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Commentary

Die Emanzipation der Juden und „neuer“ Judenhass

Als im 18. Jahrhundert Deutschlands Intellektuelle von der Aufklärung erfasst wurden, hinterfragten viele auch die in der Gesellschaft tief sitzende negative Einstellung gegenüber Juden. Zwar lehnten sie viele Vorurteile nicht grundsätzlich ab, betrachteten jedoch die den Juden zugeschriebenen negativen Eigenschaften als eine Konsequenz der erlebten Ausgrenzung. Ein Ende der staatlichen und gesellschaftlichen Diskriminierung würde nach Ansicht der Aufklärer die „Assimilation“ der Juden begünstigen, an deren Ende ihre rechtliche Gleichstellung stehen sollte.

Foto: Wikimedia Commons, Moses Mendelson gilt als wichtigster Vertreter der Haskala, gemalt von Anton Graff 1771

Haskala: Die jüdische Aufklärung

Inspiriert von der Aufklärung entstand unter den Juden eine eigene Form des „vernunftgeleiteten Denkens“: die Haskala. Zentrales Anliegen der Maskilim (Aufklärer) war eine „Verbesserung“ des Judentums. Mithilfe eines neuen philosophischen Verständnisses, das auf dem Vernunftgedanken und nicht mehr auf dem Glauben gründen sollte, sowie weltlicher Schul- und Berufsbildung sollte die jüdische Bevölkerung zu „nützlichen“ Bürgern erzogen werden. Die christliche Mehrheitsgesellschaft wurde von den Überlegungen der Aufklärer kaum beeinflusst. Vertreibung, Übergriffe und Pogrome setzten sich auch im 18. und 19. Jahrhundert fort.

Reformjudentum und Konversion

Unter den Juden setzte die Haskala jedoch einen Prozess der Anpassung in Gang, der nach und nach zur Abwendung von überlieferten Traditionen, zur Entstehung eines an die deutsche Kultur angepassten Judentums (das Reformjudentum) und zu einer noch weitergehenden Assimilation führte: Um ihr Selbstverständnis als Deutsche zu bekräftigen und um ihren gesellschaftlichen Aufstieg zu begünstigen, konvertierten im 19. Jahrhundert viele Juden zum Christentum.

Industrialisierung und Kapitalismus

Durch den modernen Kapitalismus und die Industrialisierung gelang vielen Juden der wirtschaftliche Aufstieg. Hausierer und Trödelhändler wurden zu Klein- und Großhändlern. Aus Textilhändlern wurden Textilfabrikanten. Jüdische Hofagenten, die zuvor als Warenlieferanten für deutsche Fürsten tätig gewesen waren, stiegen ins Bankiersgeschäft ein, wie z.B. die Frankfurter Familie Rothschild. Mit ihren Kredit- und Wechselgeschäften unterstützten sie die Industrialisierung und ermöglichten den Wohlstand Deutschlands und Europas.

Erfolgreiche Selbstintegration

1871 gewährte das deutsche Kaiserreich Juden die rechtliche Gleichstellung. Diese Gleichberechtigung hatten sie sich in den vorangegangenen Jahrzehnten hart erkämpft. Ihre Integration geschah nicht „von oben“ oder dank einer offenen, fortschrittlich denkenden Mehrheitsgesellschaft. Sie wurde vielmehr allen Widerständen zum Trotz von den Juden selbst erreicht. Bemüht darum, Ausgrenzung zu überwinden, hatten sie eine deutschsprachige, weltliche Schulbildung initiiert, sich auf dem Gebiet der Kunst betätigt und waren zu überzeugten deutschen Patrioten geworden.

Judenhass wird zu „Antisemitismus“

Zur gleichen Zeit breitete sich ein „neuer“ Judenhass aus. Judenfeindliche Ansichten wurden von Künstlern, Wissenschaftlern, Politikern und Klerikern öffentlich diskutiert, verbreitet und salonfähig gemacht. Der 1879 neugeschaffene Begriff „Antisemitismus“ sollte die Abgrenzung vom „ungebildeten“, religiös motivierten Judenhass des Mittelalters unterstreichen. Die „gebildeten“ Judenfeinde beriefen sich auf scheinbar intellektuelle Überlegungen, vor allem pseudowissenschaftliche Rassentheorien. Juden wurden nicht mehr den Christen, sondern den „Germanen“ gegenübergestellt. Ziel dieser Judenfeindlichkeit war nicht, wie im Mittelalter, die Konversion, sondern die Ausgrenzung, Vertreibung und schließlich die Vernichtung der Juden.

Als das Kaiserreich 1918 endete, zeichnete sich am Horizont bereits die dunkelste Zeit für das jüdische Volk ab. Zur „Entmenschlichung“ der Juden gesellten sich auch Vorwürfe des „Verrats“. Der für die deutschen Juden so selbstverständliche Patriotismus brachte weder die Verleumdung, sie hätten sich 1914-1918 vor dem Kriegsdienst gedrückt, zum Schweigen, noch konnte er die Lüge verhindern, sie hätten die Kriegsniederlage sowie die Krisen der Weimarer Zeit orchestriert.

Hatten sie sich im 19. Jahrhundert noch vorwiegend mit theoretischen Überlegungen begnügt, forderten Antisemiten in der Weimarer Zeit nun öffentlich die „Entfernung“ (d.h. Ausrottung) der Juden.

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In der Liebe eingewurzelt und gegründet

Wurzeln, hebräisch שׁוֹרָשִׁים, sind wichtig, sogar lebenswichtig, vor allem in der Botanik. Ohne Wurzeln kein Leben. Über sie nimmt die Pflanze auf, was sie zum Leben braucht. Und sie geben Halt. Je tiefer die Wurzeln, umso fester der Stand und umso sicherer ist auch die Wasserversorgung gewährleistet. Sprichwörtlich ist der am Wasser gepflanzte Baum. Auch der Boden spielt eine wichtige Rolle. Nicht jede Pflanze gedeiht auf jedem Boden. Wurzeln sind in der Regel verborgen, aber sie sind entscheidend für den Zustand der Pflanze. (Foto: Unsplash, Baum mit tiefen Wurzeln, Symbolbild)

Lebenswurzeln

Es gibt auch Wurzeln im übertragenen Sinn, z.B. Familienwurzeln oder geistige Wurzeln. Manchmal neigen wir dazu zu vergessen, dass auch hier all die eben genannten Regeln wirksam sind, ob wir das wollen oder nicht. Von solchen Wurzeln spricht Gott in der Bibel. Immer geht es darum, aus welcher Quelle ein Mensch – oder eine Gemeinschaft von Menschen – lebt. Die Früchte bzw. der sichtbare Zustand der „Pflanze“ lassen Rückschlüsse auf die Qualität der Wurzeln und des Bodens zu.

Der Gott der Hoffnung

Gott sieht ins Verborgene. Er sieht auch die Wurzeln von Dingen und Zuständen. Seine Diagnose ist in der Bibel oft hart und direkt. Aber er konfrontiert nicht, um zu verdammen, sondern um zur Veränderung zu locken. Er ist der Gott der Hoffnung (Römer 15,13) und des Lebens, der reinigt, verändert, erlöst. Aber er braucht dazu unsere Bereitschaft, gemeinsam mit ihm an unseren Wurzeln zu arbeiten. Zwei dieser Wurzelthemen der Bibel werden wir uns nun näher anschauen.

Gewurzelt in der Liebe Gottes

Gottes Liebe und Zuwendung ist der Ausgangspunkt von allem. Die Bibel hat dafür den zentralen Begriff chesed חֶסֶד, ein Wort, das die gegenseitige aktive Hingabe in einer Beziehung ausdrückt, in unseren Bibeln mit Liebe, Güte, Barmherzigkeit und Gnade übersetzt. Aus diesem liebenden Vaterherzen entsprang der Wunsch, Menschen zu schaffen, mit denen er all seine Herrlichkeit teilen könnte, und die als geliebte Söhne und Töchter unter diesem leuchtenden Blick leben und diese Liebe reflektieren würden, ihm gegenüber und auch untereinander.

Diese heile Welt ist für uns Menschen mit dem Sündenfall zerbrochen. Doch aus Gottes liebendem Vaterherzen entsprang auch sein genialer Erlösungsplan, den er mit Abraham begann, und der im Sterben und Auferstehen von Jesus gipfelte. Nun lädt er uns ein, nicht länger aus anderen Quellen zu leben, auch Nächstenliebe und Dienst für Gott nicht mehr aus eigenem Bemühen hervorzubringen, sondern unsere Wurzeln wieder tief in seinem Vaterherzen zu verankern und aus dem empfangenen Überfluss weiterfließen zu lassen. Darum betet Paulus für die Gemeinde, „dass ihr in der Liebe eingewurzelt und gegründet seid.“ (Epheser 3,17) Für viele von uns, gerade auch für uns „Fromme“, ist das oft ein Weg – weg vom frommen Bemühen hin zum Sein in seiner Liebe und zum Überfließen. Ein lohnender Weg!

Gewurzelt im edlen Ölbaum

Für diese Erlösungspläne wählte Gott einen erstaunlichen Weg. Da es ihm um die Wiederherstellung von Beziehung geht, begann er diesen Weg mit der Freundschaft zu einem Menschen, dem Mann Abraham. „Freund Gottes“ heißt er in der Bibel, Bundespartner Gottes. Diese gewachsene Vertrauensbeziehung, mit der Abraham seine ganze Familie prägte, sollte zum Sprungbrett werden, über das Gott alle seine verlorenen Kinder in allen Nationen zurückgewinnen wollte. „In dir sollen gesegnet werden alle Sippen der Erde“ sagte Gott in 1.Mose 12,3 zu Abraham. In jeder Generation lockte er die Nachkommen dieses Bundesfreundes zu einem Leben, gewurzelt und gegründet allein in Gott als wahrer Quelle. Ein Leben in seiner Liebe und ein Reflektieren dieser Liebe – zurück zu Gott und den Mitmenschen gegenüber – sollte Dreh- und Angelpunkt dieser Bundesbeziehung sein (Matthäus 22,37). Das Volk Israel, das inzwischen aus Abrahams Nachkommen gewachsen war, sollte als ganze Gesellschaft diese Keimzelle sein. Alle Bereiche der Gesellschaft sollten wieder von Gott her geprägt sein, und von da aus wollte er alle anderen Völker in seine Erlösungspläne mit hineinziehen. Paulus beschreibt dies in Römer 11,17-24 als edlen Ölbaum: die gewachsene Bundesgeschichte Gottes mit Israel. Nun sollten auch Menschen aus anderen Nationen dort eingepfropft werden.

Freilich war auf dem Weg Israels mit seinem Gott nur allzu deutlich geworden, dass ohne tiefe Erneuerung von innen heraus ein Leben in der Bundesbeziehung mit Gott dauerhaft nicht möglich war. Diese Erkenntnis war wichtig als Vorbereitung für die neue Ebene im Bund, für die Gott selbst Mensch werden würde – in Jesus. Als dieser Auftrag vollbracht war, war es endlich soweit: die Bundesbeziehung mit Gott, bis dahin ausschließlich für Israel, konnte nun geöffnet werden für alle Nationen!

Die Wurzel trägt dich

Doch schon wenige Jahre später musste Paulus diesen neu Dazugekommenen schreiben: „Rühme dich nicht gegen die Zweige. Du sollst wissen, dass nicht du die Wurzel trägst, sondern die Wurzel trägt dich.“ (Römer 11,18) Ist es tatsächlich möglich, dass diese Gesuchten, Begnadeten aus den Nationen, für die Gott diesen langen Vorbereitungsweg mit Israel gegangen war, arrogant darauf reagierten, die zentrale Rolle Israels in dieser Erlösungsgeschichte ablehnten und sich selbst als Beginn einer neuen, christlichen Religion betrachteten? In der Botanik kommt dies einem eingepfropften Zweig gleich, der sich dem Baum, dessen Teil er geworden ist, samt dessen Wurzeln verweigert. Wird solch ein Zweig überleben und jemals Frucht tragen können?

Die Warnung des Paulus ist leider wahr geworden. Bis heute kranken wir als Christenheit weltweit an den Folgen der fatalen Entscheidungen, die in den ersten Jahrhunderten nach Christus getroffen wurden, als die Kirchenväter sich radikal von ihrem jüdischen Erbe lösten, eine neue, nichtjüdische, christliche Religion gründeten und 2000 Jahre lang zu den schlimmsten Verfolgern ihrer jüdischen Brüder wurden.

