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27. Januar: Knesset-Sprecher im Bundestag

ICEJ-Nachrichten vom 27. Januar 2022

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27 Jan 2022
27. Januar: Knesset-Sprecher im Bundestag

Knesset-Sprecher Mickey Levy hat am heutigen Donnerstag in der Gedenkstunde des Deutschen Bundestags für die Opfer des Nationalsozialismus gesprochen. Er mahnte, die Erinnerung an den Holocaust wachzuhalten, sei die Pflicht jeder Generation. In Hinblick auf die Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942 sagte er:„Vor achtzig Jahren und sieben Tagen plante man, das jüdische Volk vom Angesicht der Erde zu tilgen. Seitdem hatten wir das Vorrecht, die Wiederherstellung unseres Volkes und den Wiederaufbau unseres historischen Heimatlandes – desStaatesIsrael - zu sehen.“ Er lobte die Bundesrepublik Deutschland, die „immer wieder ihre ethische und historische Verpflichtung gegenüber der Existenz und der Sicherheit des Staates Israel bewiesen“ habe. Israel und Deutschland müssten aber auch gemeinsam eine Zukunft schaffen, „die sich auf gemeinsame Werte und Träume stützt.“ Am Ende seiner Rede rezitierte Levy unter Tränen das Kaddisch, das traditionell zum Totengedenken zitierte jüdische Heiligungsgebet, aus einem Gebetsbuch, das ein deutsch-jüdischer Junge 1938 bei seiner Bar Mitzwa verwendet hatte.

Foto: Screenshot/Facebook: Mickey Levy spricht vor dem Deutschen Bundestag, 27. Januar 2022

Schneesturm in Jerusalem

Ein Schneesturm hat Jerusalem in der Nacht zum heutigen Donnerstag eine knapp zehn Zentimeter hohe Schneedecke beschert. Am Donnerstagmorgen waren verschiedene Zufahrtsstraßen in die Hauptstadt gesperrt, darunter die Autobahn 1 zwischen Jerusalem und Tel Aviv und die Landstraße 443 zwischen Jerusalem und Modi’in. Der Betrieb der Bahnverbindung Jerusalem-Tel Aviv lief jedoch weiter. Die Schulen blieben geschlossen. Der öffentliche Personennahverkehr war bereits am Mittwochabend eingestellt worden, mit Ausnahme der Straßenbahn. In der Nacht waren 250 Schneepflüge im Einsatz, etwa 150 Tonnen Salz wurden gestreut. Auch in Nordisrael, wo es bereits am Mittwoch zu schneien begonnen hatte, waren am Donnerstag Dutzende Straßen gesperrt. Im Februar 2021 fielen in Jerusalem bis zu 15 Zentimeter Schnee, 2013 deckte ein Blizzard Jerusalem mit einer rund 30 Zentimeter dicken Schneedecke ein.

2021: Antisemitischstes Jahr seit 10 Jahren

2021 ist das Jahr mit den meisten antisemitischen Zwischenfällen der letzten zehn Jahre gewesen. Das geht aus dem aktuellen Antisemitismus-Bericht hervor, den die World Zionist Organisation (WZO) und die Jewish Agency jedes Jahr anlässlich des Internationalen Holocaustgedenktags (27. Januar) veröffentlichen. Im Durchschnitt wurden letztes Jahr mindestens zehn antisemitische Übergriffe am Tag verübt. Die Dunkelziffer wird jedoch viel höher geschätzt, da davon auszugehen ist, dass viele Vorfälle nicht gemeldet wurden. Bei den meisten Vorfällen handelte es sich um Schmierereien, Schändungen, Vandalismus und Propaganda. Körperliche und verbale Gewalt machten ein Drittel der Vorfälle aus. Besonders viele antisemitische Zwischenfälle wurden im Monat Mai verzeichnet, in den zahlreiche spannungsgeladene Ereignisse fielen, u.a. der Hamas-Raketenkrieg, das Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan, der Al-Quds-Tag sowie eine Eskalation im Streit um Räumungsklagen gegen palästinensische Familien in Ostjerusalem. Knapp die Hälfte der antisemitischen Vorfälle ereignete sich in Europa, 30% in den USA. In Österreich verdoppelten sich die Vorfälle von 257 im Vorjahr auf 562.In Deutschland wurden allein in den ersten zehn Monaten des Jahres fast so viele Übergriffe gemeldet (1.850), wie 2020 insgesamt (1.909). In New York verdoppelten sich die antisemitischen Zwischenfälle von 252 auf 503. In Großbritannien wurde ein Anstieg um rund 50% verzeichnet, von 875 auf 1308. Wie bereits 2020 waren auch vergangenes Jahr antisemitische Verschwörungstheorien in Verbindung mit der Covid-19-Pandemie zu beobachten. Dies geschah in Zusammenhang mit den Corona-Impfstoffen sowie mit den Impfkampagnen. Bei zahlreichen Demonstrationen waren u.a. gelbe Sterne zu sehen, eine Zwangskennzeichnung für Juden in Nazi-Deutschland. „Der Gebrauch dieser Symbole hat ein besorgniserregendes Phänomen namens ‚Trivialisierung des Holocaust‘ geschaffen, mit dem Ziel, die Ausmaße des Holocaust und seine historische Einzigartigkeit und Bedeutung zu schmälern“, heißt es in dem Bericht.

