensspruch unmittelbar nach dem Erwachen, denn noch ehe ein anderes Wort gesprochen wird, soll der Mund des Gläubigen dem HERRN die Ehre erweisen. (Foto: Unsplash, Jüdischer Beter an der Klagemauer, Symbolbild)

Regelmäßige Gebete

Über den Tag verteilt folgen Gebete vor und nach dem Essen und Trinken, Reisegebete, Gebete zum Händewaschen und Gebete bei glücklichen oder unglücklichen Ereignissen, Gebete bei guten Nachrichten und bei schlechten Nachrichten. Es gibt sogar ein Gebet, das nach jedem Gang zur Toilette gesprochen wird.

Auch im Judentum kennt man das freie Gebet. Doch gerade die vielen über den Tag verteilten vorgeschriebenen Gebete sollen den Beter immer wieder neu auf Gottes Gegenwart hinweisen. Denn nicht nur der Sabbat, sondern auch der Alltag soll mit Gott gelebt und erlebt werden. Die festen Gebete erinnern daran: ER ist gegenwärtig – in jedem Moment, bei jedem Ereignis, an jedem Ort.

Die Aufgabe des orthodoxen Beters ist es, sich auf jedes einzelne Wort der vorgeschriebenen Verse zu konzentrieren, um es zum eigenen, innigen Reden mit Gott zu machen. Die rituellen Gebete enthalten Lob, Dank und Bitten und helfen dem Beter, sich während der Gebetszeit ganz auf die Ehrfurcht und Liebe zu Gott zu fokussieren, ohne inhaltlich etwas zu vergessen.

Die festen Gebete bieten außerdem die Möglichkeit, Gott zu preisen und zu danken, selbst wenn der Beter einmal schwere Zeiten durchlebt und vielleicht keine eigenen Worte für Lobpreis und Dank finden kann.

Das Kaddisch-Gebet

Besonders deutlich wird dies im Kaddisch. Obwohl Kaddisch als Gebet der Trauernden bekannt ist und von Juden vor allem für ihre verstorbenen Eltern gesprochen wird, handelt es sich inhaltlich um ein reines Lobpreisgebet. Kaddisch ist eine innige, ja beinahe trotzige Demonstration des Vertrauens, ein öffentliches Bekenntnis zum Glauben an IHN, den Heiligen, trotz Kummer und Schmerz. So wie Hiob angesichts seines Unglücks sprach: „Der Herr hat gegeben, der HERR hat genommen; der Name des HERRN sei gelobt!“ (Hiob 1,21; SLT)

Kaddisch-Gebet

Erhoben und geheiligt ist SEIN großer Name!

ER ist erhoben und geheiligt in der Welt, die von ihm erschaffen wurde nach seinem Willen.

SEIN Königreich soll herrschen in Eurem Leben, in Euren Tagen und im Leben des ganzen Volkes Israel. SEIN Königreich soll in Bälde schon über uns herrschen. Sprecht dazu: Amen!

SEIN großer Name sei gepriesen von Ewigkeit zu Ewigkeit, für alle Zeit.

Gepriesen sei ER. ER sei gerühmt. ER sei verherrlicht. ER sei erhoben und erhöht.

Der Name des Heiligen sei gefeiert, hoch erhoben und gepriesen.

Der Name des Heiligen sei hoch gelobt über jedem Lobpreis und Gesang, über alle Verherrlichung und Trostverheißung, die je in der Welt gesprochen wurde.

Sprecht dazu: Amen!

Möge die Fülle des himmlischen Friedens und Leben auf uns liegen und auf ganz Israel.

Sprecht dazu: Amen!

Der Friede schafft in seinem Himmelreich, der schaffe auch Frieden für uns und für ganz Israel.

Sprecht dazu: Amen!

Gebete und Musik

Immer schon wurde Gott in der Geschichte Israels auch mit Musik und Liedern angebetet, von Männern ebenso wie von Frauen. So griff beispielsweise Moses Schwester Mirjam zur Pauke und stimmte ein Loblied an zur Ehre Gottes, nachdem das Volk Israel den Ägyptern entkommen war (2. Mose 15.20). Auch am Sabbat wird viel gesungen. Musikinstrumente zu spielen ist an diesem Tag jedoch verboten.

Minjan

Mindestens zehn Beter sollen für die drei täglichen jüdischen Hauptgebete versammelt sein. Damit bilden sie ein Minjan, eine Betgemeinde. Warum sollen es ausgerechnet zehn Beter sein? Diese Zahl basiert auf der Erzählung im 1. Buch Mose 18. Als Gott gegenüber Abraham die Vernichtung der gewalttätigen, sündhaften Städte Sodom und Gomorra ankündigt, ringt Abraham Gott die Zusage ab, die Städte zu verschonen, wenn 50 Gerechte darin gefunden werden. Ermutigt von Gottes Entgegenkommen, beginnt Abraham zu handeln: Ob nicht auch 45 Gerechte ausreichen? Vielleicht schon 40, 30 oder gar nur 20? Bis auf zehn Gerechte „handelt“ Abraham schließlich die Grenze für Gottes Gerichtshandeln an Sodom in seiner Fürbitte „herunter“.  Und Gott willigt ein: Zehn Gerechte reichen aus, um eine ganze Stadt voller Bosheit und Gewalt vor dem Untergang zu bewahren. Die zehn Beter – ein Minjan – stehen mit ihrer Gebetsgemeinschaft symbolisch für ihre Stadt ein und sollen Gott an seine Zusage erinnern.

Tischgebete

Vor dem Genuss von Speisen oder Getränken wird ein kurzer Segen gesprochen. Je nach Art der Speise oder des Getränks gibt es unterschiedliche Segensverse. Dabei gilt nicht etwa Fleisch, sondern Brot als wichtigstes Nahrungsmittel im Judentum. Eine Mahlzeit gilt nur dann als vollwertig, wenn Brot dazu gereicht wird. Der Segen, der über dem Brot nach einer rituellen Handwaschung gesprochen wird, lechem min ha-arez, gilt als höchster und wichtigster Speisesegen. Im Judentum findet das eigentliche Tischgebet, der Dank für die Speise, allerdings nicht vor, sondern erst nach dem Essen statt – weil es im 5. Buch Mose heißt: „Und wenn du gegessen hast und satt geworden bist, dann sollst du den HERRN, deinen Gott, loben für das gute Land, das er dir gegeben hat.“  (5. Mose 8,10; SLT)

Auch hier variiert die Art des Dankgebets, abhängig davon, welche Lebensmittel man gegessen hat. Das aufwendigste Dankgebet steht an, wenn bei der Mahlzeit auch Brot verzehrt wird. Dann wird birkat hamason gesprochen, ein sehr langes Gebet, nach einer weiteren rituellen Handwaschung. Der Esstisch hat im Judentum übrigens einen hohen Stellenwert, denn er gilt als Symbol für den Altar, der früher im Tempel stand. Ein orthodoxer Jude setzt sich deshalb niemals auf einen Esstisch.

Der Brot-Segen lechem min ha-arez

Baruch ata Adonai, Elohejnu melech ha-olam, ha-mozi lechem min ha-arez.

Gepriesen bist du, Adonai, unser Gott, König der Welt, der hervorbringt Brot aus der Erde.

 

 

Zur Themenseite: Schätze des Hebräischen Denkens


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Gott wacht über uns!

Der jüdische Feiertag Tu Bischwat, das Neujahrsfest der Bäume, fällt dieses Jahr auf den 6. Februar. Er gilt auch traditionell als der Tag, an dem der Mandelbaum zu blühen beginnt. In kürzester Zeit ziert er bald das ganze Land mit seinen wunderschönen weiß-rosa Blüten. Der Mandelbaum blüht immer als erster, trägt jedoch als letzter Baum Früchte.

Der Mandelbaum erinnert uns an eine der ersten Prophezeiungen, die ein junger Prophet mit Namen Jeremia empfing. „Und das Wort des HERRN geschah zu mir: Was siehst du, Jeremia? Und ich sagte: Ich sehe einen Mandelzweig. Und der HERR sprach zu mir: Du hast recht gesehen; denn ich werde über meinem Wort wachen, es auszuführen.“ (Jeremia 1,11-12) Gott benutzt in dieser Prophetie in Wortspiel, das eine wichtige Botschaft für Israel und für uns enthält. Das hebräische Wort für Mandel (Schaket) ist dasselbe Wort, das mit „wachen über“ oder „etwas sehen“ übersetzt wird. Beim Anblick das Mandelzweiges versicherte Gott Jeremia, dass er über sein Wort wachte und kurz davor stand zu handeln.

Foto: Mandelbaumblüte, Pixabay

Kontext: Erschütterung

Die Bedeutungsschwere dieses zunächst ermutigend wirkenden Bildes nimmt noch zu, wenn man den Kontext betrachtet, in dem Jeremia es sieht. Kurz vorher hat Gott den Propheten darüber informiert, dass er ihn gebrauchen wird, um durch ihn zu reden und folglich Israel und die gesamte Region drum herum zu erschüttern. „Siehe, ich lege meine Worte in deinen Mund. Siehe, ich habe dich an diesem Tag über die Nationen und über die Königreiche bestellt, um auszureißen und niederzureißen, zugrunde zu richten und abzubrechen, um zu bauen und zu pflanzen.“ (Jeremia 1,9+10) Und direkt nach dem Mandelbaum zeigt Gott ihm ein weiteres Bild. Er sieht einen siedenden Topf kurz vor dem Ausgießen, der Jerusalem von Norden her zugeneigt ist. „Da sprach der HERR zu mir: Von Norden her wird das Unglück losbrechen über alle Bewohner des Landes.“ (Jeremia 1, 13+14) Während der Mandelzweig hauptsächlich als hoffnungsvolles Zeichen gesehen wird, dass Gott schlussendlich alle wunderbaren Verheißungen für Israel (oder uns) erfüllen wird, lässt uns der Kontext einen viel ernsteren Ton spüren.

Warnung und Gericht

Die Botschaft an Jeremia lautete nicht, „freue dich und sei fröhlich, da der Herr seinen Segen auf Israel ausgießen wird”, es war vielmehr eine unbequeme Warnbotschaft. Eine Warnung, die Gott später durch Jeremia wiederholte. „Siehe, ich wache über sie zum Bösen und nicht zum Guten. …” (Jeremia 44,27). Gott sagte zu Israel: „Glaubt nicht, dass euer sündiges Leben und eure Rebellion gegen mich keine Konsequenzen haben werden. Ich habe Acht auf Euch und auf mein Wort, und bald kommt die Stunde der Abrechnung.“ Die Zerstörung Jerusalems und die Gefangenschaft Israels waren die schlimme Folge. Jahre später betete Daniel auf ähnliche Weise, in vollem Bewusstsein der Sünden seiner Nation: „Und so wachte (shaket) der HERR über dem Unglück und ließ es über uns kommen. Denn der HERR, unser Gott, ist gerecht in allen seinen Taten, die er tut. Aber wir haben nicht auf seine Stimme gehört.” (Daniel 9,14)

Segen oder Fluch

Die Lektion des Mandelbaumes besteht folglich darin, dass es einen Gott im Himmel gibt, der sieht, wie eine sündige Nation sich von ihrem Gott entfernt und der vorhersagt, dass dies Konsequenzen haben wird. Gottes Botschaft an die Menschheit ist heute noch dieselbe. Gott sieht es und wacht darüber! Er wird über sein Wort wachen, entweder zum Fluch oder zum Segen. Während wir sehen, wie sich Sünde und moralische Verfehlungen in unseren Nationen und selbst in der Kirche verbreiten, sollten wir uns daran erinnern: Gott sieht es, er wacht darüber! Während die Nationen gegen Israel aufmarschieren und es deligitimieren, teilen oder sogar vernichten wollen, können wir sicher sein: Gott sieht es und wacht!

