Ihre Wurzeln reichen weit zurück in die biblische Geschichtsschreibung – während die Legende sie als Nachfahren König Salomos und der Königin von Saba bezeichnet, sehen andere sie als Nachkommen des verlorenen Stammes Dan. Fakt ist, dass diese Volksgruppe seit Jahrtausenden von einer tiefen Sehnsucht nach Jerusalem beseelt ist und seit Urzeiten jüdische Bräuche pflegt – die Rede ist von der jüdischen Bevölkerung Äthiopiens. Nachdem Israel in den aufsehenerregenden Operationen Moses und Salomo in den achtziger und neunziger Jahren Zehntausende von ihnen in das Land ihrer Vorväter zurück gebracht hat, scheint nun das letzte Kapitel dieser beispiellosen „Völkerwanderung“ angebrochen zu sein. Ende 2010 entschied die Regierung in Jerusalem, die letzte Gruppe von 8700 Falash Mura (zwangschristianisierten Afrikaner ursprünglich jüdischen Glaubens) aus der nordäthiopischen Stadt Gondar heimzuholen. Dieser Prozess kann bis zu vier Jahre dauern und wird viele auseinander gerissene Familien wieder vereinen. Danach soll sich die Tür zurück nach Zion für immer schließen.
Eile ist geboten
Während eine große Hungersnot 1984 und der Bürgerkrieg in Äthiopien 1991 die Israelis bei den Operationen Mose und Salomo zu schnellem Handeln drängten, ist auch jetzt Eile geboten. Viele der Ausreisewilligen bedürfen dringend medizinischer und humanitärer Hilfe. Die anhaltende Dürreperiode, unter der Israel seit mehreren Jahren zu leiden hat, betrifft auch Äthiopien. In Gondar, wo die meisten Falash Mura leben, ist es bereits zu Versorgungsengpässen gekommen. Zusätzlich geben die Revolutionen in Nordafrika Anlass zur Sorge – sie könnten auch auf Äthiopien übergreifen und dort erneut für politische Instabilität sorgen.
Die Jewish Agency hat die Internationale Christliche Botschaft daher gebeten, die Heimkehr der letzten äthiopischen Juden zu unterstützen. Bitte helfen Sie uns dabei! Zweimal im Monat werden je 100 Falash Mura nach Israel ausgeflogen, ein Flugticket kostet 450 Euro. Bitte helfen Sie uns, einen kompletten Flug in diesem Sommer zu finanzieren, damit Israels Söhne und Töchter auf „Adlerschwingen“ nach Hause gebracht werden können! Zum Spendenportal (ICEJ Deutschland)
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Hilfsprojekte der ICEJ
Die ICEJ unterstützt die äthiopisch-jüdische Gemeinschaft in Israel seit vielen Jahren. Im Folgenden ein kurzer beispielhafter Überblick über einige unserer Hilfsprojekte.
Medizinische Hilfe
Nach der Operation Salomo, dem dramatischen Lufttransport von fast 15 000 äthiopischen Juden nach Israel, der nur 36 Stunden dauerte, fanden sich diese Neubürger 1991 in einer ihnen völlig fremden Kultur wieder. Die ICEJ-Sozialabteilung konnte ihren Integrationsprozess aktiv unterstützen, insbesondere durch die Hilfe des amerikanischen Arztes Dr. Campbell Millar und seiner Frau Ferne. Beide hatten zuvor in Äthiopien unter Leprakranken gearbeitet, beherrschten die Landessprache Amharisch und wurden nun für die ICEJ in Jerusalem aktiv. Zusätzlich zu medizinischer Betreuung durch die Millars und Leprafrüherkennung finanzierte die ICEJ zwei Tukuls (äthiopische Versammlungsstätten) in Beit Schean, und half den Neuankömmlinge mit Haushaltsgegenständen und bei der Arbeitssuche.
Psychotherapeutische Unterstützung
Heute unterstützt die ICEJ das Israelische Zentrum für Psychotrauma in seiner Behandlung äthiopischer Einwanderer. Tausende unternahmen Anfang der achtziger Jahre den langen und gefährlichen Fußmarsch von Äthiopien in den Sudan, von wo aus sie dann im Rahmen der Operation Mose nach Israel ausgeflogen wurden. Hunger, Krankheit, wilde Tiere und Räuber rafften ca. 4000 von ihnen auf diesem drei- bis vierwöchigen Wüstentreck dahin, die Übrigen kamen traumatisiert in Israel an. Zusätzlich mussten sie nun mit dem Kulturschock in Israel fertigwerden. In einem Projekt, das die ICEJ unterstützt, filmt das Zentrum für Psychotrauma die Geschichte der einzelnen und hilft ihnen dabei, ihre schwierige Vergangenheit aufzuarbeiten.