Wenn wir den Zustand dieser christlichen Pflanze heute betrachten – welche Rückschlüsse auf die Qualität der Wurzeln und des Bodens lässt er zu? Erlauben wir Gott, seine Diagnose zu stellen? Und dann? Ist Veränderung noch möglich? Ja! Denn so wie Gott Israel immer treu blieb, so ist er auch diesen arroganten eingepfropften Zweigen gegenüber treu. Wer durch Jesus im Bund mit Gott lebt, ist Teil dieses edlen Ölbaumes, ob er das will oder nicht. Er ist als Quereinsteiger in eine Geschichte und ein Erbe hineingekommen, das lange vor ihm mit Abraham und Israel begann. Es ist Zeit umzukehren, diese Wurzeln zu umarmen und aus unserem Erbe zu leben!

Wurzeln in der hebräischen Sprache

In semitischen Sprachen spielen Wurzeln eine entscheidende Rolle. Die meisten hebräischen Worte sind von einer „Wurzel“ שׁוֹרָשׁ Schoresch abgeleitet, die fast immer aus 3 Konsonanten besteht. Wie bei einem Baum liegt in der Wurzel die Identität, aus der sehr verschiedene, weit verzweigte Äste wachsen können. Zum Beispiel steht l-m-d ל מ ד   für „lernen“. Aus dieser Wurzel kann man z.B. lamad´ti (ich lernte), limudim (Studium), Talmid (Schüler), Talmud (Lehre) …. bilden.

Die Wurzeln beschreiben in ihrer Grundbedeutung oft Bilder, einfache Handlungen aus dem Alltag, die in den abgeleiteten Worten mitschwingen. Hebräisch ist eine sehr bilderreiche Sprache, die keine abstrakten Begriffe kennt, sondern in praktischen Alltagsbildern und in Beziehungen denkt.

So sind auch die hebräischen Begriffe für Glaube וּנָהאֱמ sowie Treue /Wahrheit תאֱמֶ nicht abstrakt, sondern starke Beziehungsworte. Ihre Wurzel אמן amán (stützen) oder amen („so ist es!“) beschreibt etwas ganz Festes, Zuverlässiges, Vertrauenswürdiges. Das spiegeln all die abgeleiteten Adjektive wider und so zieht es sich durch alle Begriffe des gesamten Baumes „אמן“, von der Säule über den Baumeister, dem, der ein Kind auf dem Arm trägt – und eben auch beim Glauben an Dinge oder Personen, auf die man sich verlassen kann, die wahrhaftig sind.

Ähnlich beschreibt der Hebräerbrief unseren Glauben als einen Anker, der im Allerheiligsten, also in Gott selbst festgemacht ist (Hebräer 6,19). Er ist der ultimative „Amen“, verlässlich, vertrauenswürdig und treu. In ihm lasst uns tief wurzeln!

Weiterlesen und vertiefen

Buchtipp: Ivrit – Grundstruktur der hebräischen Sprache

Für ihre Hebräisch-Intensivkurse hat Hanna Tischer ein Arbeitsheft entwickelt, das die Grundstruktur der hebräischen Sprache erklärt, Grundlagen für modernes und biblisches Ivrit legt und eine kleine Anleitung enthält, wie wir hebräische Schätze der Bibel heben können.

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10 Gründe Israel und das jüdische Volk zu unterstützen

Ohne Zweifel wächst heutzutage die Unterstützung Israels durch die evangelikale Bewegung. Bisweilen fehlt das Verständnis für diese Unterstützung, besonders, weil die Kirche sich Jahrhunderte lang schwertat, die Juden zu verstehen, und sogar militanten Antisemitismus gegenüber dem auserwählten Volk zeigte und dazu anstiftete. Sie lehrte, dass Gott mit den Juden abgeschlossen hätte. Das hat sich allerdings stark geändert. Dennoch bleibt die Frage: Warum unterstützen wir heute Israel?

Foto: Unsplash, Israelfahne, Symbolbild

Ich lade Sie ein: Greifen Sie nach Ihrer Bibel und betrachten Sie mit mir 10 Gründe, warum alle, die an Jesus glauben, Gottes auserwähltes Volk, die Juden, unterstützen, segnen und an seiner Seite stehen sollten.

1.      Gott liebt Israel

Der Prophet Jeremia erläuterte: „Das Volk derer, die dem Schwert entronnen sind, hat Gnade gefunden in der Wüste … Der HERR ist mir von ferne erschienen: Ja, mit ewiger Liebe habe ich dich geliebt, darum habe ich dich zu mir gezogen aus lauter Güte. Ich will dich wieder bauen, und du wirst gebaut sein, Jungfrau Israel! …“ (Jeremia 31,2-4) Nach einer Zeit des Gerichts („das Schwert“), ist Gott durch seine „ewige Liebe“ motiviert, Israel wiederherzustellen. Beachten wir, dass es eine ewige Liebe ist – anhaltend, unaufhörlich! Aus dieser Liebe heraus wurde Gottes Plan mit Israel geboren (5. Mose 7,7-8), und diese Liebe wird ihn auch herrlich vollenden (Römer 11,25-28).

Ich wurde einmal gefragt: „Wie kann Gott eine sündige Nation wie Israel lieben?“ Die Antwort ist einfach: Durch dieselbe bedingungslose Liebe, die er für die Kirche hat. In der Tat, „Christus ist für uns gestorben, als wir noch Sünder waren.“ (Römer 5,8) Dies ist ein einfacher Grundsatz für alle Christen: Wir sollen das lieben, was Jesus liebt. Wie groß ist Ihre Liebe für Israel? Bitten Sie Gott, Ihnen seine Liebe für das jüdische Volk zu schenken!

2.      Gott hält seinen Bund

Gott bekräftigte seine Verheißung, Israel das Land Kanaan zu geben, mit einem Bundesschwur. Im 1. Buch Mose lesen wir, dass Gott Abraham erschien und ihm ein Land und Nachkommen so zahlreich wie die Sterne am Himmel verhieß. Abraham fragte: „Wie kann ich sicher sein, dass du dies wirklich tun wirst?“ Gott antwortete, indem er herabkam und wie eine brennende Fackel zwischen den ausgelegten Opfertieren hinfuhr, um das Landversprechen mit Abraham durch einen Bundesschwur zu besiegeln (1. Mose 15,17-18).

Es ist ein wesentlicher Charakterzug Gottes, dass er seine Bünde hält. Manche Christen behaupteten in der Vergangenheit, Gott habe seine Meinung bezüglich Israel geändert, es aufgegeben und einen neuen Bund mit der Kirche, dem „neuen Israel“, geschlossen. Doch das wären katastrophale Neuigkeiten für jeden Gläubigen in unserer Zeit. Müssen wir bei all unserer Sünde, Lauheit und mangelnder Hingabe fürchten, dass Gott seine Meinung auch uns gegenüber ändert? Nein, denn „sind wir untreu, so bleibt er treu; denn er kann sich selbst nicht verleugnen.“ (2. Timotheus 2,13) Deshalb ist es die große Hoffnung sowohl Israels als auch der Gemeinde, dass Gott seine Bundesversprechen immer hält – ewiglich!

3.      Gott heiligt seinen Namen

Gewaltig beschreibt der Prophet Hesekiel, dass Gott das Land und Volk Israel in der Endzeit wiederherstellen wird. Als er sie aus den Nationen zurückkehren sieht und wie sie mit Gottes Geist erfüllt werden, benennt er klar den Grund, aus dem Gott dies tut: „Da tat es mir leid um meinen heiligen Namen, den das Haus Israel entheiligte unter den Völkern, wohin sie auch kamen.“ (Hesekiel 36,21) Dann proklamiert er, dass Gott Israel wiederherstellen werde: „Ich tue es nicht um euretwillen …, sondern um meines heiligen Namens willenDenn ich will meinen großen Namen …, wieder heilig machen. Und die Völker sollen erfahren, dass ich der HERR bin, spricht Gott der HERR, wenn ich vor ihren Augen an euch zeige, dass ich heilig bin. Denn ich will euch aus den Völkern herausholen und euch aus allen Ländern sammeln und wieder in euer Land bringen.“ (Hesekiel 36,22-24)

Es ist erstaunlich, dass die Medien weltweit noch immer, 73 Jahre nach der Staatsgründung, so sehr mit Israel beschäftigt sind. Der Schweizer Theologe Karl Barth verkündete 1967: „Jetzt ist es in den Zeitungen zu lesen: Gott erfüllt seine Verheißungen.“ Hesekiel sagt es so: Gott heiligt seinen Namen vor aller Welt. Im Blick auf Israel kann die ganze Welt sehen, dass Gott noch immer lebendig ist und seine Versprechen hält! Wenn Sie im Vaterunser „geheiligt werde dein Name“ sprechen, beten Sie deshalb bitte auch für Israel und Gottes Treue zu Israel.

4.      Israel ist ein Schlüssel für Erweckung und zukünftigen Segen für die Kirche

Dem Apostel Paulus zufolge wird Israels vollständige Wiederherstellung einen nie dagewesenen Segen für die Kirche freisetzen. Im Römerbrief macht Paulus zwei erstaunliche Aussagen: „Wenn aber ihr Fall der Reichtum der Welt ist und ihr Verlust der Reichtum der Nationen, wie viel mehr ihre Vollzahl!“ (Römer 11,12) und „Denn wenn ihre Verwerfung die Versöhnung der Welt ist, was wird ihre Annahme anderes sein als Leben aus den Toten!“ (Römer 11,15)

Paulus stellt es fast wie eine mathematische Formel dar. Beim Betrachten von Israels Fall oder Versagen und seiner Verwerfung sieht er dennoch, dass Segen freigesetzt wird als „Reichtum für die Nationen“ und „Versöhnung der Welt“. Dann betrachtet er Israels zukünftige Vollzahl und Annahme und sieht eine noch größere Freisetzung für die Welt voraus: „Leben aus den Toten“.

John Wesley kommentierte diese Verse folgendermaßen: „Es beziehen sich so viele Prophetien auf dieses große Ereignis, dass es verwunderlich ist, dass Christen es anzweifeln können. In seiner Vollendung wird es eine starke Demonstration sowohl der alttestamentlichen als auch der neutestamentlichen Offenbarung sein, die zweifellos viele überzeugen wird … Überfließendes Leben für die Welt, die tot war, wird freigesetzt werden.“

In Apostelgeschichte 3,20-21 sieht Petrus, dass durch ein geistlich wiederhergestelltes Israel „Zeiten der Erquickung kommen von dem Angesicht des Herrn“ und „Zeiten, in denen alles wiederhergestellt wird“, die schließlich die Wiederkehr Christi bringen. Israels Wiederherstellung ist der Schlüssel für die Ausgießung des Geistes, die Gott für die Kirche bereithält. Anders ausgedrückt: Wenn Sie sich nach Erweckung sehnen, beten Sie für Israel!

5.      Wir sind es den Juden schuldig

In seinem Brief an die Römer schrieb Paulus von seiner Zeit bei den Gemeinden in Mazedonien. Großzügig legten sie ein Liebesopfer für die „mittellosen Heiligen“ in Jerusalem zusammen. Es war eine so bedeutende Gabe, dass Paulus beschloss, sie persönlich nach Jerusalem zu bringen. Doch warum gaben sie so viel? Paulus erklärte: „Denn es hat Mazedonien und Achaja wohlgefallen, einen Beitrag zu leisten für die Bedürftigen unter den Heiligen, die in Jerusalem sind. Es hat ihnen nämlich wohlgefallen, auch sind sie ihre Schuldner. Denn wenn die Nationen ihrer geistlichen Güter teilhaftig geworden sind, so sind sie verpflichtet, ihnen auch in den leiblichen zu dienen.“ (Römer 15,26-27)

Die Gläubigen in Mazedonien hatten ein wichtiges Prinzip verstanden: Das Heil kam von den Juden und sie waren verpflichtet, ein Dankgeschenk zurückzugeben. Wir müssen uns daran erinnern, dass Jesus Jude war. Die Verfasser der Bibel waren alle Israeliten, und alles, was unseren Glauben heute ausmacht, auch das Opfer Jesu und die Ausgießung des Heiligen Geistes, fand in Israel durch Juden statt. Deshalb verkündete Jesus: „Das Heil kommt von den Juden!“ (Johannes 4,22) Haben Sie dem Volk Gottes jemals Ihre Dankbarkeit dafür gezeigt, dass es uns die Möglichkeit gibt, Gottes ewige Gnade zu empfangen? Ich ermutige Sie, dem mazedonischen Vorbild zu folgen und Israel Ihre Wertschätzung auszudrücken.