Saat und Ernte

Paulus warnt die Gemeinde in Galatien, sich nicht täuschen zu lassen und zu glauben, dass Sünde und eine weltliche Haltung ohne Konsequenzen bleiben werden. „Irrt euch nicht, Gott lässt sich nicht verspotten! Denn was ein Mensch sät, das wird er auch ernten.” (Galater 6,7) Wir werden ernten, was wir säen. Wenn wir Sünde und „Weltlichkeit” säen, werden wir Gericht und schließlich den Tod ernten. Wenn wir auf den Geist Samen der Gerechtigkeit säen, werden wir Segen und ewiges Leben ernten.

Der gute Hirte

Und hier enthält der Text eine starke Ermutigung. Jeremia sieht eine mächtige Wiederherstellung Israels voraus. „Und es wird geschehen, wie ich über sie gewacht habe, um auszureißen, abzubrechen, niederzureißen, zugrunde zu richten und zu vernichten, ebenso werde ich über sie wachen, um zu bauen und zu pflanzen, spricht der HERR.“ (Jeremia 31,28) Gott wacht nicht nur über dem Sünder zum kommenden Gericht, sondern er sieht umso mehr auf den, der ihn anruft. Für diejenigen, die zu ihm gehören, wird er ein guter Hirte sein. Er wird über jedem einzelnen wachen und ihn beschützen. Wir können immer noch, sogar heute, die Früchte bestimmen, die wir ernten werden. Wenn wir uns entschließen, auf Gottes Seite zu stehen und unser Leben ihm zu weihen, dann verspricht uns Gott, über uns zum Guten zu wachen. Und selbst inmitten unserer Schwachheiten und Fehler wird Gott über uns wachen. „Ich bin ebenso in guter Zuversicht, dass der, der ein gutes Werk in euch angefangen hat, es vollenden wird bis auf den Tag Christi Jesu.“ (Philipper 1,6). Gott wacht über uns!


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Erbe der ganzen Welt

Während sich der moderne Staat Israel auf den 75. Jahrestag seines Bestehens vorbereitet, gehen meine Gedanken zurück zu dem Mann, mit dem die Geschichte des jüdischen Volkes begonnen hat: zu Abraham. Für manche Christen ist er nur einer unter den vielen großartigen Männern, von denen das Wort Gottes berichtet. Aber die Bibel beschreibt ihn in einer einzigartigen Weise, wie sie es bei keiner anderen Person tut – außer bei Jesus. Deshalb können wir sagen: mit Abraham begann die Heilsgeschichte. (Foto: NASA (public domain), Die Erde, östliche Hemisphäre, Symbolbild)

Unbußfertige Menschheit

Alles, was wir über die Zeit vor Abraham wissen, ist, dass die Menschheit sich von Generation zu Generation immer weiter vom „Ebenbild Gottes“ entfernte. In 1. Mose 6,12 heißt es, „alles Fleisch hatte seinen Weg verderbt auf Erden.“ Und selbst das fürchterliche Gericht der Sintflut änderte sie nicht. „Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche, dass wir uns einen Namen machen,“ erklärte eine unbußfertige Menschheit in Babel (1. Mose 11,4), ganz im Sinne der Überheblichkeit Satans, der wie Gott sein wollte.
In nur elf Kapiteln beschreibt die Bibel 2.000 Jahre menschlichen moralischen Verfalls – bis Abraham erscheint. Der Rest der Bibel deckt die nächsten 2.000 Jahre ab – von Abraham bis Jesus. Abrahams Leben war nicht ein Neustart der Geschichte, wie es bei Noah der Fall war, sondern der Ausgangspunkt von Gottes Heilsplan für die Welt.

Der Segen Abrahams

Abraham wurde zum Vater des jüdischen Volkes und erhielt mächtige Verheißungen, deren Erfüllung bis heute andauert. Die an Abraham gerichteten Verheißungen und seine Berufung finden wir in 1. Mose 12,1-3: „Und der HERR sprach zu Abram: Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will. Und ich will dich zum großen Volk machen und will dich segnen und dir einen großen Namen machen, und du sollst ein Segen sein. Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dich verfluchen; und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden.“

Abrahams Berufung hatte vier Hauptaspekte: die Verheißung eines Landes, die Verheißung, eine große Nation zu werden, die Verheißung, Segen und Ansehen zu erlangen und schließlich die Verheißung, ein Segen für die ganze Welt zu sein.

Eine unveränderliche Berufung

Wiederholt versichert Gott dem Abraham, dass diese Verheißungen absolut feststehen und nicht widerrufen werden können, weil er sie zweifach unveränderlich verbürgt hat. Zum einen bestätigt Gott die Verheißungen mit einem einseitigen (d.h. bedingungslosen) Bund (vgl. 1. Mose 15,12-20): „An dem Tage schloss der HERR einen Bund mit Abram und sprach: Deinen Nachkommen gebe ich dies Land von dem Strom Ägyptens an bis an den großen Strom, den Euphrat“ (Vers 18).

Zum anderen bekräftigt Gott seine Absichten mit einem unveränderlichen Eid: „Ich habe bei mir selbst geschworen...“ (1. Mose 22,15-24). Der Verfasser des Hebräerbriefs kommentiert dies wie folgt: „Denn als Gott dem Abraham die Verheißung gab, schwor er bei sich selbst, da er bei keinem Größeren schwören konnte. Darum hat Gott, als er den Erben der Verheißung noch kräftiger beweisen wollte, dass sein Ratschluss nicht wankt, sich noch mit einem Eid verbürgt.“ (Hebräer 6,13-17)

Gottes Absicht, alle Verheißungen zu erfüllen, die er Abraham und seinen Nachkommen gegeben hat, ist unverhandelbar und er wird es sich niemals anders überlegen. Auch wenn Israel untreu sein sollte, würde dies nichts daran ändern. Diejenigen, die meinen, Israels Untreue würde Gott veranlassen, seine Meinung zu ändern, warnt der Apostel Paulus, dass dies Gott zum Lügner machen würde. (Römer 3,3-4)

Dies bedeutet, dass Gottes Verheißungen, die er Abraham gibt, ewige Gültigkeit besitzen, nicht nur vom Alten Testament her, sondern auch im Neuen Testament mit einbezogen werden – wozu auch Israels Landverheißung, seine Segnungen und seine nationale Bestimmung gehören.

Abraham – eine einzigartige Persönlichkeit

Abrahams Bedeutung ist so enorm, dass im Alten wie im Neuen Testament einige beachtliche Aussagen über ihn getroffen werden.

Der Name Gottes

Als erstes ist bemerkenswert, dass Gott sich in der Bibel mehr als zwanzig Mal mit Abraham identifiziert, indem er sagt, er sei der „Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“. Im Neuen Testament wird diese Bezeichnung fünf Mal verwendet, von Jesus (z.B. in Matthäus 22,32) und von den Aposteln. (Apostelgeschichte 3,13; 7,32)

Freund Gottes

Im Buch Jesaja wird Abraham von Gott als „mein Freund“ (Jesaja 41,8; vgl. 2. Chronik 20,7 und Jakobus 2,23) bezeichnet. Der Reformator Johannes Calvin bemerkte: „Von Gott ‚mein Diener‘ genannt zu werden, ist hoch und ehrenvoll, aber wie viel mehr ist es, ein Freund Gottes genannt zu werden.“ Nur Jesus verwendet diesen Titel später für seine Jünger (Johannes 15,14).

Erbe der Welt

Der vielleicht bemerkenswerteste Hinweis auf Abraham stammt von Paulus. In Römer 4,13 bezeichnet der Apostel ihn als „Erbe der Welt“. Einige jüdische Gelehrte weisen darauf hin, dass Abraham, als er Melchisedek begegnete, von diesem geheimnisvollen Priesterkönig als „Besitzer des Himmels und der Erde“ (1. Mose 14,19; SLT) gesegnet wurde. Die Rabbis sagen, dies bedeute offensichtlich, dass Gott ihn zum Erben aller Dinge machen wollte.

Unser aller Vater

Gleichermaßen bemerkenswert ist Paulus’ gewichtige Aussage, dass Abraham „unser aller Vater“ ist (Römer 4,16). Er wiederholt dieses Thema sowohl im Römer- als auch im Galaterbrief und erklärt, dass alle, die an Jesus glauben, ebenfalls Söhne Abrahams sind. (Galater 3,7)

Der erste Prophet

Abraham ist auch der erste Mensch, der „Prophet“ genannt wird (1. Mose 20,7). In der Tat hatte er einen unvergleichlichen Einblick in die ferne Zukunft. Jesus sagte, Abraham sah „meinen Tag“ (Johannes 8,56), was bedeutet, dass er eine Vision und ein Verständnis über das Kommen des Messias hatte. Aber seine Weitsicht reichte sogar noch weiter! Paulus sagt, dass das Evangelium dem „Abraham zuvor verkündigt“ wurde (Galater 3,8). Das heißt, dass Abraham schon früh wusste, dass was mit ihm begann, nicht mit seinen eigenen Nachkommen, dem jüdischen Volk, enden würde, sondern dass er ein Vater von Völkern und Königen sein würde, und dass sogar alle Familien der Erde durch ihn gesegnet werden würden (1. Mose 12,3; 1. Mose 17,4-7).

Doch seine Vision endete nicht einmal hier. Im Hebräerbrief heißt es, er „wartete auf die Stadt, die einen festen Grund hat, deren Baumeister und Schöpfer Gott ist“ (Hebräer 11,10). Lange bevor der Apostel Johannes das Buch der Offenbarung schrieb, sah Abraham die heilige Stadt, die in Offenbarung Kapitel 21 und 22 beschrieben wird. Abraham konnte die Geschichte bis zum Ende sehen.

Abrahams himmlische Bedeutung

Eine weitere erstaunliche Tatsache ist, dass Jesus keiner anderen Person des Alten Testaments solch eine Bedeutung beimisst wie Abraham. In der Geschichte vom armen Lazarus und dem reichen Mann (Lukas 16,19ff) berichtet Jesus, wie Lazarus nach seinem Tod in den Schoß Abrahams getragen wird. Abraham spricht mit dem reichen Mann, der in der Hölle Qualen leidet. Es scheint, dass Abraham in der zukünftigen Welt ein herausragendes Amt bekleiden wird. Und nicht nur das, jeder Nichtjude, der an den Messias glaubt, wird in der Ewigkeit mit Abraham verbunden sein: „Viele werden kommen von Osten und von Westen und mit Abraham und Isaak und Jakob im Himmelreich zu Tisch sitzen“ (Matthäus 8,11). Das bedeutet, dass wir ewige Gemeinschaft am Tisch unseres Vaters Abraham genießen werden. Ob wir es wollen oder nicht: unser Leben ist eng mit Abraham verbunden.

