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Das Licht des Messias

Schätze des Hebräischen Denkens

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Posted on: 
10 Dez 2020
Das Licht des Messias

In der Advents- und Weihnachtszeit besinnen sich Christen weltweit auf die Geburt Jesu, der als Licht in die Welt gekommen ist, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht in der Finsternis bliebe (Johannes 12,46). Auch für das jüdische Volk, das des Wunders von Chanukka gedenkt, ist Licht ein zentrales Thema in dieser Jahreszeit. Licht ist ein in der Bibel immer wiederkehrendes Motiv, dem die Autoren des Alten Testaments eine tiefere Bedeutung zukommen ließen.

Foto: Pixabay, Chanukkia, Symbolbild

Das wahre Licht

Zu Beginn seines Evangeliums bezeichnet Johannes Jesus als „das wahre Licht, das alle Menschen erleuchtet“ (Johannes 1,9). Was der jüdische Leser im ersten Jahrhundert sofort verstand, ist vielen von uns heutzutage kaum bewusst. Johannes‘ Aussage über das „wahre Licht“ ist keine kunstvolle Dichtung oder gar ein neues theologisches Konzept. Stattdessen greift Johannes explizit die Wortwahl der Thora und der Propheten auf, die über den kommenden Messias weissagten.

Immer wieder spricht das Alte Testament von einem ewigen Licht, das bei Gott ist und Gott gleich ist. Wenn Johannes also sagt, Jesus sei „das wahre Licht“, erklärt er ohne Umschweife, dass Jesus ewig und von Gott ausgegangen ist. Sein anschließender Bericht über das Wirken Jesu – das Johannesevangelium – ist sein Plädoyer, mit dem er diese Aussage bekräftigt.

Es werde Licht

Sicherlich ist es kein Zufall, dass der Prolog des Johannesevangeliums stark an den Schöpfungsbericht erinnert. Johannes möchte seine Leser darauf hinweisen, dass er von demselben Licht berichtet, von dem bereits in den ersten Versen der Bibel die Rede ist. In 1. Mose 1,3 heißt es: „Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht.“ Dieses Licht, das offenbar wurde, war nicht das Licht der Sonne. Diese wurde erst am vierten Tag erschaffen. Rabbinische Schriften sind sich einig, dass es sich hier um das „Licht des Messias“ handelt, das bereits vor Erschaffung der Welt existiert hat.[1]

Bevor die Sonne war

Salomo bekräftigt dies in Psalm 72,17. Im hebräischen Urtext lesen wir dort: „Sein Name bleibe ewiglich; bevor die Sonne [war], möge sprossen [yinon] sein Name“. Im Midrasch, der rabbinischen Auslegung biblischer Schriften, heißt es, dass der König, von dem Psalm 72 spricht, mit dem Spross Isais aus Jesaja 11,1-4 identisch sei. Der Name dieses Königs sei demnach yinon („möge sprossen“) und yinon habe bereits vor Erschaffung der Sonne existiert.

Die Erkenntnis, dass Jesus nicht erschaffen wurde, sondern bei der Schöpfung präsent war, ist somit keine speziell „christliche“ Offenbarung. Jüdische Gelehrte hatten bereits anhand der Schriften erkannt, dass der kommende Messias ewigen Ursprungs sein würde. Nach rabbinischer Tradition hat Gott ihn jedoch verborgen.[2] Möglicherweise spielt der Apostel Paulus auf genau diese Überlieferung an, als er in Kolosser 1,26 Jesus das „Geheimnis“ nennt, das „verborgen war seit ewigen Zeiten und Geschlechtern“.

Bei ihm wohnt das Licht

Auch im Buch Daniel finden wir eine bemerkenswerte Aussage über das „wahre Licht“. Als Daniel und seine Freunde in einer gemeinsamen Gebetsnacht Gott baten, ihnen Nebukadnezars Traum zu offenbaren, antwortete Gott ihnen durch eine Vision. In seinem anschließenden Lobpreis sagte Daniel dann: „Er offenbart das Tiefe und das Verborgene; er weiß, was in der Finsternis ist, und bei ihm wohnt das Licht.“ (Daniel 2,22, ELB) Es ist einleuchtend, dass Daniel sich hier nicht auf physisches Licht bezieht, sondern auf jenes Licht, dass die Rabbiner das „Licht des Messias“ nennen. Im aramäischen Urtext wird Licht mit nehora wiedergegeben. Die jüdischen Gelehrten sind sich einig, dass nehora, Licht, einer der geheimen Namen des Messias ist. Somit bestätigt Daniel 2,22, dass der Messias ewig ist und bei Gott wohnt.