6.      Unsere Wurzeln liegen in Israel

Römer 11 birgt ein botanisches Wunder. Paulus spricht von einem veredelten Ölbaum und einem wilden Ölbaum. Letztere sind Büsche, die ungenießbare Früchte tragen. Dann beschreibt Paulus, dass Gott etwas tut, was kein Landwirt je machen würde. Er schneidet Zweige aus dem veredelten Ölbaum und pfropft stattdessen wilde Ölzweige ein. Normalerweise ist es genau andersherum: edle Zweige werden auf Wildbäume gepfropft. Doch Paulus verknüpft dieses merkwürdige botanische Experiment mit Israel und den nichtjüdischen Nationen. Die „wilden“, nichtjüdischen Nationen werden durch den Glauben an Jesus auf den edlen, jüdischen Ölbaum gepfropft und von dem reichhaltigen Saft genährt, der von ihren Propheten, Patriarchen und Königen kommt.

Deshalb trägt Paulus der nichtjüdischen Gemeinde in Rom auf „… bedenke wohl: nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich.“ (Römer 11,18 - Menge) Wir dürfen nie vergessen, dass unsere geistlichen Wurzeln nicht in Rom, Genf oder der Azuza Street liegen, sondern in Jerusalem mit den hebräischen Propheten, jüdischen Aposteln, einem jüdischen Retter und einer Bibel, die von Juden geschrieben wurde (siehe auch Epheser 2,11-13). Lassen Sie uns unsere geistlichen Wurzeln ehren, wissend, dass Paulus ebenfalls verkündete: Die ursprünglichen, natürlichen, edlen Zweige werden eines Tages wieder in ihren eigenen Baum eingepfropft werden.

7.      Der richtige Zeitpunkt ist jetzt

Psalm 102 enthält eine der gewaltigsten prophetischen Botschaften der Bibel. Wenn ich die ersten elf Verse dieses „Gebets eines Elenden“ lese, sehe ich vor meinem inneren Auge die Krematorien von Auschwitz und die abgemagerten Körper aus Buchenwald. Es ist ein Aufschrei der Hilflosigkeit: Der Psalmist sieht sein Volk verdorren wie Gras. Doch plötzlich ändert sich der Ton dieses Psalms drastisch hin zu einer Wiederherstellung, die darin gipfelt, dass der Herr „Zion wieder baut“ und „erscheint in seiner Herrlichkeit“ (Psalm 102,17).

Vers 14 ist der Schlüsselvers, hier wird Gott unvermittelt aktiv: „Du wirst aufstehen, wirst dich Zions erbarmen. Denn es ist Zeit, ihn zu begnadigen, denn gekommen ist die bestimmte Zeit.“ (Psalm 102,14) Das hebräische Wort für „bestimmte Zeit“ ist mo’ed, das auch für Israels jährliche Feiertage verwendet wird. Sie sind die bestimmten oder festgesetzten Zeitpunkte des Herrn. Wir sollten sie als ewige Einträge in Gottes Terminkalender betrachten. Der Psalmist sieht hier, dass Gott einen Tag festgelegt hat, an dem die Wiederherstellung Israels kommt. Man braucht kein Prophetie-Experte sein, um zu erkennen, dass dieser festgesetzte Tag gekommen ist. Bereits seit 100 Jahren ist Gott dabei, Zion wiederherzustellen. Gott hat sich erhoben, um Zion seine Barmherzigkeit zu zeigen. Deshalb ist es auch für uns an der Zeit, aufzustehen und uns dem anzuschließen, was Gott tut!

8.      Gott hat seinen Umgang mit Israel geändert

Dieser Grund klingt zunächst fast ketzerisch. Wir glauben doch, dass Gott sich nie ändert, oder? Er ist derselbe gestern, heute und in Ewigkeit. Doch schon Jahrhunderte vor Christi Geburt kündigte der Herr an, dass er eines Tages die Art seines Umgangs mit Israel ändern werde. Am besten drückt dies der Prophet Sacharja aus: „Aber nun will ich nicht wie in den vorigen Tagen verfahren mit dem Rest dieses Volkes, spricht der HERR Zebaoth, … Gleichwie ich euch zu plagen gedachte, als mich eure Väter erzürnten, spricht der HERR Zebaoth, und es mich nicht gereute, so gedenke ich nun wiederum in diesen Tagen, wohlzutun Jerusalem und dem Hause Juda.“ (Sacharja 8,11-15)

Diese Verse beschreiben eine völlige Umkehr in Gottes Beziehung mit Israel. Es ist ein radikaler Wechsel von Rückwärtsgang auf Schnellvorlauf. In früheren Jahrhunderten mag es schwierig gewesen sein, Gottes andauernde Treue gegenüber Israel zu erkennen. Angesichts eines zerstreuten und unterdrückten Volkes waren viele Theologen versucht, dies als ewigen Zustand des Gerichts über die Juden zu deuten. Doch Gott hat sie nie aufgegeben. Heute haben wir keine Entschuldigung, wenn es sogar in den Zeitungen steht, dass Zion wiederhergestellt wird! Wenn Gott sein Vorgehen gegenüber Israel geändert hat, wird er auch Ihnen helfen, aufzustehen und sein Volk zu segnen.

9.      Die Juden sind Jesus‘ Familie

Vielleicht der einfachste, aber auch der stärkste Grund: Jesus ist Jude! Paulus drückt es folgendermaßen aus: „… denen auch die Väter gehören und aus denen Christus herkommt nach dem Fleisch. Gott, der da ist über allem, sei gelobt in Ewigkeit.“ (Römer 9,5)

Vor Jahren sprach ich in einer Kirche in Bayern darüber. Nach dem Gottesdienst kam ein Bruder zu mir und sagte: „Ja, es stimmt, Jesus wurde von einer jüdischen Mutter geboren. Aber du vergisst, dass Jesus einen verherrlichten Leib erhielt, als er von den Toten auferstand. Er ist kein Jude mehr, sondern der universelle Bruder der ganzen Menschheit.“ Das klingt beeindruckend – Jesus, der universelle Bruder der Menschheit. Aber in meiner Bibel, in der Offenbarung, lese ich, dass Jesus in seinem verherrlichten Körper noch immer der „Löwe aus dem Stamm Juda“ ist (Offenbarung 5,5). Und Jesus‘ letzte Worte in der Bibel, oft mit rotgedruckten Buchstaben hervorgehoben, lauten: „Ich, Jesus, … bin die Wurzel und das Geschlecht Davids, der helle Morgenstern.“ (Offenbarung 22,16) Selbst auf der allerletzten Seite des Neuen Testaments erinnert uns Jesus daran, dass sein Ur-, Ur-, Ur-… Urgroßvater ein jüdischer König aus Jerusalem ist. Dienen wir dem jüdischen Volk, dienen wir Jesus‘ irdischer Familie. Und ich glaube, dass er es bemerkt, wenn wir dies tun.

10.  Die Bibel fordert uns auf, Israel zu trösten

Letztlich und zugleich am wichtigsten sollen wir Israel segnen, weil Gott es uns aufträgt. Jesaja verkündet diesen göttlichen Aufruf: „Tröstet, tröstet mein Volk!, spricht euer Gott.“ (Jesaja 40,1) – eindeutig kein Aufruf an das jüdische Volk, sonst müsste es sich selbst trösten. Vielmehr wird ein nichtjüdisches Volk aufgefordert, Israel beizustehen, es zu segnen, zu trösten, zu ermutigen. Es ist eine Anweisung für eine Zeit, in der Israels Heeresdienst beendet ist (Jesaja 40,2), eine festgesetzte Zeit, in der Gott Zion wiederherstellt. Jesaja 40 ist eindeutig kein Vorschlag und kein Diskussionspunkt, bei dem Gott uns nach unserer Meinung fragt. Gott selbst, der Schöpfer des Himmels und der Erde, der die Sterne beim Namen nennt (Jesaja 40,26), sagt uns, dass wir uns aufmachen und mit Trost, Ermutigung und Liebe zu seinem Volk stehen sollen.

Aus genau diesen Gründen wurde die Internationale Christliche Botschaft Jerusalem (ICEJ) 1980 gegründet: Um Israel zu trösten und zur Seite zu stehen. Mit Gottes Hilfe werden wir auch in den kommenden Jahrzehnten damit fortfahren. Lassen Sie uns das gemeinsam tun!


ICEJ-Petition - Unterstützung Israels vor dem IStGH

Vor Kurzem hat der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag offizielle Ermittlungen gegen Israel wegen angeblicher Kriegsverbrechen aufgenommen.

Mit dieser weltweiten Petition an den IStGH können Sie Ihre Ablehnung dieser Ermittlungen zum Ausdruck bringen. Zeigen Sie Ihre Solidarität mit Israel und unterzeichnen Sie die Petition der ICEJ!

Zur Petition | Weitere Informationen


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Zion – Zufluchtsort für jüdische Waisen und Vertriebene

Die meisten der schätzungsweise 3,5 Millionen Juden, die in den letzten 140 Jahren nach Israel eingewandert sind, waren arm und hilfsbedürftig. Auch in unserer Zeit gibt es viele Juden, die bei ihrer Alijah (Einwanderung nach Israel) Unterstützung benötigen. In den letzten 40 Jahren konnte die ICEJ bereits mehr als 162.000 Olim (jüdische Neueinwanderer) unterstützen und wir sind entschlossen, diesen prophetischen Dienst mit der Hilfe Gottes und unserer Freunde weltweit fortzuführen.

Foto: GPO/Zoltan Kluger, Jemenitische Juden auf dem Weg nach Aden, 1949

Zu Fuß nach Zion

Die moderne Rückkehr des jüdischen Volkes nach Israel begann in den 1880er-Jahren, als sich Juden aus dem Süden Russlands entschieden, vor den andauernden Pogromen zu fliehen. Sie ließen alles zurück und machten sich auf den Weg nach Jerusalem – die Richtung kannten sie, weil sie sich im Gebet immer der Heiligen Stadt zugewandt hatten. Um die gleiche Zeit zog es auch die uralte jüdische Gemeinschaft im Jemen zurück ins verheißene Land, und so kamen sie zu Fuß, ihre wenigen Besitztümern tragend, nach Israel.

Das entspricht der Vision des Propheten Jesaja von der jüdischen Heimkehr in den letzten Tagen: „Und was wird man den Boten der Völker sagen? ‚Der HERR hat Zion gegründet, und hier finden die Elenden seines Volks Zuflucht.‘“ (Jesaja 14,32) Dieses prophetische Wort hat sich genau so erfüllt, wie es geschrieben steht.

Exodus aus Europa

Die nächste große Alijah-Welle folgte, als Israel 1948 seine Unabhängigkeit erlangte. Der junge jüdische Staat machte es sich zur vorrangigen Aufgabe, alle bedrängten jüdischen Flüchtlinge aus Europa heimzubringen, denen unter dem britischen Mandat die Einreise verweigert worden war. Der Fokus lag auf den 250.000 Holocaustüberlebenden, die noch immer in Lagern für Flüchtlinge und Vertriebene in ganz Europa festsaßen. Sie waren hauptsächlich europäische Juden, die unter der Nazi-Herrschaft und im Holocaust alles verloren hatten – nicht nur ihre Häuser und ihr Vermögen, sondern auch ihre Familien. Viele von ihnen waren die einzigen Überlebenden ihrer gesamten Verwandtschaft. So wurden viele mittellose Waisen in ein Land mit 660.000 Einwohnern aufgenommen, das ohnehin schon ums Überleben kämpfte.

Von Waisen aufgebaut

In seinem Buch „Mein gelobtes Land: Triumph und Tragödie Israels” schreibt der Journalist Ari Shavit darüber, wie der Staat Israel von europäischen Juden aufgebaut wurde, die der Holocaust zu Waisen gemacht hatte. Viele ihrer Eltern und Großeltern schickten sie in den 1930er-Jahren voraus ins damalige Mandatsgebiet Palästina, schafften es jedoch nicht nachzukommen. Andere rebellierten gegen ihre Eltern und reisten allein nach Eretz Israel. Sie sahen Vater und Mutter nie wieder.