Der Grund, warum Abraham so bedeutsam war und ist, liegt in seiner einzigartigen Berufung.

Die physische Berufung Abrahams

Die Berufung Abrahams (1. Mose 12,1-3) geht auf seine leiblichen Nachkommen und damit letztendlich auf das Volk Israel über. Hier liegt der Ursprung der physischen und geistlichen DNA des jüdischen Volkes und damit aller seiner Ansprüche auf das Land Kanaan. Diese Landverheißung wird durch die ganze Bibel hindurch aufrechterhalten, beginnend mit dem 1. Buch Mose, bis ins Neue Testament hinein.

Auf Grundlage dieses alten Bundes ist Israel heute in sein angestammtes Heimatland zurückgekehrt und verwandelt es in einen Garten Eden. Abrahams Same begründet Israel als Nation. Die Beschneidung Abrahams deutet auf die besondere Identität hin, die Israel 400 Jahre später bei der Bundesschließung am Berg Sinai erhält. Seit Abraham wurde jeder männliche Nachkomme am achten Tag als Zeichen des göttlichen Bundes beschnitten (vgl. 1. Mose 17). Heute, 4.000 Jahre später, feiert der moderne Staat Israel seinen 75. Geburtstag, ist als Nation stärker als je zuvor und hat auf vielen Ebenen Einfluss auf die Welt.

Die geistliche Berufung Abrahams

Es gibt jedoch einen darüber hinausgehenden, sogar weltweit gültigen Aspekt der Berufung Abrahams. Schon von Anfang an offenbarte Gott ihm eine Berufung, die sich nicht auf seine leiblichen Nachkommen beschränken sollte. Nicht nur würden sie zu einem „großen Volk” werden, sie waren auch dazu bestimmt, einen großen Segen für die ganze Welt auszulösen: „In dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden“ (1. Mose 12,3).

Abraham verstand, dass die endgültige Bestimmung seiner Nachkommen nicht nur ein Selbstzweck war, sondern dass sie zum Segen für alle Völker der Erde werden sollten (1. Mose 28,14). Gott offenbarte schon früh die weltweiten Auswirkungen seines Segens, als er schwor, dass Abrahams Nachkommen „wie die Sterne am Himmel“ und wie der „Sand am Ufer des Meeres“ sein würden (1. Mose 22,17; 26,4). Zu Abrahams Enkel Jakob sagte Gott,„eine Menge von Völkern sollen von dir kommen, und Könige sollen aus deinen Lenden hervorgehen“ (1. Mose 35,11).

Daraus schließt der Apostel Paulus, dass der Moment, in dem er Abraham zum ersten Mal rief, auch der Moment war, in dem Gott seine Entscheidung, die Welt zu retten, offenbarte. An die Gemeinde in Galatien schreibt er: „Die Schrift aber hat zuvor gesehen, dass Gott die Heiden durch den Glauben gerecht macht. Darum hat sie Abraham zuvor verkündigt: ‚In dir sollen alle Heiden gesegnet werden.‘“ (Galater 3,8)

Der endgültige, einzigartige Same, der die Grenzen Israels als Nation durchbrach und in die Völkerfamilie eintrat, war Jesus, der Sohn Abrahams. Paulus verstand, dass durch Jesus die Tür nun weit geöffnet war, um die Frohe Botschaft der Errettung bis an die Enden der Erde zu tragen. Er schreibt, „auf dass der Segen Abrahams zu den Heiden komme durch Christus Jesus und wir den verheißenen Geist empfingen durch den Glauben.“ (Galater 3,14)

In gleicher Weise befahl Jesus seinen Jüngern: „Darum gehet hin und lehret alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Matthäus 28,19). Die Erfüllung dieser globalen Mission würde – laut Jesus – das Ende der Welt einläuten:„Und es wird gepredigt werden dies Evangelium vom Reich in der ganzen Welt zum Zeugnis für alle Völker, und dann wird das Ende kommen.“ (Matthäus 24,14) Die Welt war diesem Tag noch nie so nahe wie heute.

Ein Spannungsfeld

Für Paulus war es eine enorme Herausforderung, mitanzusehen, dass Jesus bei den Nichtjuden eine breitere Akzeptanz fand als bei seinem eigenen Volk. „Ich ließ mich finden von denen, die mich nicht suchten“, zitiert er betrübt in Römer 10,20.

Bereits zu Paulus’ Lebzeiten betrachteten einige Nichtjuden dies als ein Zeichen, dass Gott mit Israel abgeschlossen hatte. Der Gemeinde in Rom schreibt er: „Hat denn Gott sein Volk verstoßen? Das sei ferne! Denn auch ich bin ein Israelit, vom Geschlecht Abrahams, aus dem Stamm Benjamin.“ (Römer 11,1) Mit Nachdruck sagt Paulus: „Das sei ferne!“ Er sah in seiner eigenen Errettung den Beweis dafür, dass Gottes Verheißungen für Abrahams leibliche Nachkommen weiterhin Bestand hatten. Gott würde über den Nachkommen Abrahams wachen, selbst dann, wenn sie „Feinde des Evangeliums“ seien. Denn sie blieben „Geliebte um der Väter willen“ (Römer 11,26-28). Paulus war voller Zuversicht, dass Gottes Verheißungen für Abraham sich eines Tages erfüllen würden und dann „ganz Israel gerettet werden“ würde. (Vers 26)

Schlussfolgerungen

Es gibt bis heute Menschen, die fälschlicherweise glauben, dass die Kirche Israel ersetzt oder abgelöst hat, weil es seinen Messias abgelehnt hat. Aber wie wir gesehen haben, ist die Berufung der Kirche eine direkte Folge der Berufung Abrahams. Die weltweite Kirche, die mehrheitlich aus Heidenchristen besteht, existiert, weil Gott seinen Verheißungen gegenüber Abraham treu ist. Würde Gott je seine Meinung über seinen Bund mit Abraham ändern, wäre dies auch für die Kirche fatal. Für den Verfasser des Hebräerbriefs gibt gerade diese Unveränderlichkeit der Verheißungen Gottes für  Abraham den Gläubigen „einen sicheren und festen Anker unsrer Seele, der hineinreicht in das Innere hinter dem Vorhang“ (Hebräer 6,19). An diesem Anker, den Gott uns anbietet, können und sollen wir uns festmachen.

Als geistliche Söhne und Töchter Abrahams sollen wir uns auch mit diesen großen Vätern unseres Glaubens identifizieren. Gott selbst identifiziert sich als „der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“. Die Art und Weise, wie sie Gott erlebten, lehrt uns sehr viel für unser eigenes Leben. Ich möchte Sie ermutigen, das 1. Buch Mose erneut zu lesen. Es ist die Geschichte unserer geistlichen Vorfahren. Ihre Kämpfe waren wie unsere Kämpfe und ihre Siege können unsere Siege werden!

Paulus war sehr betrübt darüber, dass seine eigenen Brüder – die leiblichen Nachkommen Abrahams – die Verheißung des Heiligen Geistes zu großen Teilen noch nicht erfahren hatten. Lassen Sie uns darum beten, dass dieselbe Ausgießung des Heiligen Geistes, die durch Jesus (Jeschua) die  Heidenvölkern erreichte, auch zu dem Volk zugute kommt, dem sie ursprünglich verheißen wurde.

 


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Christen und der Holocaust

„Ach, du Tochter Jerusalem, wem soll ich dich vergleichen und wie soll ich dir zureden? Du Jungfrau, Tochter Zion, wem soll ich dich vergleichen, damit ich dich tröste? Denn dein Schaden ist groß wie das Meer. Wer kann dich heilen?“ Klagelieder 2,13

Dieser Vers, mit dem der Prophet Jeremia die Zerstörung Israels beklagt, stellt wiederholt die Frage, wie wir Zion trösten können. Von allen Menschen sind es vor allem Christen, die diese Frage beantworten müssen. Zwar verübten die Nazis, deren wichtigste Führer sich vom christlichen Glauben abgewandt und altnordische Götter verehrt hatten, den Holocaust. Viele Fundamente dieser schrecklichen Tragödie waren jedoch christlich. Dies öffnete die Tür und schuf ein für die Nazis günstiges Klima, in dem sie ihr teuflisches Programm zum industriellen Massenmord an den Juden durchführen konnten, in einem Umfang, der für den menschlichen Verstand einfach unfassbar ist. Dass sechs Millionen jüdische Menschen auf brutalste Weise ermordet wurden, ist wirklich unvorstellbar. Wir dürfen niemals vergessen, dass dies gerade einmal vor achtundsiebzig Jahren geschehen ist. (Foto: Pixabay, KZ-Gedenkstätte Auschwitz)

Man könnte sagen, dass das europäische Christentum seinen Judenhass auf fünf Säulen gründete.

1. Kulturalisierung

Im zweiten und dritten Jahrhundert, als das Neue Testament noch nicht kanonisiert war, äußerten sich Kirchenführer in einer herabwürdigenden und erniedrigenden Weise über Juden. Traurigerweise machten fast alle der vielerorts hochverehrten Kirchenväter sich dessen schuldig. Das einfache Volk konnte diese Aussagen nicht anhand der Heiligen Schrift prüfen, da diese noch nicht weit verbreitet und nicht für jeden verfügbar war. Dies setzte sich über Jahrhunderte hinweg fort und wurde mit der Zeit zur gängigen christlichen Praxis.

2. Entjudaisierung

Parallel zur Entwürdigung der Juden begann die institutionelle Kirche, alle jüdischen Elemente aus ihren Festen, Liturgien und ihrer Theologie zu entfernen. Die hebräische Grundlage, bzw. die jüdischen Wurzeln des christlichen Glaubens wurden auf diese Weise entfernt und in einigen Fällen mit heidnischen Praktiken ersetzt. Beispielsweise wurde das Passah-Fest durch Ostern ersetzt. Das Laubhüttenfest wurde zu einem Ernte-Fest, usw.

3. Indoktrination

Im Mittelalter hatte sich die sogenannte Lehre der „Geringschätzung“ durchgesetzt, die im Grunde besagte, das jüdische Volk sei von der Liebe Gottes ausgeschlossen und werde nur darum am Leben gelassen, um das Ziel des Zornes Gottes und seines Gerichtes zu sein. Laut dieser Irrlehre waren Juden von der Erlösung ausgeschlossen, die Kirche hingegen war das wahre und neue Israel Gottes. Diese gottlose theologische Position wurde erst in den 1960er Jahren im Zweiten Vatikanischen Konzil widerrufen.

4. Liberalisierung

Im späten 19. und 20. Jahrhundert hielten liberale Akademiker in christlichen Universitäten und Seminaren Einzug, die begannen, die Inspiration und Autorität der Bibel in Frage zu stellen. Dies geschah überall auf der Welt, insbesondere aber in Deutschland. Ohne ein Dokument der absoluten Wahrheit entstand ein Vakuum, das schließlich vom Übel des Nationalsozialismus gefüllt wurde. Dieser bezichtigte die Juden, Schuld zu sein an der Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg und an anderen gesellschaftlichen Problemen. Dies wiederum öffnete der fünften Säule die Tür:

5. Einschüchterung

Adolf Hitler und seine mörderische Verbrecherbande konnten nun auf einer Massenveranstaltung nach der anderen den Juden offen Böses nachsagen. All die oben genannten Grundlagen, die seit Jahrhunderten gelegt worden waren, kamen zusammen und führten zu dem tödlichen Giftgebräu von Mord und Ausrottung. Menschen verschlossen angesichts der Misere der Juden ihre Augen und Furcht erfüllte jeden, der es wagen sollte, den Lügen der Nazis entgegenzutreten. Die, die es wagten, zahlten mit ihrem Leben und somit begann der Holocaust! Zu wenige unerschrockene Christen wie Corrie Ten Boom und Dietrich Bonhoeffer eilten den Juden zu Hilfe.