Zions Licht

Andere Weissagungen in der Bibel bezeichnen Gott selbst als das Licht und bekräftigen somit den göttlichen Ursprung des Messias. David nennt den HERRN, also Jahwe, „mein Licht und mein Heil [Jeschua]“ (Psalm 27,1).Jesaja verkündet in seiner Vision von der künftigen Herrlichkeit Zions, dass Gott selbst Zions Licht sein wird: „Die Sonne soll nicht mehr dein Licht sein am Tage, und der Glanz des Mondes soll dir nicht mehr leuchten, sondern der HERR wird dein ewiges Licht und dein Gott wird dein Glanz sein. Deine Sonne wird nicht mehr untergehen und dein Mond nicht den Schein verlieren; denn der HERR wird dein ewiges Licht sein, und die Tage deines Leidens sollen ein Ende haben.“ (Jesaja 60, 19-20) Der Apostel Johannes berichtet ähnliches in seiner Offenbarung über das himmlische Jerusalem. Er sagt voraus, dass das Lamm Gottes - der Messias - die himmlische Stadt erleuchten wird(Offenbarung 21,23 + 22,5).

Das Licht der Heiden

Jesaja spricht auch von dem Gottesknecht, den Gott „zum Bund für das Volk, zum Licht der Heiden“ bestimmt hat (Jesaja 42,6). Bis ins Mittelalter waren die jüdischen Gelehrten der Ansicht, dass der Messias dieser Gottesknecht und damit das „Licht der Heiden“ sei. Erst Raschi, der bedeutende jüdische Gelehrte Rabbi Schlomo ben Jizchak aus dem 11. Jahrhundert, der das heutige rabbinische Judentum stark beeinflusst hat, brachte eine neue Interpretation dieser Verse. Er sagte, allein Israel sei der Gottesknecht und somit auch das Licht der Heiden.

Dass diese Sichtweise im ersten Jahrhundert jedoch noch nicht vorherrschend war, bekräftigt die Weissagung Simeons über den neugeborenen Jesus. Als Josef und Maria ihn in den Tempel brachten, sagte Simeon: „Denn meine Augen haben dein Heil [Jeschua] gesehen, das du bereitet hast im Angesicht aller Völker: ein Licht zur Offenbarung für die Nationen und zur Herrlichkeit deines Volkes Israel.“ (Lukas 2,30-32, ELB) Simeon, ein gerechter und gottesfürchtiger Mann, auf dem der Heilige Geist war (Lukas 2,25), war vertraut mit der damals geläufigen Ansicht, dass der Messias, auf den er sein Leben lang gewartet hatte, das Licht der Heidenvölker sein würde.

Ich bin das Licht der Welt

Dies bezeugte Jesus auch von sich selbst: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ (Johannes 8,12) Seine jüdischen Zuhörer verstanden sofort, dass dieser galiläische Wanderprediger, der Zimmermann aus Nazareth, mit diesen Worten den Anspruch stellte, nehora, der in Jesaja verheißene Gottesknecht, der Messias zu sein, der bereits vor Erschaffung der Sonne existiert hatte.

Jesus sagte in Johannes 5,39, dass die Schriften - also das Alte Testament - von ihm zeugen. Es sind die Weissagungen des Alten Testaments und ihre Erfüllung in Jesus, die dem Neuen Testament Autorität verleihen. Ohne die Voraussagungen der Propheten und der Thora wären Johannes‘ Worte vom „wahren Licht“ nichts weiter als eine poetische Formulierung gewesen und Jesu Aussage, das „Licht der Welt“ zu sein, hätte keine tiefere Bedeutung.

Ihr seid das Licht der Welt

Während des jüdischen Chanukka-Fests erinnert sich das jüdische Volk an die Wiedereinweihung des Jerusalemer Tempels nach dem erfolgreichen Makkabäer-Aufstand gegen die Griechen im Jahre 164 v. Chr. Nachdem sie den heidnischen Zeus-Altar aus Gottes Heiligtum entfernt hatten, stellten die Juden fest, dass der Vorrat an geweihtem Öl, das für den siebenarmigen Leuchter im Tempel – die Menora – bestimmt war, nur noch für einen Tag ausreichen würde. Durch das „Wunder von Chanukka“ brannte es jedoch acht Tage lang – so lange dauerte es, neues geweihtes Öl herzustellen. Somit konnten sie Gottes Gebot erfüllen, wonach die Menora beständig brennen sollte (3. Mose 24,2-3).

Jesus, das Licht

Die Menora ist wie der Tempel selbst „ein Schatten des Zukünftigen“ (Kolosser 2,17). Sie symbolisiert den Messias, das „wahre Licht, dass alle Menschen erleuchtet“ (Johannes 1,9). In Matthäus 5,14 bezeichnet Jesus uns - seine Jünger – ebenfalls als „das Licht der Welt“. Wir sind aufgefordert, licht zu werden, denn unser Licht – Jesus, der Messias – ist gekommen. „So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“ (Matthäus 5,16)

Seien auch Sie ein Licht und schicken Sie der jüdischen Gemeinde in Ihrem Ort eine Karte zu Chanukka - als Zeichen der Solidarität von Christen mit unseren jüdischen Mitbürgern! Bitte beten Sie auch für das Wohlergehen der jüdischen Gemeinschaft in Deutschland.

[1]Pesikta Rabbati 61.1; Jalkut Schimoni 56

[2]Pesikta Rabbati 36.1


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