„Der Zionismus war eine Waisenbewegung, eine verzweifelte Kampagne der Waisen Europas”, schreibt Shavit. „Als die ungewollten Söhne und Töchter des christlichen Kontinents vor dem Hass ihrer Leihmutter flohen, stellten sie fest, dass sie ganz allein in der Welt waren… Sie hatten eine Zivilisation verloren und mussten deshalb eine andere aufbauen. Sie hatten ihr Heimatland verloren und mussten deshalb ein neues schaffen. Aus diesem Grund kamen sie nach Palästina und halten bis heute mit verzweifelter Entschlossenheit an diesem Land fest.“

Flucht aus Nahost

Die eingewanderten, hauptsächlich aschkenasischen Juden mit europäischem Hintergrund sahen sich plötzlich mit einer neuen Krise konfrontiert: Nach Israels Sieg im Unabhängigkeitskrieg 1948 begannen viele arabische Länder, jüdische Gemeinschaften zu vertreiben, die mehr als 2.000 Jahre unter ihnen gelebt hatten. In den frühen 1950er-Jahren ließen über 800.000 sephardische und mizrahische Juden (mit spanischem und orientalischem Hintergrund) von Marokko bis zum Irak all ihr Hab und Gut zurück und kamen nach Israel, oft zu Fuß. Viele von ihnen hatten in ihrem Herkunftsland in großen Villen gelebt und lukrative Unternehmen geführt – ihre nächsten Lebensjahre in Israel verbrachten sie in Zelten. Schon früh kam es zu gesellschaftlichen Spannungen zwischen den aschkenasischen und sephardischen Juden, doch Israel schaffte es als Nation, diese riesige Welle mittelloser Flüchtlinge erfolgreich zu integrieren.

Alijah aus dem Norden

Die nächste Alijah-Welle folgte auf den Zusammenbruch der kommunistischen Sowjetunion. Dieser öffnete über einer Million russischsprachiger Juden die Tür, in den 1990er-Jahren nach Israel heimzukehren. Bei der Ausreise aus ihren Herkunftsländern beschränkten die Behörden die Güter und Finanzen stark, die sie mitnehmen konnten. Wenn die Nachbarn von den Auswanderungsplänen einer jüdischen Familie nach Israel erfuhren, wollte niemand ihr Haus abkaufen, da man wusste, dass es billig zu haben war, sobald sie weggegangen waren. Es gibt viele Geschichten von sowjetisch-jüdischen Olim, die nach der Landung auf dem Ben-Gurion-Flughafen ihre wenigen letzten russischen Rubel und Kopeken auf das Rollfeld warfen.

Beteiligung an Gottes Werk

Auch heute noch brauchen viele Juden, die Alijah machen, Hilfe bei ihrem Lebensneustart im Land der Verheißung – etwa die äthiopischen Juden oder die Bnei Menasche aus Indien. Selbst französische Juden zählen dazu, denn nicht alle können es sich leisten, auszuwandern und sich von Grund auf ein neues Leben aufzubauen. Deshalb sind wir vor Ort, um zu helfen – in dem Bewusstsein, dass Israel in der Tat ein von Waisen und Vertriebenen aufgebautes Land ist. Sie wurden gesammelt aus den heidnischen Nationen, von denen sie immer abgelehnt worden waren. Es stimmt: „Der HERR hat Zion gegründet, und hier finden die Elenden seines Volks Zuflucht.“ (Jesaja 14,32)

Bitte helfen Sie uns weiterhin, hilfsbedürftige Juden aus aller Welt bei ihrer von Gott verheißenen Heimkehr nach Israel zu unterstützen. Als Verwendungszweck bitte „Alijah & Integration“ angeben – herzlichen Dank!

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Der Herr hat besucht und erlöst sein Volk

Der HERR, dein Erlöser, der Heilige Israels, ist eine der Eigenbezeichnungen Gottes, mit der er sich uns im Alten Testament offenbart. Die wunderbare Bedeutung dieses Namens liegt wie ein Schatz in der Thora, den fünf Büchern Mose, verborgen.

Foto: Shutterstock, Jude mit Thora-Rolle, Symbolbild

Der verheißene Erlöser

Bereits in 2. Mose 6,6 verheißt Gott Israel die Erlösung aus Ägypten. Vor allem aber im Buch Jesaja gibt Gott sich immer wieder als der Erlöser Israels zu erkennen (vgl. Jesaja 41,14; 44,6; 47,4; 48,17 u.a.).Im Hebräischen Text wird an diesen Stellen das Wort goel גאל(sprich „go’el“) verwendet, das „Löser“ oder „lösen“ (losbinden, einlösen) bedeutet.

Anhand weiterer Textstellen wird deutlich, dass Gott nicht nur an die zurückliegende Erlösung aus Ägypten erinnern möchte, sondern auf ein künftiges Ereignis hinweist. „Aber für Zion wird ein Erlöser kommen und für die in Jakob, die sich von der Sünde abwenden, spricht der HERR.“ (Jesaja 59,20). Diese Aussage klingt an den verheißenen Nachkommen der Frau (1. Mose 3,15) und den Nachkommen Abrahams (1. Mose 22,18) an. Der Psalmist spricht von der Erlösung aus Not und Bedrängnis (Psalm 72,14; 107,2). Der leidgeprüfte Hiob bekennt voller Zuversicht, „dass mein Erlöser lebt (goali chai גאלי חי), und als der Letzte wird er über dem Staub sich erheben.“ (Hiob 19,25)

Versteckt inmitten einer Reihe von Bestimmungen und Geboten, die Gott den Israeliten am Berg Sinai mitgab, finden wir faszinierende Hinweise auf die Eigenschaften und das angekündigte Handeln des Erlöser-Gottes.

Die Schuldsklaverei

In 3. Mose 25 gibt Gott den Israeliten detaillierte Anweisungen zur Schuldsklaverei. Hatte ein Israelit sich verschuldet und war er außer Stande, seine Schulden zu begleichen, wurde er Sklave seines Gläubigers. War sein Gläubiger ein Israelit, arbeitete er als dessen Tagelöhner und kam erst im Jubeljahr wieder frei (3. Mose 25,39-43). War der Gläubiger jedoch ein Nichtjude, sollte ein Verwandter des Schuldners ihn „lösen“ (V. 47-49). Dasselbe Prinzip galt, wenn ein Grundstück verpfändet wurde: der Verwandte sollte es zurückkaufen (V. 25). In deutschen Bibeln ist in 3. Mose 25 vom „Löser“ (oft auch „Verwandten-Löser“) die Rede. Jedoch ist es im hebräischen Text dasselbe Wort, mit dem Gott sich als Erlöser Israels bezeichnet: goel גאל.

Der Goel

3. Mose 25 stellt zwei wesentliche Anforderungen an den Goel: Er musste ein Blutsverwandter des Verschuldeten sein (3. Mose 25,49). Dabei fiel die Rolle des Lösers immer dem nächststehenden Verwandten zu. War dieser nicht imstande zu lösen, wurde der nächstfolgende gefragt (vgl. Ruth 3,12). Auch die weitere Verwendung des Wortes Goel im Alten Testament unterstreicht, dass es synonym für einen Blutsverwandten steht (z.B. 4. Mose 35,19: goel ha’dam הדם גאל, Bluträcher, wörtlich: Löser des Blutes).

Eine weitere Anforderung, die ein Goel erfüllen musste, war, ausreichend vermögend und selbst ein freier Mann zu sein. Das Buch Ruth verdeutlicht zudem, dass in Israel die Levirats- oder Schwagerehe (5. Mose 25,5-10) als Erweiterung des Lösergesetzes verstanden wurde. War ein verschuldeter Israelit kinderlos verstorben, sollte sein nächster Verwandter nicht nur seinen verpfändeten Besitz lösen, sondern auch dessen Witwe heiraten und einen Nachkommen zeugen, um den Namen des Verstorbenen zu erhalten.[1]

Der Kaufpreis

Zwei in der Bibel beschriebene Fälle, in denen das Lösergesetz zur Anwendung kommt, verdeutlichen, dass es dem Verschuldeten oblag, seinen Blutsverwandten zur Lösung aufzufordern. In Ruth 3 hat Boas sich bereits über den Sachverhalt erkundigt, handelt jedoch erst, als Ruth ihn als Löser anspricht (vgl. V.12+18). Jeremia löst einen Acker, nachdem sein Verwandter ihn nachdrücklich dazu aufforderte (Jeremia 32,8-12).

Die Lösung durch den Goel stellte zudem einen Kaufakt dar. Bei Ruth (Kapitel 4) und Jeremia sind Zeugen zugegen und ein Kaufpreis wird entrichtet; Jeremia schreibt zudem einen Kaufbrief. Somit wurde das gelöste Grundstück, bzw. der gelöste Verwandte, Eigentum des Goels.

Zurück zur Familie

Der für uns heute befremdlich anmutende Gedanke, dass Gott es wohlhabenden Personen ermöglichte, ihre bedürftigen Verwandten zu „besitzen“, muss im kulturellen Kontext verstanden werden. Im Nahen Osten zur Zeit der Bibel war die eigene Identität stark an die Großfamilie und Sippe gebunden. Ein Schuldsklave, der von seinem Verwandten gelöst wurde, kehrte zurück in den Schoß der Familie – zu seiner Sippe. Dort bestellte er wie zuvor auch den im Familienbesitz (vgl. 4. Mose 33,54; 36,6-7) befindlichen Grund und Boden, war selbst aber mittellos.

Israels Goel

Im Neuen Testament lesen wir, dass die Gesetze der Thora ein Schatten waren, die Israel auf den kommenden Messias vorbereiten sollten (Kolosser 2,17; Hebräer 10,1). Jeschua selbst sagte, dass die Thora auf ihn hindeute: Mose „hat von mir geschrieben“ (Johannes 5,46). Es ist daher kein Zufall, dass Gott sich selbst als „Goel“, als Löser, bezeichnet und zugleich genaue Anweisungen über den Löse-Prozess gibt. Das Lösergesetz in 3. Mose 25 ist eine herrliche Selbst-Offenbarung Gottes und verdeutlicht, auf welche Weise er Israel erlösen will: als Israels Blutsverwandter.

Bereits Jahrhunderte vor der Geburt Jeschuas kündigt Gott an, dass er als Mensch und als Jude in die Welt kommen wird, um Israel – und mit Israel die ganze Welt – zu erlösen. Gott musste Mensch werden, um Löser der Menschen zu sein. Und er tat dies als Jude, als „Goel Israels“.[2]

Jeschua allein kann uns lösen

Die ausführlichen Regelungen in 3. Mose 25 spiegeln viele Aspekte von Jeschuas Erlösungswerk wider. Im Neuen Testament lesen wir, dass wir durch unsere Sünde in die Sklaverei verkauft waren. „Wer Sünde tut, der ist der Sünde Knecht.“ (Johannes 8,34; vgl. Römer 6,18; 7,14) Anders als ein israelitischer Schuldsklave hatten wir Sünder keine Aussicht darauf, uns je selbst wieder freikaufen zu können. Da wir alle gesündigt hatten (Psalm 53,4; Römer 3,23) und in die Sklaverei der Sünde verkauft waren, kam für uns nur ein einziger Löser in Frage: Jeschua.

Jeschua ist der Einzige, der nicht unter der Herrschaft der Sünde ist (2. Korinther 5,21; Hebräer 4,15) und er allein ist in der Lage, uns freizukaufen. Er ist der mächtige Helfer (goalem chasak חזק גאלם, wörtlich: ihr Löser ist stark) der schutzlosen Waisen, denen niemand zu Hilfe kommt (Sprüche 23,10-11).

Wie die Löser in den Büchern Ruth und Jeremia wartet auch Jeschua darauf, dass wir uns an ihn wenden, wissend, dass er allein Löser ist, der uns aus unserer ausweglosen Lage freikaufen kann. Er lädt uns ein, drängt sein Erlösungswerk aber niemandem auf.

