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„Sicherheitsentwicklungen“ in Israel: Netanjahu verkürzt Berlin-Besuch

ICEJ-Nachrichten vom 15. März 2023

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Posted on: 
15 Mär 2023
„Sicherheitsentwicklungen“ in Israel: Netanjahu verkürzt Berlin-Besuch

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu wird seinen heute Abend beginnenden Besuch in Berlin verkürzen. Grund seien „Sicherheitsentwicklungen“ in Israel. Diese sollen in Zusammenhang mit einem Sprengstoffanschlag am Montag stehen, bei dem ein Mann schwer verletzt wurde. Ein am Straßenrand platzierter Sprengsatz war neben dem Auto des Israelis explodiert. Der 21-Jährige aus der arabischen Ortschaft Salem (Nordisrael) erlitt zahlreiche Splitterwunden am ganzen Körper und schwebt weiterhin in Lebensgefahr. Die Explosion ereignete sich nahe Megiddo. Mindestens ein weiterer, nicht näher bezeichneter Vorfall soll sich nahe der Grenze zum Libanon ereignet haben. Die israelische Regierung hat eine Informationssperre verhängt. Hochrangige Sicherheitsbeamte sind in den letzten Tagen wiederholt zu Besprechungen zusammengekommen. (Foto: GPO/Amos Ben Gershom, Benjamin Netanjahu (Ausschnitt), Archivbild 2019)

Schwerverletzte bei Anschlag in Tel Aviv, weitere Anschläge vereitelt

Am Donnerstag wurden bei einem Terroranschlag in Tel Aviv drei Israelis verletzt. Eines der Opfer (32) wurde lebensgefährlich verletzt, die anderen beiden (34 und 36) erlitten schwere bzw. mittelschwere Verletzungen. Der Terrorist, ein 23-jähriger Palästinenser aus dem Westjordanland, schoss auf der Dizengoff-Straße, eine beliebte Ausgehmeile in der Küstenmetropole, aus nächster Nähe auf die drei Männer. Er wurde von bewaffneten Passanten erschossen. Die islamistische Terrororganisation Hamas erklärte, der Terrorist sei einer ihrer Kämpfer gewesen. Er war Medienberichten zufolge bereits zwei Mal in Israel inhaftiert und hielt sich zum Zeitpunkt des Anschlags illegal in Israel auf. In der orthodox-jüdischen Ortschaft Beitar Illit, nahe Bethlehem, wurde am Donnerstagabend eine selbstgebastelte Bombe in einem Bus gefunden. Der Terrorist, der den Sprengsatz platziert haben soll, wurde inzwischen im palästinensischen Nachbarort Battir verhaftet. Am Freitagmorgen drang ein mit Messern und Sprengsätzen bewaffneter Palästinenser (21) in eine Farm nahe Karnei Schomron (Judäa und Samaria) ein. Er wurde vom Besitzer der Farm erschossen. Israelische Sicherheitskräfte stellten mindestens zehn Sprengsätze sicher.

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Studie: Härteres Vorgehen gegen rechte Aufmärsche gefordert

Die Amadeu Antonio Stiftung (Heidelberg) und die jüdische Organisation B’nai B’rith International (New York) fordern ein entschlosseneres Vorgehen gegen rechtsextreme Aufmärsche in Europa. In ihrer Studie On Europe’s Streets: Annual Marches Glorifying Nazism, die am Dienstag in Brüssel vorgestellt wurde, analysieren Experten zwölf jährliche Aufmärsche in verschiedenen EU-Ländern, bei denen „Nazismus und Faschismus“ verherrlicht werden. „Gemeinsamer Nenner“ dieser Aufmärsche seien „Antisemitismus, Holocaustleugnung und -relativierung sowie die Verherrlichung von Nazi-Kriegsverbrechern und ihrer Kollaborateure“, heißt es in der Studie. Neben dem „Rudolf-Heß-Gedenkmarsch“ in Wunsiedel wird auch der „Trauermarsch zur Bombardierung von Dresden“ analysiert. Dort wird die Bombardierung Dresdens 1944-1945, bei der rund 25.000 Menschen ums Leben kamen, immer wieder als „Bombenholocaust“ dargestellt. „Die Demonstranten missbrauchen den Begriff ‚Holocaust‘ und schaffen falsche Gleichwertigkeiten, indem sie die die Täter des Holocaust und des Nazi-Angriffskriegs als Opfer darstellen. Damit fördern sie eine verzerrte rechtsextreme Erinnerungskultur.“ Der seit dem Jahr 2000 stattfindende Marsch zieht demnach auch Neonazis aus anderen Ländern an und galt zwischen 2002 und 2010 als größter Neonazi-Aufmarsch in Europa. Der Marsch werde von den Behörden „als legitime politische Demonstration angesehen“. „Neonazis dürfen mit brennenden Fackeln und mit revisionistischen Transparenten marschieren.“ Die Organisationen betonen, die EU-Mitgliedstaaten seien „verpflichtet, die Verbreitung von Hass und die Unterstützung totalitärer Regime und Ideologien strafrechtlich zu verfolgen“. Der notwendige rechtliche Rahmen sei bereits vorhanden. „Ein konzertiertes Vorgehen gegen Aufmärsche, die den Nazismus und Faschismus verherrlichen, kann eine dauerhafte positive Wirkung haben und den jüdischen Gemeinden in Europa [und anderen marginalisierten Gruppen] ein Gefühl der Sicherheit vermitteln.“