Dies sind die fünf Grundsteine, die den Holocaust und die Zerstörung des europäischen Judentums 1933-1945 ermöglicht haben. Die nachfolgende Geschichte veranschaulicht diese historische Wahrheit sehr gut.

Jossis Geschichte: Rettung an Heiligabend

1987 diente ich im Pastoren-Team der Jerusalem Christian Assembly, eine aus nicht-Israelis bestehende Kirchengemeinde in Jerusalem, die sich im YMCA-Gebäude in der King-David-Straße versammelte. Wenige Tage vor Weihnachten traf ich mich mit meinen Pastorenkollegen Jim Cantelon und Wayne Hilsden zum Frühstück.

Plötzlich erschien Jossi, der Restaurant-Manager, an unserem Tisch und fragte, ob er sich zu uns setzen dürfe. Wir hießen ihn selbstverständlich willkommen und baten ihn, sich zu setzen. Er sagte, er würde gerne unseren Gottesdienst an Heiligabend besuchen und bat um unsere Erlaubnis. Wir waren natürlich sehr überrascht, aber er versicherte uns rasch, dass er kein Christ sei und auch nicht die Absicht habe, einer zu werden. Unser Interesse war geweckt und wir fragten ihn warum, woraufhin er uns eine bemerkenswerte Geschichte erzählte.

Jossi wuchs in Ungarn auf und war ein junger Teenager als sein Land während des Zweiten Weltkriegs von Nazi-Deutschland besetzt wurde. An Heiligabend wurde er mit anderen jungen jüdischen Mädchen und Jungen zusammengetrieben und in den Innenhof eines Gestapo-Gebäudes verfrachtet. An einem Ende des Hofes stand ein Maschinengewehr. Sie wurden aufgefordert, sich auszuziehen und vor eine Wand zu stellen. Währenddem brachte ein deutscher Soldat seine Waffe in Stellung und wartete auf den Schießbefehl. Plötzlich betrat ein höherrangiger Gestapo-Mann den Hof und befahl ihnen, die Aktion zu beenden. Er sagte, dies dürfe nicht an Heiligabend geschehen. Er verlangte auch, die jungen Leute in seinen Gewahrsam zu übergeben, nach Weihnachten würde er sie zurückbringen, damit sie getötet würden. Nach einer hitzigen Diskussion gaben die Offiziere nach und übergaben die Teenager seinem Gewahrsam.

Dieser Gestapo-Mann verlud alle Jugendlichen, einschließlich Jossi, auf einen Lkw und fuhr sie in die Freiheit. In Wahrheit handelte es sich um einen Hochstapler, einen Christen namens Raoul Wallenberg – der heute berühmte schwedische Diplomat, der sich damals in Budapest aufhielt. Jossi wäre beinahe am Heiligabend umgekommen, aber gerade durch Heiligabend wurde er gerettet. Er schwor bei sich selbst, dass er von diesem Tag an jedes Jahr zu Weihnachten einen christlichen Gottesdienst besuchen würde. Aus diesem Grunde sprach er uns an und bat, an unserem Weihnachtsgottesdienst teilnehmen zu dürfen. Ich hieß ihn persönlich an der Tür willkommen, als er kam und mitten unter den anderen Gottesdienst-Besuchern Platz nahm. Ich habe ihn nie vergessen.

Wer wird Zion trösten?

Dies beantwortet die Frage des Propheten Jeremia im Buch der Klagelieder. Wer wird die Tochter Zions trösten? Sie, meine lieben christlichen Brüder und Schwestern! Genauso wie Raoul Wallenberg. Auch dann, wenn Sie wissen, dass die lange Geschichte des christlichen Antisemitismus den Weg dafür ebnete, dass Juden an Weihnachten ermordet wurden.

An den Mauern Yad Vashems stehen die folgenden Worte eingraviert: „Das Vergessenwollen verlängert das Exil. Das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung.“

An diesem Holocaustgedenktag erinnern wir uns.
 


Doku-Serie: Christen und der Holocaust

Sehen Sie eine Doku-Serie mit ICEJ-Präsident Dr. Jürgen Bühler zu den Themen

  • Christen und der Holocaust,
  • Die Berliner Erklärung und der Holocaust,
  • Martin Niemöller und die Bekennende Kirche, u.a.

Zur Youtube-Playlist: Christen und der Holocaust


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Chanukka und das Geheimnis der Gesetzlosigkeit

Jedes Jahr, im November oder Dezember, feiern die Juden Chanukka. Dieses achttägige Fest beginnt am 24. Tag des Monats Kislew und erinnert an Ereignisse im Jahr 167 v. Chr., zu einer Zeit, in der Israel sich unter syrisch-griechischer Herrschaft befand und das jüdische Volk schwere politische und religiöse Verfolgung erlitt. (Foto: Pixabay, Zu Chanukka entzünden Juden acht Tage lang eine Kerze – jeden Tag eine mehr, bis am achten Tag alle Kerzen brennen.)

Der griechische Herrscher Antiochus IV. Epiphanes (Griechisch: „der erscheinende Gott“) versuchte, das Volk Israel von ihren biblisch-jüdischen Überlieferungen abzubringen. Das Studium der Thora (die fünf Bücher Moses) und viele biblische Traditionen, wie z.B. die Beschneidung und das Feiern biblischer Feste, wurden verboten. Antiochus entweihte auch den Tempel in Jerusalem, indem er dort dem griechischen Gott Zeus Schweine opferte. Diese Zeit gilt heute noch als eine der dunkelsten Stunden des jüdischen Volkes.

Chanukka – ein biblisches Fest

Schließlich wurde Israel durch einen kühnen Anführer befreit: Judas Makkabäus, der einer Priesterfamilie entstammte. Die Geschichte des großartigen Wunders, das heute während Chanukka gefeiert wird, besagt, dass ein winzig kleiner Überrest des Öls, das für die Menora im Tempel vorgesehen war, auf wundersame Weise acht Tage lang brannte – so lange, bis neues, rituell reines Öl hergestellt werden konnte.

Chanukka ist keines der „Feste des Herrn“, die von Gott ausdrücklich in der Heiligen Schrift eingesetzt wurden, denn diese Ereignisse fanden rund 300 Jahre nach der Niederschrift des letzten Buchs des Tanach, des Alten Testaments, statt. Dennoch kann man es als biblisches Fest bezeichnen, denn die Ereignisse, die zu diesem Fest führten, wurden vom Propheten Daniel genauestens vorhergesagt – rund 400 Jahre, bevor sie stattfanden (vgl. Daniel 8 und 11). Wir lesen auch, dass Jesus sich zu Chanukka, dem „Fest der Tempelweihe“, in Jerusalem aufhielt (Johannes 10,22).

Chanukka und der Antichrist

Obwohl die meisten Christen dieses jüdische Fest nicht feiern, hat Chanukka eine wichtige Bedeutung für die Kirche, denn es lehrt uns etwas über das Prophetische. Chanukka stellt den syrisch-griechischen König, Antiochus IV. Epiphanes, als einen Prototyp des Antichristen dar. Das Buch Daniel, Kapitel 11, beschreibt zunächst die Abfolge der Ereignisse, die Chanukka vorausgingen und geht dann nahtlos über in eine die ferne Zukunft betreffende Prophetie, die von einem künftigen Bösewicht – dem Antichrist – spricht. Obwohl heutzutage kaum über den Antichristen gepredigt wird, spricht die Bibel immer wieder von ihm (Daniel Kapitel 7, 8, 11 und 12; 2. Thessalonicher Kapitel 2; 1. Johannes Kapitel 2 und 4; Offenbarung Kapitel 13 und 17).

Die Bibel beschreibt ihn als den größten Widersacher von Gottes Volk (d.h. sowohl von Israel als auch von der Kirche) in den Jahren unmittelbar vor der Wiederkunft Christi. Für Gott selbst stellt der Antichrist weder eine Herausforderung noch eine Bedrohung dar. Jesus wird ihn bei seiner Rückkehr mit „dem Hauch seines Mundes“ ein Ende machen (2. Thessalonicher 2,8). Aber für das Volk Gottes wird er eine enorme Herausforderung darstellen, denn er wird „gegen die Heiligen Krieg führen.“ (Daniel 7,21)

Die Bibel hat verschiedene Namen für ihn. Paulus nennt ihn den „Mensch des Frevels“, den „Sohn des Verderbens“ und den „Widersacher“ (2. Thessalonicher 2,1ff). Jesus spricht von „einem anderen, der kommen wird“ und Johannes bezeichnet ihn als den „Antichristen“ (1. Johannes 2,18ff) und als „das Tier“ (Offenbarung 13). Daniel spricht von ihm als einem König (Daniel 11) und in rätselhafter Weise als von einem Horn, das „hatte Augen wie Menschenaugen und ein Maul, das redete große Dinge.“ (Daniel 7,8+11+20+21)

Voraussetzung für Jesu Wiederkunft

Es ist wichtig, dass wir diesen Inbegriff des Bösen verstehen, denn sein Kommen ist nicht nur möglich, sondern absolut gewiss. Paulus betrachtete es als Voraussetzung für die Wiederkunft Jesu (2. Thessalonicher 2,3) und predigte und schrieb darüber (2. Thessalonicher 2,5). Des Weiteren ist das Auftreten des Antichristen laut Paulus und Johannes nicht nur ein einmaliges Ereignis, irgendwann in ferner Zukunft. Sie sahen die Prinzipien und die geistlichen Kräfte des Antichristen bereits in ihren Tagen am Werk. Ich bin überzeugt, dass sie auch sehr stark in unseren Tagen am Werk sind. Johannes bezeichnet diese finstere Macht als den „Geist des Antichrists“, der „jetzt schon in der Welt“ ist (1. Johannes 4,3). Paulus bezeichnet es als das „Geheimnis der Gesetzlosigkeit“, das „schon wirksam“ ist (2. Thessalonicher 2,7; ELB).

Anpassung an fremde Bräuche

Zurück zu Chanukka: Wie fing damals alles an, als Antiochus Epiphanes auftrat und das Volk Gottes in so bösartiger Weise angriff und täuschte? Wie kam es ihm in den Sinn, sich „gegen den heiligen Bund“ zu wenden und Krieg gegen die Heiligen zu führen?