Jüdische Israelis: Düstere Zukunft für Juden in Europa

53% der jüdischen Israelis gehen davon aus, dass sich die Situation für Juden in Europa in naher Zukunft verschlechtern wird. Das ergab eine Umfrage der Hebräischen Universität Jerusalem unter rund 1.000 jüdischen und arabischen Israelis. 25% der jüdischen Israelis waren der Ansicht, die Situation werde unverändert bleiben, eine Meinung, die 52% ihrer arabischen Landsleute teilten. 20% der arabischen Israelis erwarten eine Verbesserung der Situation für Juden in Europa. Als antisemitischstes europäisches Land bezeichneten rund 39% aller Befragten Frankreich, 33% Polen und 15% Deutschland. Dabei schien u.a. die religiöse Zugehörigkeit der Umfrageteilnehmer eine Rolle zu spielen. Demnach sehen ultraorthodoxe Juden Deutschland als antisemitischstes Land, traditionelle und nationalreligiöse Juden gaben mehrheitlich Frankreich an, säkulare Juden mehrheitlich Polen. Arabische Israelis sehen Polen und Deutschland als die antisemitischsten Länder Europas. Dass Frankreich die Liste anführe, sei nicht überraschend, erklärte Prof. Gisela Dachs, die die Umfrage in Auftrag gegeben hatte. „Seit langem ist es ein offenes Geheimnis, dass Antisemitismus in Frankreich weit verbreitet ist - nicht nur unter den Politikern und der Bevölkerung, die politisch rechts stehen.“ Ein Drittel der jüdischen Israelis war der Ansicht, dass Kritik an Israel intrinsisch antisemitisch sei, mehr als die Hälfte gab an, dass es „manchmal“ eine Verbindung zwischen Israel-Kritik und Antisemitismus gebe.

Israel: Zuhause von 165.800 Holocaustüberlebenden

In Israel leben noch rund 165.800 Holocaustüberlebende. Das geht aus einem Bericht des israelischen Ministeriums für soziale Gerechtigkeit und Rentner hervor, der diese Woche veröffentlicht wurde. Als Holocaustüberlebende gelten in Israel Personen, die Nazi-Deutschland „ausgesetzt“ waren, d.h. Personen, die unter der direkten Herrschaft der Nationalsozialisten, in von Nazi-Deutschland besetzten oder mit dem Nazi-Regime verbündeten Ländern lebten oder von dort flohen. Etwa 19% der Holocaustüberlebenden sind älter als 90 Jahre, mehr als 950 sind mindestens 100 Jahre alt. Rund 40% der Überlebenden waren vor 1951 nach Israel immigriert, mehr als ein Drittel von ihnen wanderten in den 1990er Jahren aus der ehemaligen Sowjetunion nach Israel ein. 64% stammen aus Europa, einschließlich 59.900 aus der ehemaligen Sowjetunion, 19.100 aus Rumänien, 8.900 aus Polen, 4.500 aus Bulgarien, 2.400 aus Ungarn und 2.300 aus Deutschland. Die übrigen 36% stammen aus Nordafrika und dem Nahen Osten, darunter 30.600 aus Algerien und Tunesien sowie 18.000 aus dem Irak. Während des Zweiten Weltkriegs befanden sich Teile Nordafrikas unter der Kontrolle Nazi-Deutschlands und seiner Verbündeten. 1941 wurden Juden im Irak Opfer der Farhud-Pogrome, die als nationalsozialistisch inspiriert gelten.

Yad Vashem: 27. Januar ein besonderer Tag für Christen

Dani Dayan, Vorstandsvorsitzender der Internationalen Holocaustgedenkstätte Yad Vashem (Jerusalem), hat Christen weltweit dazu aufgerufen, den 27. Januar als einen besonderen Tag zu begehen. „Der 27. Januar sollte für jede anständige Person auf der Welt kein Tag wie jeder andere sein. Er sollte ein Tag des Gedenkens, des Gebets und ein Tag sein, an dem Christen Antisemitismus entgegentreten und überlegen, wie die Beziehungen zum jüdischen Volk und dem Staat Israel gestärkt werden können.“ In seinem Gespräch mit ICEJ-Präsident Dr. Jürgen Bühler (Jerusalem) während ENVISION, der Online-Konferenz der ICEJ für Pastoren und christliche Leiter, lud Dayan Christen ein, nach Jerusalem zu kommen und Yad Vashem zu besuchen. „Ich höre es immer wieder: ein Besuch in Yad Vashem ist eine lebensverändernde Erfahrung. Nicht nur im Hinblick auf Holocaust-Aufklärung, sondern auch in geistlicher Hinsicht.“ Die Halle der Namen sowie die Allee der Gerechten unter den Völkern seien zwei der „heiligsten Stätten in Jerusalem“. Dr. Bühler pflichtete ihm bei und berichtete, wie sein erster Besuch in Yad Vashem seinen Lebensweg maßgeblich beeinflusst hatte. „Als ich die Ausstellung besuchte und sah, was Christen, was Deutsche dem jüdischen Volk angetan hatten, berührte das mein Herz in einer unbeschreiblichen Weise.“ Dani Dayan wurde im August 2021 zum Vorstandsvorsitzenden Yad Vashems ernannt. Zuvor diente der ehemalige Hightech-Unternehmer als Israels Generalkonsul in New York und war Vorsitzender des Jescha-Rats, der politischen Dachorganisation für die Selbstverwaltung jüdischer Ortschaften in Judäa und Samaria. Die Hauptstelle der ICEJ in Jerusalem beging den Internationalen Holocaustgedenktag mit einer Kranzniederlegung in der Halle der Erinnerung in Yad Vashem.
 


 

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