Israel: Streit um Polizeiminister, Polizeipräsident

Israels Polizeipräsident Kobi Schabtai hat Polizeichefs angewiesen, direkten Kontakt zu Itamar Ben-Gvir, Minister für nationale Sicherheit und somit auch Polizeiminister, zu vermeiden. Das berichteten israelische Medien am Montag. Zuvor soll Ben-Gvir entgegen der üblichen Befehlskette mehrere Polizeichefs kontaktiert und unter Druck gesetzt haben, bei Protesten gegen die geplante Justizreform härter gegen Demonstranten vorzugehen. Schabtai war vergangene Woche selbst in die Kritik geraten, nachdem er die Versetzung des Polizeichefs von Tel Aviv, scheinbar auf Betreiben Ben-Gvirs, angeordnet hatte. Israels Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara stoppte die Versetzung, da sie eine mögliche unzulässige politische Einflussnahme vermutete. Ben-Gvir reichte daraufhin beim Obersten Gerichtshof Beschwerde gegen Baharav-Miara ein.

Rücktrittforderungen

Am Freitag forderten fünf ehemalige Polizeipräsidenten den Rücktritt Schabtais und warfen ihm vor, „mit einem verurteilten Kriminellen zusammengearbeitet“ zu haben, „um die politischen Launen eines Ministers zu befriedigen“. Ben-Gvir war 2007 wegen Anstachelung zum Hass sowie Unterstützung einer terroristischen Vereinigung verurteilt worden. Die ehemaligen Polizeipräsidenten hatten vergangene Woche auch die Amtsenthebung Ben-Gvirs gefordert. „Der Minister, der von Anfang an nicht über die für eine derart komplexe Aufgabe erforderliche Erfahrung verfügte, handelt entgegen der ihm gesetzmäßig zugestandenen Befugnisse und mischt sich in operative Entscheidungen ein“, hieß es in einem Schreiben an Premierminister Benjamin Netanjahu. Ben-Gvir benutze die Polizei für politische Zwecke und riskiere zudem eine Gewalteskalation während des Ende März beginnenden muslimischen Fastenmonats Ramadan, sagten sie. Ben-Gvir bezeichnete die Unterzeichner des Schreibens als „gescheiterte Polizisten“, die Polizei und nationale Sicherheit „zerstört“ hätten.

Saudi-Arabien, Iran: Wiederaufnahme der Beziehungen

Der Iran und Saudi-Arabien haben am Freitag die Wiederaufnahme bilateraler Beziehungen bekanntgegeben. Die beiden Erzrivalen wollen innerhalb der nächsten zwei Monate ihre Botschaften im jeweils anderen Land wiedereröffnen und vor mehr als 20 Jahren geschlossene Vereinbarungen in den Bereichen Wirtschaft und Sicherheit umsetzen. Die Wiederannäherung erfolgte unter Vermittlung Chinas. Das sunnitische Saudi-Arabien hatte 2016 die Beziehungen zum schiitischen Iran abgebrochen, nachdem Demonstranten das Gelände der saudischen Botschaft in Teheran gestürmt und teilweise in Brand gesetzt hatten. Der Protest richtete sich damals gegen die Hinrichtung eines schiitischen Geistlichen durch Saudi-Arabien. Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) hatten bereits im vergangenen Jahr wieder Beziehungen zum Iran aufgenommen. Bahrain, wie die VAE ein Unterzeichner der Abraham-Abkommen, hat ebenfalls Interesse an erneuerten Beziehungen zum Iran signalisiert.

Reaktion in Israel

Angesichts der Bedrohung durch eine iranische Atombombe galt Saudi-Arabien als ein möglicher regionaler Verbündeter Israels. Auch über einen bevorstehenden Beitritt Saudi-Arabiens zu den Abraham-Abkommen wurde immer wieder spekuliert. Noch wenige Tage vor der Ankündigung vom Freitag berichtete das Wall Street Journal, Saudi-Arabien versuche, US-amerikanische Sicherheitsgarantien und Unterstützung für ein ziviles Atomprogramm zu erhalten, im Gegenzug zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Israel. Ein hochrangiger Regierungsbeamter aus dem Umfeld von Premierminister Benjamin Netanjahu erklärte am Wochenende, die Annäherung Saudi-Arabiens an Israels Erzfeind Iran sei eine Folge der „Schwäche“ der US-Regierung und der vorherigen israelischen Regierung unter der Führung von Naftali Bennett und Jair Lapid. Der jetzige Oppositionsführer Lapid warf hingegen Netanjahu „diplomatische Vernachlässigung“ vor und beschuldigte ihn, sich stattdessen „juristischem Wahnsinn“ zu widmen. Umer Karim von der Universität Birmingham und Kenner der saudischen Politik erklärte, „die Saudis können zurzeit keinen Nutzen aus einer schnellen Normalisierung ihrer Beziehungen zu Israel ziehen“. Insbesondere das Vorgehen Israels gegen Terror-Gruppen im Westjordanland (Judäa und Samaria) würden eine öffentliche Annäherung in naher Zukunft unwahrscheinlich machen, sagte er.

 


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Quellen: u.a. AFP, AP, Arutz 7, BILD, CNN, DPA, Ha'aretz, IMRA, i24, IDF, Israel21c, Israelinsider, JCPA, Jediot Acharonot, Jerusalem Post, MAARIV, n-tv, Reuters, Spiegel Online, The Times of Israel, Welt Online, Ynetnews, Zeit Online.

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