Das apokryphe Buch der Makkabäer gibt uns Aufschluss. Es weist darauf hin, dass der Gedanke, dies zu tun, nicht von seinem eigenen Verstand als vorgefasster bösartiger Plan gegen die Juden ausgelöst wurde, sondern dass er aus dem Volk Gottes kam. Im ersten Buch der Makkabäer lesen wir, dass zur Zeit, als Antiochus an die Macht kam, „in Israel frevelhafte Leute [auftraten]; die überredeten viele und sagten: Lasst uns ein Bündnis mit den Völkern ringsum schließen; denn wir haben viel leiden müssen seit der Zeit, da wir uns von den Völkern abgesondert haben.“ (1. Makkabäer 1,11) Mit anderen Worten, bereits Jahre bevor Antiochus nach Israel kam, war der „Geist der Gesetzlosigkeit“ unter dem Volk Gottes am Werk, als einige dachten, nichtjüdische Sitten und Bräuche anzunehmen sei besser, als sich streng an das Wort Gottes zu halten.

Traurigerweise fand der Aufruf dieser Leute großen Anklang. Einige ergriffen sogar die Initiative, Antiochus zu besuchen, um seine Genehmigung für ihr Vorhaben einzuholen. Die Konsequenz war, dass Jerusalem zu einem Zentrum griechischen Lernens und griechischer Kultur in der Region wurde. Es wurde sogar ein Gymnasion errichtet – das Markenzeichen griechischer Zivilisation. Alle Aktivitäten in diesen Gymnasia, die zur körperlichen Ausbildung junger Männer dienten, wurden vollkommen nackt ausgeführt. Bald versuchten die Wettkämpfer, beschämt über ihre jüdische Identität, ihre Beschneidung mit verschiedenen Mitteln „rückgängig“ zu machen.

Entweihung des Tempels

Zur gleichen Zeit konnte Antiochus seine Herrschaft stärken und das benachbarte Ägypten erobern. Auf dem Weg zurück nach Griechenland zog er durch Jerusalem und „ging frech und ohne Scheu in das Heiligtum und ließ wegnehmen den goldenen Altar, den Leuchter und alle Geräte, die dazugehören.“ (Vers 21) Von diesem Moment an wurde die griechische Kultur nicht nur gefördert, sie war die einzig erlaubte Option. Thorastudium, Gebet und Beschneidung wurden mit der Todesstrafe belegt und der Tempel wurde vollkommen entweiht.

Die Tür, die „frevelhafte Leute in Israel“ zu Liberalismus und Weltoffenheit geöffnet hatten, zu neuen Kulturen und moderneren Praktiken, führte nicht nur zu moderneren und „kulturell relevanten“ Ausdrucksformen des Glaubens, sondern öffneten der Zerstörung des geistlichen Lebens in Israel Tür und Tor.

Der Abfall

Es ist daher nicht überraschend, dass Paulus eine ähnliche Abfolge der Ereignisse in den letzten Tagen voraussieht. Vor dem „Tag des Herrn“ muss „der Abfall“ kommen, und der „Mensch des Frevels“ offenbar werden. Paulus sieht einen Abfall, eine Abkehr von Gott (Griechisch apostasia), die dem Kommen des Antichristen vorausgeht (2. Thessalonicher 2,2ff).

Paulus sagt auch, „das Geheimnis der Gesetzlosigkeit“ sei bereits am Werk. Sowohl Paulus als auch Jesus warnen uns, dass in den letzten Tagen die größte Bedrohung für Gottes Volk nicht Gesetzlichkeit oder übermäßig strenger Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes sein wird, sondern die „Gesetzlosigkeit“ in solchem Maße „überhandnehmen wird“, dass Menschen von ihrem Glauben abfallen werden.

Es sollte uns zu denken geben, dass seit der Covid-19-Pandemie in vielen Kirchen und christlichen Gemeinden in Europa und Nordamerika die Besucherzahlen dramatisch zurückgegangen sind. „Die Menschen verschwinden einfach“, erzählte mir ein Pastor in einem europäischen Land vor Kurzem. Zwar besuchen inzwischen wieder mehr Menschen die Gottesdienste, dennoch ist dies Grund zur Sorge.

Abkehr von Gottes Wort

Es sollte uns ebenfalls zu denken geben, dass ein bekannter christlicher Leiter in den USA vor Kurzem seine Gemeinde aufrief, sich vom Alten Testament „abzukoppeln“, da es für die junge Generation von heute nicht mehr relevant sei und sie sogar von der Kirche wegführe. Wir sollten gewarnt sein, wenn Kirchen in Europa sich eine „gendersensible Sprache“ aneignen, was dazu führen kann, dass sie sich von der Wahrheit, dass Gott den Menschen nach seinem Bilde schuf – „als Mann und Frau“ (1. Mose 1,27) – abwenden.

Die Geschichte von Chanukka sollte eine deutliche Warnung an uns alle sein, unseren Glauben zu stärken und inmitten der finsteren Zeit, in der wir leben, Stellung zu beziehen. Aber wie sollen wir dann leben, wenn alles um uns herum auf Unsicherheit und Chaos zuzusteuern scheint?

Ein geistlicher Kampf

Das Wort Gottes macht uns Hoffnung! Der Prophet Daniel, der die schwierige Zeit des Antichristen voraussah, sah inmitten dieser Herausforderung auch diejenigen, „die ihren Gott kennen“. Er sieht sie nicht als besiegt oder zerbrochen, sondern, wie es die englische New King James Version ausdrückt, als solche, die „große Heldentaten vollbringen“ werden (Daniel 11,32). Es wird eine Zeit großer Finsternis sein, aber Daniel sieht auch voraus, wie die „die Verständigen [...] leuchten wie des Himmels Glanz, und die viele zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich.“ (Daniel 12,3) Auch der Prophet Sacharja sieht wie die „Söhne Zions“ die „Söhne Griechenlands“ herausfordern und überwinden werden. (Sacharja 9,13)

Im Gegensatz zu den Makkabäern ist unser Kampf nicht gegen Fleisch und Blut – es ist ein geistlicher Kampf „mit Mächtigen und Gewaltigen, mit den Herren der Welt, die über diese Finsternis herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel.“ (Epheser 6,12) Es ist Zeit, unsere geistliche Waffenrüstung anzulegen, damit wir „an dem bösen Tag Widerstand leisten“ können. (Vers 13)

Drei Hauptziele

Wie das Buch der Makkabäer uns berichtet, richteten sich Antiochus‘ Angriffe, als er nach Jerusalem kam, gegen drei Dinge: Er entweihte den Altar, die Menora (den siebenarmigen Leuchter) und den Tisch mit den Schaubroten, die sich alle drei im Tempel befanden.

Die Menora ist ein Symbol des prophetischen Zeugnisses der Kirche in dunklen Zeiten. Lassen Sie uns keine Kompromisse bei unserem Bekenntnis eingehen, sondern am Wort Gottes festhalten. Das Öl, das für das Licht der Menora gebraucht wird, ist der Heilige Geist, den Gott denen schenkt, die ihn suchen.

Der Tisch mit den Schaubroten deutet auf unsere Gemeinschaft mit Gott und mit unseren Glaubensgeschwistern hin. Der Verfasser des Hebräerbriefs ermutigt uns, „nicht [zu] verlassen unsre Versammlung, wie einige zu tun pflegen.“ (Hebräer 10,25) Ich möchte Sie ermutigen: lassen Sie sich von nichts abhalten, mit ihrer geistlichen Familie zusammenzukommen!

Der Altar ist unser Gebetsleben. Das Buch Daniel und das Buch der Offenbarung sprechen davon, dass der Mann der Gesetzlosigkeit das „tägliche Opfer“ angreifen wird. Ich glaube, dass dies nicht erst in einem künftigen Tempel geschehen wird, sondern dass Satan unsere tägliche, persönliche Gemeinschaft mit Jesus auslöschen möchte. Das wirksamste Gegenmittel für die Zeit, in der wir leben, ist die Stärkung unserer „Gebetsmuskeln“.

Ich persönlich bin sehr davon ermutigt, dass wir als ICEJ während der Pandemie-Zeit ein starkes Wachstum im Gebet verzeichnen konnten. Ich möchte auch Sie ermutigen, in der aktuellen Zeit der Erschütterung die wankenden Knie zu stärken und die Kraft des Gebets neu zu entdecken! Vielleicht möchten Sie sogar das neue Jahr mit Gebet beginnen, indem Sie sich unserer Jesaja-62-Gebetsinitiative anschließen.

Gott neu geweiht

Bei Chanukka geht es darum, diese Säulen unseres geistlichen Lebens Gott wieder neu zu weihen. Lassen Sie sich ermutigen, entschlossen und gefestigt im Glauben ins neue Jahr zu gehen, auch inmitten dieser turbulenten Zeiten. Fassen Sie den Entschluss, Ihren persönlichen Altar wieder aufzurichten, Ihren Leuchter mit Öl gefüllt zu haben und die Gemeinschaft mit den Heiligen nicht aufzugeben.

Gott segne Sie in dieser Chanukka- und Weihnachtszeit und auch im neuen Jahr!

 


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Israel-Nachrichten:

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Ein fruchtbares Land – eine bleibende Verheißung

Wenn wir über das Thema des diesjährigen Laubhüttenfestes, „Land der Verheißung“, nachdenken, kann es passieren, dass wir dem Aspekt des „Landes“ zu viel Aufmerksamkeit schenken. Das ist verständlich, denn das Land Israel ist wirklich einzigartig, vielfältig und faszinierend! (Foto: Adobestock)

Dabei denken wir an den majestätischen, schneebedeckten Berg Hermon, den in der Sonne glitzernden See Genezareth oder den tiefsten Punkt der Erde – das salzhaltige Tote Meer. Oder auch den bemerkenswerten Ramon-Krater, fruchtbare Regionen wie das Hula-Tal und die Jesreel-Ebene, die Hügellandschaft von Judäa und Samaria und natürlich die verlockenden Mittelmeerstrände.

Ein fruchtbares Land

Israel ist heutzutage berühmt für seine landwirtschaftlichen Erzeugnisse, seine fortschrittlichen Wassertechnologien und seine Expertise in der Züchtung neuer Obst- und Gemüsesorten. Israel verfügt über eine der nährstoffreichsten einheimischen Nahrungsmittelversorgung der Welt und exportiert zu jeder Jahreszeit landwirtschaftliche Erzeugnisse hoher Qualität, während seine arabischen Nachbarländer Lebensmittel importieren müssen, um die Bevölkerung ernähren zu können. Und all das, obwohl das Land zum größten Teil aus Wüste besteht.

Doch das Land Israel war nicht immer so fruchtbar. Genau genommen war es zur Zeit des jahrhundertelangen jüdischen Exils verödet und brachte keinen Ertrag – so wie es in der Bibel vorhergesagt worden war (3. Mose 26,20; 5. Mose 11,16-17; Jeremia 18,15-17). Zeitgleich war das in alle Welt zerstreute jüdische Volk nicht gerade bekannt dafür, einen „grünen Daumen“ zu haben. In den meisten christlichen und auch muslimischen Ländern, in die die Juden zerstreut waren, war es ihnen untersagt, Land zu besitzen. Somit kam ihnen die Fertigkeit, Land zu bestellen, abhanden.
Dies macht den Überfluss, den das Land Israel heute hervorbringt, umso erstaunlicher. Doch Gott hatte versprochen, dass er das jüdische Volk eines Tages in sein altes Heimatland zurückbringen, dass das Land wieder Frucht hervorbringen und dass die Wüste „wie die Lilien blühen“ würde (Jesaja 35,1; Hesekiel 34,25-29; 36,8+29-36; Sacharja 8,11-12).