Gottes Eigentum, Kinder und Erben

Die Erlösung, die Jeschua uns anbietet, stellt keine Loslösung in die Unabhängigkeit dar. Vielmehr werden wir Gottes Familie zugetan und in seinen Dienst gestellt. „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!“ (Jesaja 43,1) Waren wir zuvor Sklaven und unter der Herrschaft der Sünde, sind wir nun frei. Die Gemeinschaft mit unserem Schöpfer ist wiederhergestellt. Wie der gelöste Verwandte im Alten Testament nicht als Sklave seines Lösers behandelt wurde, behandelt auch Gott uns nicht wie Sklaven, sondern macht uns zu seinen Kindern und Erben (Galater 4,4-7).

Teuer erkauft

In 1. Korinther 6,19-20 verdeutlicht Paulus Gottes weitreichendes Eigentumsrecht an den von ihm Erlösten: „Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch ist und den ihr von Gott habt, und dass ihr nicht euch selbst gehört? Denn ihr seid teuer erkauft; darum preist Gott mit eurem Leibe.“ (vgl.Römer 12,1;Titus 2,14; 1. Petrus 1,17-19)

Jeschua, unser Goel, zahlte mit seinem eigenen Blut den teuersten Kaufpreis für uns. Nun haben wir die Freiheit, ihm in Dankbarkeit, mit Freude und völliger Hingabe zu dienen.  Wie der mittellose Erlöste das im Familienbesitz befindliche Feld bestellt, bauen wir das Reich unseres Vaters. Nicht als seine Sklaven, sondern als seine Kinder, die mit Jeschua dieses Reich einmal erben werden.

Mit diesem Wissen können wir in den Lobgesang des Zacharias einstimmen: „Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat besucht und erlöst sein Volk, [...] dass wir, erlöst aus der Hand der Feinde, ihm dienten ohne Furcht.“ (Lukas 1,68+74)


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Gott wohnt bei uns Menschen

Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! (Offenbarung 21,3)

Wo Gott wohnen möchte

Beim diesjährigen Laubhüttenfest berichteten uns erneut viele Menschen aus aller Welt, dass sie an den Orten, von denen sie zugeschaltet waren, die spürbare Gegenwart Gottes erlebten. Wunder geschahen, Beziehungen wurden geheilt, Gebete wurden erhört – all dies während sie am Online-Laubhüttenfest teilnahmen. Es war wunderbar, dies ein weiteres Mal zu erleben. Es war bereits das zweite ICEJ-Laubhüttenfest, bei dem die Teilnehmer nicht vor Ort in Jerusalem sein konnten. Doch trotz Lockdowns und Reisebeschränkungen war Gott nicht im Lockdown, er war auch nicht eingeschränkt. Wo auch immer Menschen sich zuschalteten, in ihren Häusern oder in gemeinsamen Versammlungen, war Gott gegenwärtig. Die Hütte Gottes war bei seinem Volk rund um den Globus. (Foto: Pixabay, Nachbildung der Stiftshütte im Timna-Park/Israel, Symbolbild)

„Die Hütte Gottes bei den Menschen“ ist ein Motiv, das sich durch das gesamte Wort Gottes zieht. Es spiegelt viele geistliche Wahrheiten wider, auf die das Laubhüttenfest hindeutet.

Eine Frage, die Menschen mir immer wieder stellen, ist: „Wie siehst du das mit dem Dritten Tempel?“ Natürlich gibt es Prophetien, die von einem künftigen Tempel sprechen. Aber mir scheint, im Laufe der Geschichte löste die Vorstellung eines Tempels bei Menschen größere Begeisterung aus als bei Gott. Gott zog eine einfachere, zelt-artige Unterkunft einem herrlichen steinernen Gebäude immer vor.

Von Anfang an wies Gott Israel an, ihm statt eines Tempels ein Zelt als seine Wohnstätte zu bauen. Das lag nicht daran, dass das Volk Israel keine Alternative gekannt hätte. Ganz im Gegenteil! Abraham stammte aus einer der ältesten Zivilisationen in Ur in Chaldäa, wo die Bevölkerung ihren Göttern wuchtige Steinbauten errichtete. Am bekanntesten ist die Zikkurat von Ur, ein menschgemachter „Gottesberg“, der der Anbetung des Mond-Gottes diente. Als Israel in Ägypten lebte, sahen sie dort nicht nur die gigantischen Pyramiden von Gizeh. Das ganze Land war erfüllt von großen Tempeln, die einer Heerschar ägyptischer Götter geweiht waren. Einige sind bis heute erhalten geblieben.

Als der Herr Israel aus Ägypten herausführte, beauftragte er Mose, ihm eine Wohnstätte zu errichten. Diese hatte keinerlei Ähnlichkeit mit jenen riesigen, emporragenden Monumenten. Sie war ein einfaches, tragbares Zelt. Diese Eigenschaft rührte nicht von der Notwendigkeit des Umherwanderns her, sondern war ein Abbild dessen, was Mose im Himmel gesehen hatte: die Hütte Gottes (2. Mose 25,9+40). Und diese himmlische Realität hat sich bis heute nicht geändert. In den letzten Kapiteln der Bibel scheibt der Apostel Johannes: „Danach sah ich: Es wurde aufgetan der Tempel, die Stiftshütte im Himmel.“ (Offenbarung 15,5)

Ein Haus der Anbetung

Die erste Person, die dem einen wahren Gott einen Tempel bauen wollte, war König David. Sein Verlangen, Gott ein richtiges Haus der Anbetung zu bauen, entstammte seinem Wunsch, den Gott, den er so sehr liebte, angemessen anzubeten. David tat sich mit dem Gedanken schwer, selbst in einem schönen Palast in Jerusalem zu wohnen, während der Schöpfer der Welt in einem einfachen Zelt wohnte: „Sieh doch, ich wohne in einem Zedernhause, die Lade Gottes aber wohnt unter Zeltdecken.“ (2. Samuel 7,2) Sein Verlangen, Gott ein Haus zu bauen, wurde umgehend vom Propheten Nathan aufgegriffen, der ihn ermutigte, all das, was er auf dem Herzen hatte, auszuführen. Ich glaube, wir alle hätten uns über ein solches Vorhaben gefreut.

Aber in jener Nacht wurde Nathan von Gott getadelt: „Habe ich doch in keinem Hause gewohnt seit dem Tag, da ich die Israeliten aus Ägypten führte, bis auf diesen Tag, sondern ich bin umhergezogen in einem Zelt als Wohnung.“ (2. Samuel 7,6) In einem irdischen Tempel zu wohnen, war nie Gottes Absicht. Er wollte vielmehr inmitten seines Volkes wohnen. Gottes Gegenwart war immer in Bewegung, bzw. jederzeit bereit, sich in Bewegung zu setzen. Dies war auch Moses Gebet, dass Gottes Gegenwart mit Israel ziehen würde. Diese sich immer in Bewegung befindende Gegenwart war für Israel ein wegweisendes Licht und das Merkmal, das Gottes Volk von allen anderen Völkern unterschied (2. Mose 33,16).


Dennoch erwählte Gott Jerusalem als einen besonderen Ort, an dem seine Gegenwart ewiglich wohnen sollte. Unzählige Menschen haben mir gegenüber bezeugt, dass sie diese einzigartige Gegenwart Gottes in Jerusalem erlebten, insbesondere an der Klagemauer. Einige meiner Freunde erhielten dort den Ruf, einen neuen Dienst aufzubauen. Menschenleben wurden an diesem einzigartigen Ort verändert. Und wie wir wissen, erlaubte Gott Davids Sohn Salomo, ihm einen Tempel zu bauen, und versprach ihm, seine Augen würden Tag und Nacht über diesem Tempel offen sein. Aber Gott war mit dem menschlichen Denken vertraut und wusste, dass der Mensch versucht wäre, Gottes Gegenwart auf diese Stätte in Jerusalem zu begrenzen.

Gottes Allgegenwart

Jesaja verstand, vielleicht mehr als alle anderen hebräischen Propheten, dass Gottes Gegenwart niemals auf ein Gebäude beschränkt werden kann. „So spricht der HERR: Der Himmel ist mein Thron und die Erde der Schemel meiner Füße! Was ist denn das für ein Haus, das ihr mir bauen könntet, oder welches ist die Stätte, da ich ruhen sollte?“ (Jesaja 66,1) Er wusste, es ist unmöglich, Gott in ein Gebäude zu sperren. Diese Erkenntnis unterschied den Gott Israels von den Göttern der anderen Völker mit ihren Tempeln und Schreinen. Der Gott Israels ist der Schöpfer des Himmels und der Erde. Er kann nicht an einem bestimmten Ort der Anbetung eingeschlossen werden. Er ist allgegenwärtig. Man kann ihm überall begegnen, sogar an den unwahrscheinlichsten Orten.

Richard Wurmbrand, ein Glaubensheld der verfolgten Gemeinde in Rumänien zur Zeit des Kommunismus, war Jahre lang inhaftiert und erlitt wegen seines Glaubens an Jesus schwere Folter. Dennoch berichtete er, er habe in den Gefängniszellen die Herrlichkeit Gottes, die offenbarte Gegenwart Jesu, stärker erlebt als in jedem Gemeindegebäude, das er nach seiner Freilassung besuchte.

In Athen erklärte der Apostel Paulus den Philosophen und Gelehrten seiner Zeit, „Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darinnen ist, er, der Herr des Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht sind. Auch lässt er sich nicht von Menschenhänden dienen wie einer, der etwas nötig hätte, da er doch selber jedermann Leben und Odem und alles gibt.“ (Apostelgeschichte 17,24-25)

Es ist wahr, eine Laubhütte, ein Zelt, war sogar noch weniger imstande, diesen unendlichen und allmächtigen Gott zu fassen. Aber ein Zelt konnte das Wesen und den Charakter Gottes besser darstellen. Er ist immer in Bewegung. Das erinnert uns an die Worte, die Jesus an Nikodemus richtete: „Der Wind bläst, wo er will, und du hörst sein Sausen wohl; aber du weißt nicht, woher er kommt und wohin er fährt. So ist ein jeder, der aus dem Geist geboren ist.“ (Johannes 3,8) Es gibt einen Charakterzug Gottes, der rege und in Bewegung ist. Und das gilt auch für sein Volk.

Gott wohnt unter seinem Volk

Die Corona-Zeit erinnert uns daran. Viele Gemeindegebäude standen in den letzten eineinhalb Jahren leer. Hier in Jerusalem blieb auch die Pais Arena, wo wir in den Jahren zuvor unser Laubhüttenfest gefeiert hatten, während der Sukkot-Feiertage leer. Natürlich hatten wir gehofft, wieder Gäste aus aller Welt in Jerusalem begrüßen zu können. Aber Gott hatte andere Pläne. Wir hörten viele Zeugnisse, dass Gott Wohnzimmer und Versammlungsräume mit seiner Gegenwart füllte, als Menschen sich bei unserem Online-Laubhüttenfest zuschalteten.

Als ich mich vor Kurzem mit einer Gruppe internationaler evangelikaler Leiter traf, sagten alle, dass Corona eine Neuausrichtung ihres Dienstes darstellte. Gott erinnert uns an eine längst vergessene Wahrheit: dass er unter seinem Volk wohnen möchte – nicht nur in riesigen Hallen in Jerusalem, in Mega-Church-Gebäuden oder bei Großevangelisationen. Seine innewohnende Herrlichkeit ist dort erfahrbar, wo zwei oder drei in seinem Namen zusammenkommen.

Als Hesekiel die künftige Wiederherstellung Israels sah, erkannte er, dass der Höhepunkt dieser Wiederherstellung die „Mischkan“ Gottes sein würde – Gottes Laubhütte, bzw. seine Wohnung inmitten seines Volkes (Hesekiel 37,26-28). Als der Apostel Johannes „einen neuen Himmel und eine neue Erde“ sah, hörte er einen Freudenruf vom Himmel: „Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein.“ (Offenbarung 21,3) Gottes Zukunftspläne für die Menschheit sehen nicht vor, dass wir an einem himmlischen Ort, in einem herrlichen Tempel sein werden, sondern dass Gott zu einem neuen Himmel und einer neuen Erde hinabkommt, um bei den Menschen zu wohnen.