Sobald einem bewusst wird, wie erstaunlich diese prophetische Verwandlung des Landes Israel ist, verschiebt sich unsere Aufmerksamkeit von „Land“ auf „Verheißung“ – insbesondere aber auf den Gott, der all dies verheißen hat. Er ist es, dem unsere ganze Aufmerksamkeit gebührt!

Die Landverheißung

Die Wiederherstellung des jüdischen Volkes im Land Israel ist ein unglaubliches Testament der Treue, Zuverlässigkeit und sogar der Liebe Gottes. Es sollte jeden Christen mit Staunen und Ehrfurcht füllen, dass Gott eine Verheißung, die er Abraham bereits vor rund 4.000 Jahren gegeben und mit einem Eid bekräftigt hat, erfüllt hat: Es unterstreicht, dass wir Gott vertrauen können, jede Verheißung, die er uns in Christus durch den Neuen Bund gegeben hat, ebenfalls zu erfüllen. Davon spricht auch Hebräer 6,13-20. Dass wir heute die Wiederherstellung Israels miterleben, sollte unseren Glauben und unsere Ehrfurcht vor Gott stärken!

Dennoch gibt es Christen, die weiterhin in Frage stellen, ob die Rückkehr der Juden ins Land Israel wirklich von Gott initiiert worden ist. Sie sagen, es sei reiner Zufall oder das Ergebnis von ‚menschengemachtem Zionismus‘. Andere behaupten, die Juden hätten ihren Anspruch auf das Land verspielt, als sie Jesus ablehnten. Oder sie sagen, das Land war nur nötig, bis Christus kam und die Kirche geboren wurde. Viele pochen darauf, dass wir uns mehr um die Errettung von Seelen als um irgendein physisches Stückchen Erde kümmern sollten. Und dann gibt es auch jene, die die Landverheißung vollkommen vergeistlichen, so dass sie keine irdische Relevanz mehr hat.
Doch seien wir ehrlich: Wenn wir eine Person lieben, sollten wir dann nicht unsere Versprechen halten, die wir ihr gemacht haben? Wir können unserem Ehepartner oder unserem Kind immer wieder sagen, dass wir sie lieben, aber wenn wir unsere Versprechen ihnen gegenüber brechen, sind unsere Liebesbekundungen wertlos. Das ist der Grund, warum die Landverheißung heute noch relevant ist. Gottes Loyalität zu seinem Eid ist das Gütesiegel seiner Liebe! Gottes Charakter steht auf dem Spiel, wenn es um seine Treue zu seiner Verheißung geht, das Land Israel den Nachkommen Abrahams als „ewigen Besitz“ zu übergeben (1. Mose 17,8).

Betraut mit dem Land Gottes

Die Bibel hält daran fest, dass Gott Abraham das Land Kanaan verheißen hat, und durch seinen Sohn Isaak und dessen Sohn Jakob all deren  Nachkommen (1. Mose 13,15; 15,17-21; 17,5-8; 28,13; 35,12; Psalm 105,8-12).

In seinem Bund mit Abraham erwählte Gott das Land und das Volk Israel, damit beide gemeinsam zu einer Nation würden, die eines Tages das „Mittel“ für unsere Erlösung hervorbringen würde (1. Mose 12,1-3; 17,4-8; 22,15-18; Psalm 105,8-11; Apostelgeschichte 7,2-5; Römer 9,4-5; Galater 3,7-8).

In seinem Bund mit Mose knüpfte Gott jedoch Bedingungen an Israels Recht, im Land Israel zu wohnen. Diese finden wir in 3. Mose 26 und 5. Mose 28. Erfüllten sie diese nicht, würde Gott sie ins Exil schicken, sozusagen als „Erziehungsmaßnahme“. Aber der Verlust des Wohnrechts bedeutete nicht den Verlust des Besitzanspruchs, denn Gott versprach auch, ihnen immer wieder nachzugehen und sie ins Land zurückzubringen (3. Mose 26,40-45). Warum? Weil er sich Abraham mit einem Eid verbürgt hatte, das Land seinen Nachkommen als einen „ewigen Besitz“ zu geben (1. Mose 17,8).

Treuhandverhältnis

Es ist wichtig zu verstehen, dass Israel das Land „zu treuen Händen“ erhielt: es wurde Treuhänder, denn Gott blieb weiterhin Eigentümer. Er vertraute das Land Kanaan dem jüdischen Volk an, um seinen Plan zur Erlösung der Welt voranzubringen. Israel hat das exklusive Besitzrecht, aber nicht ohne Verpflichtungen gegenüber Gott und anderen. In diesem Treuhandverhältnis ist Israel sowohl Treuhänder als auch Begünstigter, denn das Land diente dazu, das jüdische Volk im Laufe der Zeit zu beschützen und zu versorgen. Auch wir Heiden sind Begünstigte, denn die Erlösung gelangte schließlich auch zu uns.

Hinweise auf dieses Treuhandverhältnis sehen wir u.a. in 3. Mose 25, wo der Herr die Anordnungen für das Jubeljahr, das sich alle 50 Jahre wiederholen sollte, festlegt. Eines seiner zentralen Gebote war, dass jegliches Stück Land, das einer Person oder einer Familie durch Verschuldung verloren gegangen war, den ursprünglichen Eigentümern zurückgegeben werden sollte. Außerdem durfte kein Teil des Landes dauerhaft verkauft werden, „denn das Land ist mein“ (3. Mose 25,23).
Dieses Treuhandverhältnis spiegelt sich auch in den Worten Gottes gegenüber Jakob wider: „Das Land, das ich Abraham und Isaak gegeben habe, will ich dir geben und will’s deinem Geschlecht nach dir geben.“ (1. Mose 35,12) Der Herr spricht hier vom Geben in der Vergangenheit, in der Gegenwart und in der Zukunft. Dies widerspiegelt Gottes andauernde, bleibende Betrauung des Landes an Abrahams Nachkommen, während er selbst sein Eigentumsrecht wahrt.

Israel hat seinen Anspruch auf das Land nie verspielt oder verloren. Gott hat seine Verheißung gegenüber Abraham nie gebrochen. Und die Landverheißung wartet weiterhin auf ihre vollkommene künftige Erfüllung. Wir sehen dies, u.a. in den einfachen, aber kraftvollen Worten: „Ich werde euch Ruhe geben.“

In unsere Ruhe eintreten

Entgegen den Bedenken einiger Christen bestätigt das Neue Testament mehrmals, dass Israel in der Tat eine künftige Bestimmung im Land der Verheißung hat. Den Beweis dafür finden wir im Brief an die Hebräer. Der Verfasser des Hebräerbriefes ermutigt uns in den Kapiteln drei und vier, in die Ruhe, die Jesus uns bereitet, „einzugehen“. Er zieht einen Vergleich zu den Israeliten in der Wüste, die nicht in die ihnen verheißene Ruhe im Land Kanaan eingetreten waren.

Diese Verheißung der Ruhe entstammt einem emotionsgeladenen Gespräch zwischen Gott und seinem Diener Mose, kurz nachdem die Zehn Gebote zum ersten Mal gegeben wurden. Der Herr war zornig wegen des Goldenen Kalbs und sagte Mose, er und das Volk sollten ohne ihn nach Kanaan hinaufziehen, damit er sie nicht unterwegs „verzehre“. Doch nachdem Mose Fürbitte tat, lenkte Gott ein und schwor: „Mein Angesicht soll vorangehen; ich will dich zur Ruhe leiten.“ (2. Mose 33,14) Diese Verheißung der Ruhe im Land wird an anderen Stellen in den Büchern Mose wiederholt, u.a. in 5. Mose 3,20; 12,9 und 25,19.

Einige sagen nun, dass diese verheißene Ruhe bei der Eroberung des Landes unter Josuas Führung erfüllt wurde. Sie zitieren Bibelstellen wie Josua 21,44: „Und der HERR gab ihnen Ruhe ringsumher, ganz wie er ihren Vätern geschworen hatte; und keiner ihrer Feinde widerstand ihnen, sondern alle ihre Feinde gab er in ihre Hände.“ Doch der Verfasser des Hebräerbriefs betont, dass, wenn Josua ihnen wahrhaftig die von Gott verheißene Ruhe verschafft hätte, David in Psalm 95,9-11 nicht von einem künftigen Tag der Ruhe gesprochen hätte.

Eine künftige, dauerhafte Ruhe

Zusammengenommen deuten diese Verse eindeutig darauf hin, dass Gott für das Volk Israel den Eingang in eine dauerhafte Ruhe in dem Land vorsieht, das er ihnen als „ewigen Besitz“ verheißen hat. Es ist eine Ruhe, in der das Volk nie wieder darum kämpfen muss, das Land in Besitz zu nehmen und endlich von seinen Werken – d.h. dem Streben nach Gerechtigkeit durch das Gesetz – ruhen kann, so wie Gott von seinen Werken ruhte. Der Hebräerbrief bestätigt dies in einfachen Worten: „Es ist also noch eine Ruhe vorhanden für das Volk Gottes.“ (Hebräer 4,9; vgl. Hebräer 4,1)

Bis zum heutigen Tag hat sich die Verheißung einer dauerhaften Ruhe für Israel in dem ihm verheißenen Land nicht vollständig erfüllt. Aber wir sind heute Augenzeugen einer Wiederherstellung, die eines Tages dazu führen wird, dass Israel als Nation in diese Ruhe ihres Heimatlandes eingehen wird. Dann werden sie endlich die Bedingungen erfüllen, die Gott an ihr Besitzrecht geknüpft hat, denn sie werden dieselbe Sühnung für sich selbst annehmen, die Sie und ich im Glauben angenommen haben, um in unsere Ruhe in Jesus hineinzukommen.

Dies wurde Israel durch Mose vor langer Zeit verheißen, als er erklärte, dass der Herr selbst eines Tages das Land und das Volk Israel „entsühnt“. (5. Mose 32,43) Wenn dieser Tag kommt, wird Israel sich nicht mehr um Gerechtigkeit aus Gesetzeswerken bemühen. Ihre Angst vor Feinden und Exil wird vorbei sein. Und die ganze Welt wird zur Ruhe kommen in dem, was wir das tausendjährige Reich oder das messianische Zeitalter nennen.

Gott hat feierlich geschworen, das Land Israel dem jüdischen Volk zu geben, in Ruhe und in Frieden, für immer. Sie und ich werden erneut Begünstigte dieses einzigartigen Treuhandverhältnisses zwischen Gott, dem Land und dem Volk Israel sein.

Unser eigenes verheißenes Land

Zweifellos gibt es viele wichtige Prinzipien, die wir aus diesen biblischen Wahrheiten auch auf unserer persönliches Glaubensleben anwenden können. Wir alle haben Predigten gehört, dass jeder von uns ein verheißenes Land hat und dass wir die Riesen bekämpfen müssen, um das einzunehmen, was uns rechtmäßig gehört. Dieses Land wird für uns sorgen und wenn wir Gott wohlgefällig sind, wird er uns Ruhe vor unseren Feinden verschaffen. Diese sind gültige und inspirierende Analogien. Aber lassen Sie uns anschauen, was wir aus dem oben beschriebenen Treuhandverhältnis ableiten können.