Die Wohnung Gottes bei den Menschen zeichnet sich nicht durch prunkvolle Äußerlichkeiten aus, sondern vielmehr durch eine aufrichtige Herzenshaltung. Als Gott Jesaja fragte, wo dieses Haus, das Menschen für ihn bauen würden, denn sein könnte, gibt Gott selbst eine überraschende Antwort. „Ich sehe aber auf den Elenden und auf den, der zerbrochenen Geistes ist und der erzittert vor meinem Wort.“ (Jesaja 66,2; siehe auch Jesaja 57,15)

Das bedeutet, dass es bestimmte Eigenschaften des menschlichen Herzens gibt, die die Gegenwart und Aufmerksamkeit Gottes anziehen: Demut ihm gegenüber und allergrößten Respekt gegenüber seinem Wort. Dies klingt an die Herzenshaltungen derer, die Jesus in der Bergpredigt preist, an: die geistlich arm sind, die Leid tragen, die Sanftmütigen, die Barmherzigen und die reinen Herzens sind. Jesus bezeichnete sie als „glückselig”, bzw. „gesegnet“, denn Gott wird auf sie aufmerksam und wohnt bei ihnen.

Irdische Hütten

Das Laubhüttenfest ist eine Zeit, in der Gott das Volk Israel an seine Wüstenwanderung erinnert. Als Israel ins Gelobte Land einzog, befahl Gott: „Sieben Tage sollt ihr in Laubhütten wohnen. Wer einheimisch ist in Israel, soll in Laubhütten wohnen, dass eure Nachkommen wissen, wie ich die Israeliten habe in Hütten wohnen lassen, als ich sie aus Ägyptenland führte. Ich bin der HERR, euer Gott.“ (3. Mose 23,42-43)

Das Laubhüttenfest erinnert uns alle auch an die Vergänglichkeit des Menschen. Paulus weist darauf in seinem zweiten Brief an die Korinther hin. „Denn wir wissen: Wenn unser irdisches Haus, diese Hütte, abgebrochen wird, so haben wir einen Bau, von Gott erbaut, ein Haus, nicht mit Händen gemacht, das ewig ist im Himmel. Denn darum seufzen wir auch und sehnen uns danach, dass wir mit unserer Behausung, die vom Himmel ist, überkleidet werden.“ (2. Korinther 5,1-2)

Hier bezeichnet Paulus unseren irdischen Leib als eine Hütte, eine Sukka. Damit drückt er aus, dass unsere irdischen Körper nur vorübergehende Gebilde sind, die eines Tages mit einem viel großartigeren Körper ersetzt werden. Er sagt auch, dass wir in diesem Zelt, unserem irdischen Körper, hin und wieder seufzen werden. Obwohl wir wunderbar gemacht wurden (Psalm 139,14), sind unsere Körper dennoch zerbrechlich, schwach und sogar der Sünde zugeneigt. Darum ruft Paulus auch voller Verzweiflung: „Wer wird mich erlösen von diesem Leib des Todes?“ (Römer 7,24)

Tempel des Geistes

Aber die wunderbare Wahrheit ist, dass unser zerbrechlicher menschlicher Leib dennoch Gottes Wohnort, der Tempel des Heiligen Geistes, sein kann. Als Jesus sich zu Sukkot in Jerusalem aufhielt, machte er eine Aussage, die sicherlich viele an die Vision des künftigen Tempels (Hesekiel 47) erinnerte: „Wer an mich glaubt, wie die Schrift gesagt hat, aus dessen Innerem werden Ströme lebendigen Wassers fließen.“ (Johannes 7,38; ELB) Die Hoffnung eines künftigen Tempels in Jerusalem kann für Sie bereits hier und jetzt Realität werden.

Und was für eine wunderbare Realität es ist, dass wir als Gläubige ein Heiligtum für die innewohnende Herrlichkeit und Gegenwart des Herrn werden können! Und nicht nur das, wir werden auch für die Menschen um uns herum zum Heiligtum Gottes. Menschen, die wir treffen, können dem Gott begegnen, der in uns wohnt. Genauso, wie Mose gebetet hatte, setzt uns diese sich immer in Bewegung befindliche Gegenwart, die uns überallhin begleitet, von der Welt um uns herum ab. Sie macht uns zu einem Licht, das in der Finsternis leuchtet.

Aber es liegt an uns, diese Gegenwart zu pflegen und zu kultivieren und den Heiligen Geist einzuladen, dass er sich in unserem Leben willkommen und heimisch fühlt. Anders ausgedrückt: Wenn unser Leib der wahrhaftige Wohnort Gottes sein soll, wird er sich bei uns nur dann heimisch fühlen, wenn er auch der Herr unseres Lebens ist. Als Hausherr möchte er, dass wir ihm das Recht zugestehen, die Möbel in unserem Leben umzustellen. Auf diese Weise wirkt sich seine Gegenwart auf unsere Angewohnheiten, täglichen Aktivitäten und sogar unsere geheimen Ambitionen aus. Er wird sich nicht mit nur einem einzelnen Zimmer, einem kleinen Bereich unseres Lebens, zufrieden geben. Er will jeden Winkel und jeden Aspekt unseres Lebens füllen. Wenn wir ihm dies gestatten, können großartige Dinge geschehen! Ströme des lebendigen Wassers, die aus dem Heiligtum unseres Lebens fließen, werden Auswirkungen auf die Menschen um uns herum haben.

Abschließend möchte ich noch sagen, dass wir uns alle sehr darauf freuen, jeden einzelnen von Ihnen bald wieder in Jerusalem zu sehen. Wir können es kaum abwarten, gemeinsam mit Ihnen das nächste Laubhüttenfest hier in Jerusalem zu feiern und Gott mitten unter uns zu erleben, in der Stadt, die seinen Namen trägt. Bis dahin ist es mein Gebet, dass wir alle die offenbarte Gegenwart Gottes erleben, wo auch immer wir sind. „Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen!“
 


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Judenverfolgung im christlichen Abendland

Seit dem Ersten Kreuzzug ab 1096 waren Juden in Deutschland immer wieder Verfolgung ausgesetzt. Judenfeindliche Verleumdungen führten zu Pogromen, die immer größer werdende Regionen erfassten.

Foto: Wikimedia Commons, Darstellung der "Synagoga" am Straßburger Münster

Pogrome

Eine dieser Verleumdungen war die „Ritualmordlegende“. Verschwanden christliche Kinder oder kamen sie unter ungeklärten Umständen ums Leben, wurde dies der jüdischen Bevölkerung angelastet. Das angebliche Motiv: Juden würden das Blut dieser Kinder für religiöse Rituale verwenden. Diese Verleumdungen verfestigten sich tief im Bewusstsein der Bevölkerung. Um die ermordeten Kinder entstand ein Heiligenkult.

Als Judenhasser Gerüchte in Umlauf setzten, Juden hätten Hostien durchbohrt oder zerschnitten, warf man den Juden vor, den Leib Christi „geschändet“ zu haben. Den darauf folgenden Pogromen im Jahr 1298 fielen rund 5.000 Juden zum Opfer. Auch während der Großen Pest (1347-52) ergriff eine Welle antijüdischer Pogrome den deutschsprachigen Raum. Tausende Juden wurden bei lebendigem Leib verbrannt, viele ihrer Kinder in Klöster verschleppt und zwangsgetauft. Rund 300 jüdische Gemeinden wurden vernichtet.

Judenfeindliche Theologie

Die Schriften und Predigten vieler Kirchenführer waren durchzogen von antijüdischen Lehren, Verfolgung und Hass. Sie beschrieben Juden und den jüdischen Glauben auf schmäherische und beleidigende Weise. Das Judentum wurde als finstere, teuflische Religion verunglimpft und Juden als „Gottesmörder“ verleumdet.

Nur wenige Einzelpersonen wichen von dieser judenfeindlichen Theologie ab. Meist war ihre Meinung über Juden und Judentum nicht durchweg positiv, ihre Neugier und ihr Interesse am Judentum vermischten sich mit einem Gefühl der vermeintlichen „Überlegenheit“ des eigenen christlichen Glaubens.

In den Anfangsjahren seines Wirkens unterstrich der deutsche Reformator Martin Luther die Auserwählung des jüdischen Volkes. Als das jüdische Volk trotz der Reformation den christlichen Glauben nicht annehmen wollte, verbreitete er übelste Verleumdungen und hetzerische Schriften gegen Juden, die Teile der Gesellschaft über Jahrhunderte prägen sollten.

Antijüdischer Kirchenschmuck

Feindschaft gegen Juden spiegelte sich auch im Kirchenschmuck wider, z.B. in der Darstellung der gedemütigten „Synagoga“ mit gesenktem Haupt und verbundenen Augen als Sinnbild ihrer „Blindheit“. Ihr gegenüber steht die triumphierende, gekrönte „Ecclesia“. Dies sollte die ersatztheologische Lehre, Gott habe das jüdische Volk verworfen und durch die Kirche ersetzt, verdeutlichen.

Ein weiteres antijüdisches Motiv ist das der „Judensau“, das Juden auf verhöhnende Weise mit Schweinen darstellt. In Kapellen und Kirchen in Deutschland gibt es rund 30 dieser Steinreliefs und Skulpturen, nur wenige wurden inzwischen entfernt oder verhüllt.

Der Pietismus: Liebe zum jüdischen Volk

Unter vielen gläubigen Christen führte ab dem 17. Jahrhundert ein intensives Bibelstudium zu einer veränderten Einstellung gegenüber dem jüdischen Volk. Der Pietist Philipp Jacob Spener begegnete Juden mit Akzeptanz und der Überzeugung, Judentum und Christentum seien eng miteinander verbunden. Im Gegensatz zur jahrhundertelang von den Kirchen propagierten Ersatztheologie glaubte Spener, dass die Juden weiterhin Gottes auserwähltes Volk seien. Darum müssten die Heidenchristen, die von Gott lediglich adoptiert seien, das jüdische Volk nicht nur achten, sondern auch lieben.

Für Spener nahm die Judenmission eine wichtige Rolle ein. Er lehnte jedoch die Ausübung von Zwang und das Verletzen religiöser Gefühle ab. Praktische Hilfe und Freundschaften mit Juden blieben auch dann bestehen, wenn sie Missionierungsversuche ablehnten.

Zinzendorf: Hochachtung vor den Juden

Auch Speners Patenkind, der spätere Begründer der Herrnhuter Brüdergemeinde Nikolaus Graf von Zinzendorf, empfand eine tiefe Liebe zum jüdischen Volk. Er glaubte an eine künftige Wiederherstellung des jüdischen Volkes im Land Israel und ermahnte die Christen zur Hochachtung vor den Juden.

Zur Themenseite 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland


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Eine neue Reformation

Manchmal führt Reformation zur Aufdeckung alter Wahrheiten und Glaubenslehren, die die ganze Zeit über in der Heiligen Schrift enthalten waren, aber nie Teil unserer geistlichen Tradition wurden. Heute benötigt die Kirche eine neue Welle der Reformation, und diese hat mit Israel zu tun.

Foto: Pixabay, Bibelstudium, Symbolbild

Reformation in der Bibel

Das Wort Gottes berichtet von verschiedenen Zeiten der Reformation in der Geschichte des Volkes Israel. Männer Gottes wurden die ganze Bibel hindurch von Gott gebraucht, um im Volk Gottes entscheidende Reformen zu bewirken. Immer wenn die Israeliten sich von Gott entfernten, wurden sie benötigt. In solchen Zeiten standen die geistlichen Führer des Volkes (Priester und Propheten) oft dem moralischen Verfall des Volkes Gottes gleichgültig gegenüber oder spielten darin sogar eine unterstützende Rolle.

Aber wenn die Reformer Gottes Willen im Volk wieder herstellten, veränderte das nicht nur sein Denken, sondern, was viel wichtiger ist, sein Herz und sein Verhalten. Die ganze Nation begann, Gott zu suchen (2. Chronik 15,12). In der Konsequenz begann Gott, sein Volk wieder zu segnen, und Israel erlebte Zeiten des Friedens, der Sicherheit und des Wohlstands. Reformation ist nicht nur eine Zeit individueller Umkehr. Sie hat immer Auswirkungen auf das ganze Volk Gottes. 

Reformation in der Kirchengeschichte

Die Kirche durchlief auch verschiedene Phasen der Reformation und entdeckte alte Wahrheiten neu. Eine davon war die Wiederentdeckung des Aufrufs zur Weltmission. Jahrhundertelang hatte die Kirche keine große Vision für die verlorenen und oft unzivilisierten Volksstämme der Welt. Das änderte sich, als Herrnhuter Brüder und Väter des Pietismus wie Philipp Jacob Spener und Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf ihre Heimatländer verließen, um Missionare in weit entfernten Ländern zu werden. Sie wurden zu Reformern, indem sie der Kirche die Vision für Weltmission wiedereröffneten.

Ende des 18. Jahrhunderts gingen Missionare wie William Carey nach Indien, Hudson Taylor gründete die „China Inland-Mission” und David Livingstone trug das Christentum in das Herz von Afrika, das bis dahin noch auf keiner Landkarte verzeichnet war. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Weltmission ein fester Bestandteil der Kirche. Heutzutage kann man sich kaum eine örtliche Gemeinde ohne ein Missionsprogramm vorstellen.

Die protestantische Reformation

Ein großer Teil unseres westlichen Ethik-Kodexes und unserer Kultur basiert auf den reformatorischen Kräften, die vom 16. bis zum 18. Jahrhundert Europa beeinflussten. In noch größerem Ausmaß wirkten sie sich in der Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika aus. Es ist schwer, den Einfluss Martin Luthers auf die Kirche zu unterschätzen. Es waren nicht nur seine theologischen Reformen, die das Christentum im Mittelalter auf spektakuläre Weise veränderten, viel maßgeblicher war die Tatsache, dass er den Gläubigen die Bibel in ihrer eigenen Muttersprache wieder zurück in ihre Hände gab. Die weitverbreitete Verfügbarkeit der Bibel sollte alles verändern.

Nichtsdestotrotz gab es einen Riss im Fundament der protestantischen Reformation. Viele Theologen lehrten, Gott habe die Juden aufgegeben, die nun als ein Volk unter einem Fluch stünden. Sie behaupteten beharrlich, die Kirche habe Israel abgelöst und dass es keine nationale Bestimmung für die Juden mehr gäbe. Jede andersartige Anschauung wurde brutal unterdrückt. Als Francis Kett 1589 als einer der ersten Geistlichen offen über die verheißene Wiederherstellung Israels schrieb, wurde er wegen seines Glaubens auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Neue Reformation: Hinwendung zu Israel

Heute sehe ich eine neue Welle der Reformation auf die Kirche zukommen, die mit Israel zu tun hat. Die urchristliche Erkenntnis von den beständigen Absichten Gottes mit Israel und unserer Verbindung zum jüdischen Volk müssen der breiten Masse der heutigen Christenheit wieder in Erinnerung gerufen werden. 1900 Jahre lang hat niemand gefragt: „Wie sollen wir mit der Rückkehr der Juden in ihr altes Heimatland umgehen?” Aber heutzutage muss diese Frage gestellt werden. Die kommenden Jahre werden sicherlich zu den spannendsten Zeiten der Kirchengeschichte gehören, da wir in der Zeit der bisher nicht dagewesenen Wiederherstellung des jüdischen Volkes leben.

Mit wenigen Ausnahmen brachten die meisten Kirchen in der Vergangenheit nur wenig Verständnis für Israel oder das jüdische Volk auf. Ich denke, dass es in den kommenden Jahrzehnten kaum eine Kirche geben wird, die keine Verbindung zu Israel hat, und dass ein Segens-Budget für Israel genauso selbstverständlich für eine Kirche werden wird wie ihr Missions-Budget für die Nationen der Welt.

Von der Bibel inspiriert

Wenn wir betrachten, was die Apostel den nichtjüdischen Gemeinden in der Welt über ihr Verhältnis zum jüdischen Volk lehrten, werden wir herausfinden, dass die Schrift sich ziemlich klar ausdrückt, wie die Kirche sich heutzutage gegenüber Israel verhalten soll. Der Apostel Paulus erklärt der Gemeinde in Rom: „So rühme dich nicht gegenüber den Zweigen. Rühmst du dich aber, so sollst du wissen, dass nicht du die Wurzel trägst, sondern die Wurzel trägt dich.” (Römer 11,18) Das bedeutet, dass nichtjüdische Christen die jüdischen Wurzeln ihres Glaubens nicht zurückweisen oder verhöhnen dürfen, sondern sie vielmehr nähren sollen, so wie man die Wurzeln eines Baums nährt.

Die Briefe des Neuen Testamentes betonen stark die ewige Berufung Israels. Paulus machte es den Gläubigen aus den Nationen klar, dass das jüdische Volk alles Notwendige für unsere Beziehung zu Gott zur Verfügung stellte. Die Bibel ist ein jüdisches Buch, wir dienen einem jüdischen Messias und es waren jüdische Apostel, die das Evangelium zu den Nationen der Welt brachten. Deshalb erklärt Paulus, dass die Gläubigen aus den Nationen Schuldner gegenüber Israel sind.

Wiederverbindung der Kirche mit ihren jüdischen Wurzeln

Die Zeit ist reif für eine Reformation, die die Kirche wieder mit ihren jüdischen Wurzeln verbindet, so wie die Vision für Weltmission in der Kirche erneuert wurde. Wir können es uns nicht länger leisten, Israel zu ignorieren. Dies muss von jeder Kanzel gelehrt werden und ein integraler Bestandteil der Aktivitäten, Gebete und Spenden jeder Kirche werden. Jetzt ist die Zeit für Reformation! Achten Sie darauf, dass Sie bei dieser historischen Entwicklung mit von der Partie sind!


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Der Ursprung des aschkenasischen Judentums

Deutschland nimmt in der Geschichte der jüdischen Diaspora eine bedeutende Rolle ein – nicht allein wegen des Holocaust. Noch heute weisen schätzungsweise 11 Millionen Juden weltweit auf diese Relevanz hin: die aschkenasischen Juden, auch Aschkenasim genannt.

Foto: Thesaurus Picturarum/Marcus zum Lamm, Darstellung Wormser Juden (16. Jh.): Der Knoblauch (Hebräisch „Schum“) deutet auf die Herkunft aus den SchUM-Städten hin

„Aschkenas“

Diese Bezeichnung ist üblich für Juden, die aus Mittel- und Osteuropa stammen. Sie leitet sich vom biblischen Namen Aschkenas ab, der erstmals in den rabbinischen Schriften des Mittelalters auftauchte und die Region entlang des Rheins bezeichnete. „Aschkenasische“ Juden sind demnach „deutsche“ Juden – Nachfahren jener Juden, die ab dem 10. Jahrhundert v.a. in den Bischofsstädten entlang des Rheins lebten.

Blütezeit

Obwohl Juden keine Bürger waren, genossen sie dennoch bis zu den Kreuzzug-Pogromen relative Freiheit, was sich u.a. in der wachsenden Bevölkerungszahl widerspiegelte: Lebten Ende des 10. Jahrhunderts noch etwa 4.000 bis 5.000 Juden in Deutschland, wuchsen die jüdischen Gemeinden in den nächsten einhundert Jahren auf bis zu 25.000 Personen an. Bis ins Mittelalter waren die jüdischen Zentren in Mesopotamien die geistliche Autorität der in der Zerstreuung lebenden Juden gewesen. Als Ende des 10. Jahrhunderts in Speyer (Schpiro), Worms (Urmaisia) und Mainz (Magenza), den sogenannten SchUM-Städten, Jeschiwas (Talmudschulen) gegründet wurden, entwickelte sich ein von der babylonischen Tradition unabhängiges Judentum: das aschkenasische Judentum, mit eigenen Rechtsauslegungen.

Zentren jüdischen Lernens

Aus ganz Europa lernten jüdische Männer an den Jeschiwas in den SchUM-Städten. Der berühmteste Talmudschüler war Rabbi Schlomo ben Isaak, genannt Raschi, der von 1055 bis 1065 in Worms studierte. Raschi gilt bis heute als der bedeutendste Kommentator der Hebräischen Bibel und des Babylonischen Talmuds. Die SchUM-Gemeinden sind auch wegen ihrer Rechtsbestimmungen (Takkanot) berühmt. Diese wurden beim Auftreten neuer Rechtsprobleme, für die es nach jüdischem Recht noch keine Verordnungen gab, erlassen. Nicht mehr zeitgemäße Rechtsbestimmungen wurden angepasst.

Pogrome und Abwanderung

Während des ersten Kreuzzugs 1096 zogen Kreuzritter gemeinsam mit tausenden Bettlern und verarmten Bauern plündernd und mordend an Rhein, Main und der Donau entlang. Tausende Juden wurden brutal ermordet, mussten unter Zwang zum Christentum konvertieren oder begingen Selbstmord, um der Zwangstaufe zu entgehen. Dies wiederholte sich während später wiederkehrender Pogrome. Durch die darauf folgenden Auswanderungswellen vom 13. bis ins 15. Jahrhundert verlagerte sich der Mittelpunkt des europäischen Judentums nach Polen und Litauen. Zwar existierten weiterhin jüdische Gemeinden in Deutschland, doch erst mit Beginn des 19. Jahrhunderts erlebte das jüdische Leben hierzulande eine neue Blütezeit.

Jiddisch

Ein weiteres Vermächtnis des mittelalterlichen Judentums in Deutschland ist Jiddisch. Jiddisch (wörtlich: jüdisch) entwickelte sich vermutlich im 9. bis 12. Jahrhundert in Südwestdeutschland. Es verbindet mitteldeutsche, hebräische und aramäische Elemente. Auch ein romanischer Einfluss ist zu finden. Jiddisch gehörte neben Hebräisch und Aramäisch zu den drei Sprachen der aschkenasischen Juden und war am Vorabend des Zweiten Weltkriegs die Alltagssprache von schätzungsweise 11 Millionen Menschen. Mit der Emigration der Juden aus Russland und Osteuropa Ende des 19. Jahrhunderts verbreitete sich Jiddisch auch in Nord- und Südamerika, Australien und Südafrika und wurde somit zur weltweit am weitesten verbreiteten Sprache.

Mitte des 20. Jahrhunderts wurde Jiddisch fast gänzlich ausgelöscht. Im Holocaust wurde etwa die Hälfte der weltweit Jiddisch sprechenden Menschen ermordet. In der stalinistischen Sowjetunion wurden, beginnend mit dem Großen Terror von 1936-1938, jiddische und hebräische Bibliotheken und Schulen geschlossen, jiddische Theater und Zeitungen verboten und zahlreiche jiddische Poeten und Schriftsteller exekutiert. Heute sprechen noch rund 1,5 Millionen Menschen Jiddisch, viele von ihnen sind ultraorthodoxe Juden.

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Schma Israel – Höre, Israel!

„Höre, Israel, der HERR ist unser Gott, der HERR ist einer. Und du sollst den HERRN, deinen Gott, lieb haben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft. Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du zu Herzen nehmen und sollst sie deinen Kindern einschärfen und davon reden, wenn du in deinem Hause sitzt oder unterwegs bist, wenn du dich niederlegst oder aufstehst. Und du sollst sie binden zum Zeichen auf deine Hand, und sie sollen dir ein Merkzeichen zwischen deinen Augen sein, und du sollst sie schreiben auf die Pfosten deines Hauses und an die Tore.“(5. Mose 6,4-9)

Foto: Unsplash, Betender Jude an der Klagemauer, Symbolbild

Das „Schma Israel“

Schma Israel, Adonai Eloheinu, Adonai Echad! „Höre, Israel! Der HERR ist unser Gott, der HERR ist einer!“

Diese Worte sind bekannt als das Schma – als das zentrale Gebet des Judentums. Es gilt als das wichtigste Bekenntnis des jüdischen Glaubens. Als solches unterscheidet es sich von unseren christlichen Glaubensbekenntnissen, die normalerweise in einer Reihe von Erklärungen erfolgen: „Wir glauben …“ Das jüdische Bekenntnis dagegen ist nicht so sehr eine „Wir glauben“-Aussage, sondern eine göttliche Anweisung, zu hören, auf die Stimme Gottes zu hören hinsichtlich dessen, wer er ist – der eine wahre Gott. Das Schma hat einen solch heiligen Stellenwert, dass der kurze Ausdruck „Schma Israel“ dem Namen Gottes gleichkommt. Es wird oft nur durch den Buchstaben ש[Schin] symbolisiert.

Laut dem bedeutenden jüdischen Weisen Schammai, der etwa zur Zeit Jesu lebte, soll jeder Jude das Schma mindestens zweimal am Tag beten, wie es die Textstelle 5. Mose 6,4-9 vorgibt: Es soll gesprochen werden, „wenn du dich niederlegst“ [am Abend] und „aufstehst“ [am Morgen].