Wenn Gott uns unser eigenes verheißenes Land gibt, ein Dienst, ein Gebäude, ein Unternehmen, dann deshalb, weil er in und durch unser Leben ein göttliches Ziel erreichen will. Was er uns gibt, ist nie wirklich unser. Er vertraut uns das an, was wir brauchen, um sein Reich zu bauen. Wir dürfen es nicht zu unserem eigenen Vergnügen vergeuden. Wir sind ihm und anderen verpflichtet. Das Neue Testament spricht in diesem Zusammenhang oft von den „Verwaltern“. Jesus spricht in einigen Gleichnissen über gute und schlechte „Verwalter“ im Reich Gottes (z.B. Matthäus 20,1-16; Lukas 12,42; 16,1-8).

Paulus forderte die Gläubigen auch auf, ihn und die anderen Apostel als „Diener Christi und Verwalter der Geheimnisse Gottes“ zu betrachten. „Übrigens sucht man hier an den Verwaltern, dass einer treu befunden wird.“ (1. Korinther 4,1-2) An anderer Stelle heißt es, wir sollen „gute Verwalter der verschiedenartigen Gnade Gottes“ sein (1. Petrus 4,10; siehe auch Kolosser 1,25). Paulus spricht auch davon, dass er „mit dem Evangelium betraut“ wurde (1. Thessalonicher 2,4).

Gottes Absichten erfüllen

Gott vertraut uns alles an, was wir brauchen, um seine ewigen Absichten in unserem Leben zu erfüllen. Aber letztendlich gehört alles ihm und wir sind lediglich Treuhänder und Verwalter seiner Gnade und Versorgung. Wir haben nicht das endgültige Eigentumsrecht oder besitzen selbst etwas, sondern sind Durchreisende auf dieser Welt. Doch Gott aber erfüllt alles, was wir brauchen, nach seinem Reichtum in Herrlichkeit (Philipper 4,19). Dies ist eine andauernde, bleibende Verheißung seiner Versorgung – in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft. Und sie endet damit, dass alle Erlösten, einschließlich Israel, in diese verheißene Ruhe seiner herrlichen, ewigen Herrschaft eingehen!

Bis dahin sollten wir weiterhin über die Treue Gottes staunen, den fruchtbaren Ertrag des Landes Israel seinem wiederhergestellten jüdischen Volk zu schenken. Das sollte unseren Glauben an ihn und unser Vertrauen zu ihm stärken, dass er gleichermaßen jede Verheißung, die unser ist in Jesus Christus, erfüllen wird.

 


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Das Licht Jeschuas scheint in uns

Jeschua, unser Herr, sagt, dass wir das Licht der Welt sind. Er fordert uns heraus, so zu leben, dass es unseren himmlischen Vater ehrt. Doch wie können wir mehr von seinem Licht in unserem Leben haben? Im hebräischen Urtext der Bibel finden wir interessante Bilder, die uns tiefe und praktische geistliche Lektionen lehren. Möge Gott uns helfen, sein Licht in dieser dunklen Welt zu sein. Foto: Pixabay, Symbolbild

Schatten des Zukünftigen

Während Mose auf dem Berg Sinai war, erhielt er detaillierte Anweisungen Gottes zum Bau der Stiftshütte mit dem Vorhof, dem Heiligtum, in dem der Schaubrottisch, die Menora und der Altar standen, sowie dem Allerheiligsten. Als alles vollendet war, genau wie Gott es angeordnet hatte, kam seine Gegenwart auf die Stiftshütte herab. Diese konkreten Anweisungen sind sehr bedeutsam, denn was in der Wüste im Natürlichen existierte, einschließlich der Reise, der Feste und der Stiftshütte, ist ein Schatten des Zukünftigen mit einer geistlichen Bedeutung, die sich in Jeschua erfüllt (vgl. Kolosser 2,17 und Hebräer 10,1).

Präzise Anweisung

Gott beschrieb äußerst präzise, wie Aaron die Menora in der Stiftshütte instand halten sollte: „Und Aaron tat so und setzte die Lampen auf, dass sie von dem Leuchter nach vorn schienen, wie der HERR es Mose geboten hatte.“ (4. Mose 8,3) Im hebräischen Originaltext heißt es wörtlich: „er erhöhte die Lampen am p’nei פְּנֵ֣י Gesicht (der Vorderseite) des Leuchters“. Das bedeutet, dass er dem Leuchter von Angesicht zu Angesicht gegenüberstand. In 2. Mose 30,7-8 heißt es: „Und Aaron soll darauf verbrennen gutes Räucherwerk jeden Morgen, wenn er die Lampen vervollkommnet (zurichtet). Desgleichen wenn er die Lampen erhebt (aufsetzt) gegen Abend…“

Aaron sollte die Lampe weder von hinten noch von der Seite versorgen, sondern von vorne, der Lampe zugewandt. Das hebräische Wort für vorne/Vorderseite p’nei פְּנֵ֣יist das Wort für Gesicht. Das ist die wahre, geistliche Bedeutung dieser praktischen Anweisung: Der Hohepriester Aaron sollte sein Gesicht dem „Gesicht“ der Menora zuwenden, um ihre Lampen zu „vervollkommnen“ oder „aufzusetzen“.

Bedeutung von Hohepriester, Menora und Licht

1) Aaron, der Hohepriester, ist eine Vorschau auf Jeschua selbst, unseren Hohepriester (Hebräer 8,1).

2) Die Menora symbolisiert zum einen den einzelnen Gläubigen. Jeschua sagte: „Ihr seid das Licht der Welt. … Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“ (Matthäus 5,14-16) Zum anderen steht sie für die Gemeinschaft der Gläubigen. In Offenbarung 1,20 wird jede Gemeinde durch einen Leuchter dargestellt. Wir alle zusammen als Gemeinde Jeschuas sollen das Licht für diese Welt sein. Die Zahl Sieben – die sieben Leuchter, die sieben Arme der Menora – steht für Vollständigkeit. Sie repräsentiert die Vollzahl aller Gemeinden der Gläubigen. Und die Tatsache, dass die Menora aus einem Stück getrieben war, verdeutlicht dies: Wir alle, die Gemeinde Gottes, die aus allen Gläubigen angefangen bei den ersten Aposteln (dem Fuß des Leuchters) bis heute besteht, sind letztlich Teil des einen neuen Menschen, des Leibes des Messias, durch alle Zeiten und aus allen Sprachen, bis Jeschua wiederkommt. Dann wird es nichts Trennendes mehr im Reich Gottes geben, nur Einheit unter allen, die Gott lieben.

3) Das Licht steht für das Leben (Johannes 1,4). Wir brauchen nicht nur natürliches, sondern auch geistliches Licht – das ist das ewige Leben durch Jeschua. „Da redete Jesus abermals zu ihnen und sprach: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ (Johannes 8,12)

Von Angesicht zu Angesicht

4. Mose 8,1-4 gibt uns einen Hinweis, wie Jeschua das Licht in uns entzündet und am Brennen hält. Wie der Hohepriester Aaron der Menora direkt zugewandt stand, um die Lampen mit Öl zu füllen, anzuzünden, ihre Dochte zu trimmen, also das Licht aufzusetzen und zuzurichten, so sehnt sich Jeschua, unser Hohepriester, danach, jedem individuell von Angesicht zu Angesicht zu begegnen, um sein Licht in unseren Herzen zu entzünden und zu erhalten. Er möchte eine vertraute, persönliche Beziehung mit jedem von uns haben. Aaron war allein im Heiligtum, um die Menora zu versorgen und zuzurichten, jeden Morgen und jeden Abend. Ebenso müssen wir allein vor Gott sein, ihn direkt anschauen im Gebet, im Lobpreis und in seinem Wort, um sein Leben zu empfangen, das dann durch uns in unserem Umfeld scheinen kann. Je mehr Zeit wir in der Gegenwart unseres Hohepriesters, unseres Gottes, von Angesicht zu Angesicht mit ihm verbringen, desto heller wird das Licht werden, das durch unser Leben aufleuchtet und den Herrn verherrlicht.

Ein anderes natürliches Abbild dieser geistlichen Wahrheit sehen wir bereits bei Mose. Dreimal war Mose jeweils 40 Tage und 40 Nächte bei Gott (5.Mose 9,9; 9,18; 10,10). Gott sprach mit ihm von „Angesicht zu Angesicht, wie ein Mann mit seinem Freunde redet.“ (2.Mose 33,11) Als Mose beim dritten Mal mit den neuen steinernen Gesetzestafeln vom Berg Sinai herabkam, war das Licht in Mose so stark, dass es sogar sichtbar durch sein Gesicht leuchtete. Er war so erfüllt von Licht, dass er sein Gesicht verhüllen musste (2.Mose 34,29-35).

Begegnung mit Jeschua

„Die Lampe des Leibes ist das Auge; wenn nun dein Auge klar ist, so wird dein ganzer Leib licht sein; wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein.“(Matthäus 6,22-23) Hier geht es um die enge Beziehung mit Jeschua, unserem Hohepriester. Nur er sieht unser Herz. Das Entscheidende ist, wohin wir unser Gesicht und damit unser Herz wenden. Wenn unsere Aufmerksamkeit der Welt und den Dingen dieser Welt gilt (den Versuchungen der Sünde, dem Internet, dem Betrug des Reichtums, dem äußeren Erscheinungsbild usw.), dann wird das Licht in uns schwächer und schwächer werden. Aber wenn wir Jeschua unsere Aufmerksamkeit schenken, ihm erlauben, sich um alles zu kümmern und sein Licht in uns zu erhöhen, damit es durch uns scheint, dann wird das Licht in uns immer stärker werden.

Wir müssen uns von allem trennen, was uns aus der engen Beziehung mit unserem Hohepriester wegzieht. Wenn wir ihn lieben, werden wir lieben, was er liebt, und hassen, was er hasst. Wenn wir schwach sind, wird er uns helfen, uns von diesen Dingen abzuwenden und uns für ihn zu entscheiden. Gott von Angesicht zu Angesicht zu begegnen ist eine lebensverändernde Erfahrung. Die Verwandlung in sein Bild beginnt. Das erlebte der Prophet Jesaja (Jesaja 6). Wenn wir seine Herrlichkeit sehen, erkennen wir unsere Sünde und dass wir Reinigung brauchen. Wenn wir Buße tun und um seine Gnade bitten, reinigt er uns. Wenn wir unsere Augen fest auf ihn richten, werden wir mit seinem Licht erfüllt. Wir haben das unschätzbare Vorrecht, Jeschuas Angesicht unverhüllt sehen zu dürfen – er verbirgt sein Angesicht nicht vor uns. (2.Korinther 3,18 und 4,6)

Gott ehren

Jeschua, unser Hohepriester, wendet uns sein Angesicht zu, entzündet unsere Leuchte und erhöht unser Licht, damit wir sein Licht in dieser Welt leuchten lassen können. Wenn andere Menschen von Gottes Liebe durch uns berührt werden oder wenn wir für bestimmte Leistungen anerkannt werden, ist das unsere Gelegenheit, unserem Herrn und Erlöser die Ehre zu geben. Es ist so wichtig, dass wir klarstellen, woher das Licht kommt, damit wirklich Gott alle Ehre bekommt und nicht wir. Es ist unsere Ehre und unser Vorrecht, den Herrn zu rühmen, wenn sein Leben und seine Gegenwart durch unser Leben aufstrahlen. Lasst uns die Zeit nehmen, allein, von Angesicht zu Angesicht mit Jeschua, unserem Hohepriester, zu sein. Erlauben wir ihm, das Feuer in unseren Herzen zu entzünden und durch seine Liebe und seinen Geist mehr und mehr anzufachen, damit sein Licht durch uns leuchtet und andere es sehen und den allmächtigen Gott preisen!