Das gesamte tägliche Gebet besteht aus drei biblischen Textstellen. Die erste stammt aus 5. Mose 6,4-5 – das Gebot, den Herrn „von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit all deiner Kraft“ zu lieben. Der zweite Teil des traditionellen Schma-Gebets findet sich in 5. Mose 11,13-21. Diese Verse unterstreichen die geistliche Bedeutung des Gebets: Segen kommt mit Gehorsam, doch sollte sich Israel von Adonai abwenden, würde es „ausgetilgt werdet aus dem guten Lande“ (Vers 17), das der Herr ihnen gegeben hat. Der dritte Teil umfasst schließlich 4. Mose 15,15-41. Hier wird geboten, praktische Schritte zu unternehmen, um das Schma in tägliche Rituale und Gebräuche zu integrieren. Das schließt das Gebot ein, Quasten (Zizit) an der Kleidung und eine Mesusa an jedem Türpfosten anzubringen und die Gebetsriemen (Tefillin) um den Arm und auf die Stirn zu binden. All das ist in dem genannten Bibelabschnitt enthalten. Die uralte Tradition, diese Texte im Schma-Gebet zu kombinieren, geht mehr als 2.000 Jahre zurück und wird bereits in den Qumran-Schriftrollen erwähnt.

Ein Gebet für Leben und Tod

Rabbiner lehren, dass jeder Jude mit jeder Rezitation des Schma-Gebets das Joch des Reiches Gottes auf seine Schultern nimmt. Das Schma ist das erste Gebet, das jüdischen Kindern beigebracht wird, wenn sie anfangen, sprechen zu lernen. Und es ist das letzte Gebet, das ein Jude auf seinem Sterbebett spricht. Es wurde besonders wegen seines dramatischen Gebrauchs während des Holocaust bekannt.

Der ehemalige israelische Oberrabbiner Israel Meir Lau hat oft erzählt, dass während des Holocaust viele jüdische Kinder in christlichen Waisenhäusern versteckt wurden. Als diese jüdischen Kinder nach dem Krieg gesucht wurden, war es oft schwierig, die jüdischen von den christlichen Heranwachsenden zu unterscheiden. Doch Rabbi Lau erklärte, es habe bereits ausgereicht, die Worte „Schma Israel“ anzustimmen, denn die jüdischen Kinder antworteten instinktiv mit den Worten „Adonai Eloheinu, Adonai Echad.“ Viele dieser geretteten Kinder leben heute noch in Israel.

Zudem starben mehr als eine Million Juden mit dem Schma-Gebet auf den Lippen in den Gaskammern der Nazis in Auschwitz, mehr als 33.000 ukrainische Juden sprachen es, als sie beim Massaker in Babi Jar außerhalb von Kiew ermordet wurden, ebenso wie viele Juden, die an der Exekutionsmauer des Konzentrationslagers Sachsenhausen bei Berlin erschossen wurden.

Das wichtigste Gebot

Wir müssen uns fragen: Hat das Schma eine Bedeutung für uns als Christen und für die Kirche? Jesus selbst gibt darauf die Antwort. Gefragt, welches das wichtigste Gebot der Bibel sei, sagte er: „Das höchste Gebot ist das: »Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein, und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und mit all deiner Kraft«.“ (Markus 12,29-30) Jesus zufolge ist es das biblische Gebot mit der höchsten Bedeutung für seine Jünger und alle, die ihm nachfolgen. Für Christen ist es beachtenswert, dass Gott seine Beziehung zu seinem Volk am deutlichsten über das Hören definiert: „Höre, Israel!“

Gott hätte auch andere Sinne nutzen können, um seine Beziehung zu uns zu erklären. Neben dem Hören können wir auch schmecken, tasten, fühlen, sehen und sogar riechen. Jesus selbst fordert seine Jünger wiederholt auf: „Kommt und seht“. Er hätte zum Beispiel Psalm 34,9 als prägenden Vers für unsere Beziehung zu ihn nehmen können: „Schmecket und sehet, wie freundlich der HERR ist!“

Die mittelalterlichen Kathedralen mit ihren beeindruckenden Buntglas-Fenstern, vergoldeten Statuen, Malereien und der von Weihrauch erfüllten Luft haben besonders die Sinne angesprochen. Doch das Hören kam bedauerlicherweise viel zu kurz. Damals wurde auf Lateinisch gepredigt, in einer Sprache, die nur wenige verstanden. Auch heute werden unsere Gefühle durch spektakuläre neue Kirchengebäude und ganzheitliche Erfahrungen in unseren Gottesdiensten gut bedient, doch oft vergessen wir, dass das Reich Gottes weniger ein „Show-Geschäft“ als ein „Hör-Geschäft“ sein sollte.

Herausforderung „Hören“

Interessanterweise war es gerade das „Hören“, mit dem Israel oft Probleme hatte. Der Prophet Jeremia ist Israel wiederholt angegangen, weil sie nicht auf das hörten, was Gott gesprochen hatte: „Hört doch dieses, törichtes Volk … die Ohren haben und nicht hören!“ (Jeremia 5,21); „Siehe, ihr Ohr ist unbeschnitten, und sie können nicht achtgeben.“ (Jeremia 6,10); „… und ich zu euch geredet habe, früh mich aufmachend und redend, ihr aber nicht gehört habt, und ich euch gerufen, ihr aber nicht geantwortet habt“ (Jeremia 7,13). Als Konsequenz dessen sah Jeremia, dass Israel von Gott gerichtet und nach Babylon ins Exil verbannt wurde.

Wenn wir uns selbst gegenüber ehrlich sind, war das nicht nur Israels Problem – sehr oft ist es heute auch unser Problem. Sogar die Jünger kämpften mit dem Hören und Verstehen der Botschaft Jesu (Markus 8,17ff; 16,14). Das bedeutet, dass wir alle wachsam sein müssen, wie wir hören. Dementsprechend mahnt Jesus seine Jünger: „Seht nun zu, wie ihr hört!“ (Lukas 8,18) Das heißt, in Jesu Augen gibt es Hören und „echtes Hören“. Man kann hören, aber nicht wirklich zuhören, was Gott spricht. Es ist ein andauerndes Ringen, ihn zu hören, was vielleicht die größte Herausforderung für uns als Gläubige darstellt.

Seien wir ehrlich! Wie viele Predigten haben wir gehört, an wie vielen Bibelstunden teilgenommen, wie oft haben wir die Bibel gelesen – und doch hat sich so wenig in unserem Leben geändert. Allzu oft wählen wir zwischen dem, was wir hören wollen, und dem, was wir als nicht relevant für uns erachten. Schon zur Zeit des Paulus wurden Christen von Lehrern angezogen, „nach denen ihnen die Ohren jucken“ (2. Timotheus 4,3), die lehrten, was die Menschen hören wollten – und nicht, was sie hören mussten. Mehr noch, oft werden wir im Herzen durch eine Predigt oder in unserer täglichen Bibellese von Gottes Stimme berührt, doch unser beschäftigter Lebensstil lenkt uns gleich wieder ab und wir werden zu dem, was der Apostel Jakobus „vergessliche Hörer“ nennt (Jakobus 1,23ff).

Gott spricht auf viele Arten zu uns. Natürlich hauptsächlich durch das Wort Gottes, die Bibel, und durch die Predigt des Wortes Gottes. Doch oft spricht er auch durch Umstände zu uns oder in unserem ganz normalen Alltag. Aber hören wir zu?

Empfänglich für Gottes Reden

Ich erinnere mich gut an einen Besuch in Holland vor einigen Jahren. Mit unserem niederländischen nationalen Direktor Jacob Keegstra besuchte ich Westerbork, eines der wenigen Konzentrationslager in den Niederlanden. Als wir durch den Wald nach Westerbork gingen, kamen wir an einigen riesigen Radioteleskopen vorbei, die gen Himmel gerichtet waren. Jacob erklärte mir, dort könnten selbst die schwächsten Signale aus dem Weltraum aufgespürt werden. Wie erstaunlich die Menschheit ist. Wir sind so fortschrittlich, dass wir die leisesten Geräusche aus dem All hören können, aber dort in Westerbork, ebenso wie in Dachau und Auschwitz, versagte die Menschheit, den ohrenbetäubenden Schrei Gottes zu hören: „Wo ist dein Bruder Abel?“ In unserem geschäftigen Leben können wir nicht hören, wie er uns sogar jetzt noch zuruft: „Adam, wo bist du?“ Schma Israel!

Doch manche haben während Hitlers Herrschaft in Deutschland zugehört, wie Pfarrer Theodor Dipper (1906-1967), der Dutzende anderer Pastoren im Raum Stuttgart anführte, um während des Holocaust Juden zu verstecken und zu retten – unter Einsatz ihres eigenen Lebens. Und Pastor Dietrich Bonhoeffer predigte regelmäßig gegen Hitler und sein irreführendes und böses Reich.

Gott spricht auch heute noch, durch Israel. Der Schweizer Theologe Karl Barth schrieb 1967, als Jerusalem nach dem Sechs-Tage-Krieg wiedervereint war: „Jetzt können wir es in den Zeitungen lesen: Gott hält seine Versprechen!“ Doch hören wir zu? Reagieren wir, wenn er spricht? Und handeln wir auf das hin, was wir hören und sehen? Schma Israel!

In den Tagen Elias sprach Gott durch drei Jahre verheerender Dürre zu seinem Volk. Das Leben wurde sehr schwer, als die Ernten verloren waren, Menschen verhungerten und kein lebenserhaltendes Wasser hatten. Sicherlich sind Menschen gestorben. Aber als Elias Stimme vom Berg Karmel erklang, heißt es: „Wie lange hinkt ihr auf beiden Seiten? Ist der HERR Gott, so wandelt ihm nach, ist's aber Baal, so wandelt ihm nach. Und das Volk antwortete ihm nichts.“ (1. Könige 18,21)

Hören wir zu?

Die Frage ist: Hören wir inmitten der gegenwärtigen Corona-Krise? Ich bin beunruhigt, wenn Menschen sagen, alles, was sie wollen und wofür sie beten, ist die Rückkehr zur Normalität, zu dem Leben, das sie vor Corona führten. Ein paar Tage, bevor die Corona-Pandemie über uns hereinbrach, sprach Gott zu uns bei der Christlichen Botschaft durch den Propheten Haggai. Dieser sah voraus, dass eine große Erschütterung über die Erde kommen würde. Es ist eine Zeit des göttlichen Neustarts, in der Gott uns zu ihm zurückruft, zu mehr Gebet, mehr Zeit in seiner Gegenwart und zu einer Neubewertung der Prioritäten in unserem Leben. Hören wir zu?

Schma Israel bedeutet für uns nicht nur zu hören, sondern auch zu handeln. Unser Hören muss sich in der praktischen Veränderung zeigen, wie wir mit unseren Nächsten umgehen, unseren Ehepartnern und Kindern oder wie wir unsere Zeit verbringen und unser Geld ausgeben. „Höre, Israel“ heißt, dass all unser Sein, unsere Kraft, unser Herz und unser Verstand in Liebe auf Gott ausgerichtet sind.

Denken wir daran, dass Schma Israel für Juden bedeutet, das Joch des Reiches Gottes auf sich zu nehmen. Es unterstellt uns somit einer höheren Autorität: Der Herr ist Gott, der Herr ist einer! Er ist der Schöpfer des Himmels und der Erde, er ist Ihr Schöpfer und mein Schöpfer. Er ist der König der Könige und der Herr der Herren. Deshalb beansprucht er, die ultimative Autorität über unser Leben zu haben – bis ins kleinste Detail. Doch er möchte das als liebender Vater tun, der unser Bestes will und weiß, was gut für jeden von uns ist.

Gleichzeitig ist er derjenige, der die Lebenden und die Toten richten und uns für jedes unnütze Wort zur Rechenschaft ziehen wird. Deshalb ist zuhören und entsprechend antworten am weisesten und vernünftigsten für unser aller Leben. Es ist dieser Ruf, den der Hebräerbrief an uns alle richtet: „Heute, wenn ihr seine Stimme hört, verhärtet eure Herzen nicht.“ (Hebräer 4,7).

Lassen Sie uns sowohl Hörer als auch Täter des Wortes Gottes sein! Schma Israel!

Sehen Sie hier einen Israelgottesdienst mit einer Predigt von Dr. Jürgen Bühler zum Thema "Schma Israel - Höre Israel!"


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