Über den Autor: Daniel Yahav, jüdischer Israeli und Nachfolger Jeschuas, wurde 1959 als Sohn eines Holocaustüberlebenden in Jaffa, Israel geboren. Er war Major in der israelischen Armee und elf Jahre erfolgreicher Geschäftsführer. Der Vater von sieben Kindern und bis heute zwölf Enkeln dient seit über 40 Jahren als Ältester und Pastor der Peniel-Gemeinde in Tiberias am See Genezareth. Weitere Predigten von Daniel sind auf der Internetseite seiner Gemeinde zu finden (auch auf Deutsch): www.penielfellowshipisrael.com

Zur Themenseite: Schätze des Hebräischen Denkens


  

Buch-Tipp:

Und er wird das Herz der Väter wieder zu den Söhnen wenden (von Daniel Yahav)

Daniel Yahav erzählt die bewegende Lebensgeschichte seines Vaters David, eines deutschen Juden, der den Holocaust überlebte. Jetzt im ICEJ-Shop bestellen.

 


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Die Theologie des christlichen Zionismus

„Der Zionismus, die Nationalbewegung für die Rückkehr des jüdischen Volkes in sein Heimatland und die Wiedererlangung jüdischer Souveränität über das Land Israel, verfolgte von Anfang an sowohl materielle als auch geistliche Ziele. Juden aller Überzeugungen, linke und rechte, religiöse und säkulare, schlossen sich in der zionistischen Bewegung zusammen und arbeiteten gemeinsam auf diese Ziele hin. Meinungsverschiedenheiten führten zu Zerwürfnissen, aber letztlich wurde das gemeinsame Ziel eines jüdischen Staates im uralten Heimatland erreicht. Der Begriff „Zionismus“ wurde 1890 von Nathan Birnbaum geprägt.“ (Jewish Virtual Library, frei übersetzt) (Foto: Unsplash, Bibelstudium, Symbolbild)

Wenn Zionismus der Glaube an das Rückkehrrecht des jüdischen Volkes in sein Heimatland ist, dann ist per Definition ein christlicher Zionist einfach ein Christ, der dieses Recht des jüdischen Volkes unterstützt. Diese breitgefasste Definition trifft sicher auf viele Christen zu, ganz gleich welche Beweggründe sie für ihre Unterstützung haben. So wie Juden verschiedener Überzeugungen die zionistische Bewegung bildeten, können auch Christen jeder Überzeugung unter diese Definition eines christlichen Zionisten fallen.

Genau dies ist der Grund, warum ein Christ vielerlei Antwortmöglichkeiten auf die Frage hat, warum er Israel unterstützt. Es können politische, historische und/oder religiöse Gründe sein.

Biblischer Zionismus

Die eigentliche Theologie des christlichen Zionismus, auch biblischer Zionismus genannt, unterstützt das Rückkehrrecht des jüdischen Volkes in sein Heimatland auf biblischer Grundlage – Gottes Bund mit Abraham. In diesem Bund erwählt Gott Abraham, damit dieser Vater eines Volkes wird, durch das Gott die Welt erlöst. Um dies tun zu können, gab er Abrahams Nachkommen ein Land, in dem sie als auserwähltes Volk leben können.

Der christliche Zionismus wird im Alten Testament, der hebräischen Bibel, immer wieder bestätigt. Die großen und kleinen Propheten verkündigen übereinstimmend, dass dies Israels nationale Berufung ist, kündigen an, dass auf eine Zeit des Exils die Rückkehr in das Land folgen wird, und sprechen von seiner geistlichen Erneuerung und Erlösung, die Licht in die Welt bringt.

Der Irrtum der Ersatztheologie

Christlicher Zionismus widerspricht der Ersatztheologie. Diese behauptet, dass Israel seine besondere Beziehung mit Gott hinsichtlich seiner nationalen Bestimmung und seines nationalen Heimatlandes verloren habe, weil es Jesus als Messias abgelehnt hat. Nun sei die Kirche das „neue Israel“ geworden. Dieser Theologie zufolge hat die Kirche nun alle Segnungen, die Israel verheißen waren, geerbt – Gericht und Fluch bleiben jedoch, praktischerweise, auf dem jüdischen Volk.

Christlicher Zionismus hingegen lehrt anhand der Bibel (Altes und Neues Testament), dass Gottes Bund mit Abraham noch heute gültig ist. Die nationale Bestimmung des jüdischen Volkes besteht weiterhin und sein nationales Heimatland ist ewiglich sein Besitz – entsprechend Gottes Plänen und Absichten. Das Neue Testament bestätigt nicht nur den Abrahams-Bund, sondern bekräftigt auch den historischen Auftrag Israels sowie die Unwiderruflichkeit seiner Gaben und Berufung.

Gottes Bund mit Abraham

Christlicher Zionismus gründet nicht auf Prophetie oder künftigen Ereignissen in der Endzeit. Die meisten christlichen Zionisten würden jedoch der Aussage zustimmen, dass Israels Wiederauftreten auf der Weltbühne, ganz so wie Gott es verheißen hatte, darauf hindeutet, dass auch andere in der Bibel vorhergesagte Ereignisse eintreten werden.

Israels Recht, das Land Kanaan zu besitzen, gründet auf Gottes Verheißungen. Nicht nur einmal, sondern immer wieder sicherte Gott Abraham zu, dass er ihm und seinen Nachkommen das verheißene Land geben würde.

„Hebe deine Augen auf und sieh von der Stätte aus, wo du bist, nach Norden, nach Süden, nach Osten und nach Westen.“(1. Mose 13,14)

Dieselben göttlichen Verheißungen wurden auch den Patriarchen Isaak und Jakob gegeben. Sie wurden gegenüber Mose bestätigt, in den Psalmen bekräftigt und sind in den ganzen prophetischen Schriften zu finden. Es sind biblische Verheißungen, die in ihrer Festigkeit und ihrer Verbindlichkeit nicht übertroffen werden können.

In 1. Mose 15 lesen wir, dass Gott die Grenzen des verheißenen Landes festlegte und diese Verheißung durch seinen Bund mit Abraham untermauerte.

An dem Tage schloss der HERR einen Bund mit Abram und sprach: Deinen Nachkommen gebe ich dies Land von dem Strom Ägyptens an bis an den großen Strom, den Euphrat.“ (1. Mose 15,18)

Zu biblischer Zeit war es üblich, dass ein Bundesschluss mit dem Schlachten eines Tieres einherging. Das Tier wurde in zwei Hälften geteilt, die einander gegenüber gelegt wurden. Beide Bundespartner gingen dann gemeinsam  zwischen diesen Hälften hindurch und brachten so ihre Verpflichtung, den Bund zu halten, zum Ausdruck (vgl. Jeremia 34,18).

Man beachte: als Gott diesen Bund mit Abraham schloss, fuhr nur Gott zwischen den Tierhälften hindurch, in Gestalt einer brennenden Fackel. Abraham schlief während all dem (1. Mose 15,12+17-18). Der Bund, den Gott mit Abraham schloss, ist demnach ein einseitiger Bund, durch den Gott ausdrückte: „Ganz gleich was du und deine Nachkommen tun werden, heute schließe ich einen Bund mit dir, Abraham, um dir und deinen Nachkommen dieses Land als ewigen Besitz zu geben.“

Es ist dieser göttliche Bund und eine Vielzahl von Verheißungen, auf denen der christliche Zionismus gründet. Das Fundament unserer Unterstützung für das jüdische Volk und das Land Israel ist der Glaube an einen Gott, der seinen Bund hält:„Ich will meinen Bund nicht entheiligen und nicht ändern, was aus meinem Munde gegangen ist.“ (Psalm 89,35)

Wer darf im Gelobten Land wohnen?

Die Bibel spricht jedoch nicht nur über das Recht, das Gelobte Land zu besitzen, sondern auch über das Recht, darin zu wohnen. Das 5. Buch Mose, in dem Moses letzte Worte aufgezeichnet sind, bevor Israel das Land Kanaan eroberte, legt mehr als jedes andere Buch fest, dass das Recht, im Land Kanaan zu wohnen, an strenge Bedingungen geknüpft ist. Diese Bedingungen ziehen sich wie ein roter Faden durch das ganze Buch Deuteronomium.

„Darum sollt ihr alle die Gebote halten, die ich dir heute gebiete, auf dass ihr stark werdet, hineinzukommen und das Land einzunehmen, dahin ihr zieht, es einzunehmen, und dass du lange lebest in dem Lande, das der HERR, wie er euren Vätern geschworen hat, ihnen und ihren Nachkommen geben will.“(5. Mose 11,8-9)

Wollte Israel das Land erobern und für lange Zeit darin wohnen, musste es dort als ein heiliges Volk leben. Das bedeutet: das Besitzrecht ist eindeutig in Gottes Wort und seiner Verheißung verankert. Das Land gehört für immer dem jüdischen Volk. Aber das Wohnrecht gründet auf dem geistlichen Zustand des jüdischen Volkes.

5. Mose 28, das Kapitel über „Segen und Fluch“, fasst dies in einer sehr dramatischen Art und Weise zusammen: wenn Israel in Gottes Wegen geht, wird der „HERR dich segnen in dem Land, das dir der HERR, dein Gott, gibt“ (V. 8). Aber wenn Israel sich dauerhaft weigert, sein Wort zu befolgen, und anderen Göttern nachläuft, werden sie letztendlich „herausgerissen werden aus dem Lande, in das du jetzt ziehst, es einzunehmen.“ (V. 63)

Im Buch Josua finden wir dies auf eindrückliche Weise dargestellt: Kurz vor der Eroberung Jerichos ging Josua hinaus in die Wüste, um Gottes Angesicht vor dieser ersten und entscheidenden Schlacht zu suchen. Dort erschien ihm der Engel des Herrn. Josua stellte ihm eine auf den ersten Blick rhetorisch anmutende Frage: „Gehörst du zu uns oder zu unseren Feinden?“ Gott musste doch selbstverständlich zu Israel gehören! Aber die Antwort des Boten Gottes muss Josua ziemlich ernüchtert haben: „Nein, sondern ich bin der Fürst über das Heer des HERRN und bin jetzt gekommen. [...] Zieh deine Schuhe von deinen Füßen; denn die Stätte, darauf du stehst, ist heilig.“ (Josua 5,13-15)

Mit anderen Worten sagte er: „Ich gehöre nicht zwangsweise zu dir. Wenn du möchtest, dass ich an deiner Seite bleibe, musst du deine Schuhe ausziehen, denn dies ist heiliger Boden.“ Gott hat in seiner Souveränität dieses Land zwischen Jordan und Mittelmeer für seinen Heilsplan erwählt. Aus diesem Grund erwartet er, dass das Volk, das darin lebt, heilig ist und sich seiner Königsherrschaft unterordnet.

Wenn Israel heute im Land Israel leben will, muss es seine Schuhe ausziehen.

Themenseite: Christlicher Zionismus

 


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