Hilfsprogrammefür Jugendliche
Ein weiteres Hilfsprojekt der ICEJ für äthiopische Juden konzentriert sich auf Jugendliche, die ihre familiären Wurzeln gekappt haben, um besser in die moderne israelische Gesellschaft zu passen.Viele werden als hoch gefährdet eingestuft und werden straffällig. Da ihre Eltern es nicht geschafft haben, Hebräisch zu lernen und eine gut bezahlte Arbeit zu finden, verlieren die Jugendlichen oft den Respekt. 70% der ca. 120 000 äthiopischen Juden in Israel leben unter der Armutsgrenze, viele Jugendliche beenden die Schule nicht und rutschen in die Kriminalität ab. Die ICEJ arbeitet mit Scha’ale Tikwah zusammen, einem Programm, das diesen Jugendlichen spezielle Nachhilfe anbietet und durch besonders ausgebildete Sozialarbeiter zwischen ihnen und ihre Eltern vermittelt. Bisher hat noch kein Jugendlicher das Programm abgebrochen.
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Historischer Hintergrund
Dr. Jacques Faitlovich
Ein Wegbereiter der äthiopischen Alijah
Als erster Besucher aus dem Westen kam der schottische Entdecker James Bruce 1769 mit der jüdischen Gemeinschaft in Äthiopien bzw. dem damaligen Abessinien in Kontakt. Ein Jahrhundert später war der französische Orientalist Prof. Joseph Halevy der erste Jude, der die dortigen Glaubensgenossen besuchte. Ihm gelang es jedoch nicht, die äthiopischen Juden näher an die weltweite jüdische Gemeinschaft heran zu führen. Erst Halevys Schüler, dem polnischen Orientalisten Dr. Jacques Faitlovich (1881-1955) , gelang es Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts die Verbindung zu stärken und einen Gesinnungswandel bei den äthiopischen Juden herbeizuführen – er ebnete in gewisser Weise den Weg dieser Gemeinschaft zurück nach Zion.
Ein Pole unter Äthiopiern
In seinem Artikel „Ein Pole unter Äthiopiern“ beschreibt der Haaretz-Journalist Ofer Aderet Leben und Wirken Faitlovichs. Der Orientalist besuchte Abessinien als junger Mann zum ersten Mal im Jahr 1904. Aus Zeitungsberichten geht hervor, dass Baron Edmond de Rothschild die Reise finanzierte, damit Faitlovichs „nach schwarzen Juden suchen“ konnte. Der europäische Gelehrte, der an der Pariser Sorbonne studiert hatte, verblüffte den äthiopischen Kaiser Menelik II damit, dass er die Landessprachen perfekt beherrschte und ihm eröffnete, dass die äthiopisch-jüdischen Stämme mit den weißen Juden in anderen Teilen der Welt verwandt seien. Er selbst sagte mehrere Jahre später in einem Interview mit der hebräischen Zeitung Hatzfira (Warschau): „Als ich 1904 zum ersten Mal kam, wollten sie (die äthiopischen Juden) mir nicht glauben, dass ich auch ein Jude bin. Erst nach einer Weile konnte ich ihnen beweisen, dass es noch viel mehr Juden auf der Welt gibt. Seitdem wollten sie diesen Juden näher kommen.“
Die Brücke zur jüdischen Welt
Faitlovich unternahm zahlreiche diplomatische Initiativen im Namen der äthiopisch-jüdischen Gemeinschaft und informierte Juden in anderen Ländern und den Rest der Welt über ihre Existenz. Er eröffnete zwei hebräische Schulen, eine davon in Addis Abeba, wo er sich bemühte den äthiopischen Juden das rabbinische Judentum näher zu bringen, das ihnen unbekannt war. Er lehrte sie jüdische Geschichte und bemühte sich auch, ihre eigenen religiösen Traditionen zu bewahren. Vor dem Ersten Weltkrieg schickte er eine Gruppe junger Äthiopier zum Studium nach Europa und Palästina. Faitlovich bekämpfte den Einfluss protestantischer Missionare, die sich ihrerseits über den „französischen Missionar“ beschwerten. In seinem Buch beschreibt er, dass die Falascha mittels Zwangsarbeit für hochrangige äthiopische Beamte gezwungen wurden, jüdische Bräuche aufzugeben, Widerstand wurde schwer bestraft.
Wegbereiter und Archivar
Aufgrund seiner guten Kontakte zur äthiopischen Regierung arbeitete Faitlovich während des Zweiten Weltkrieges zunächst für das äthiopische Bildungsministerium und wurde schließlich Berater der äthiopischen Botschaft in Kairo. Ab 1947 setzte er sich aktiv für die äthiopische Alijah in das britische Mandatsgebiet Palästina ein. Er war 1955 der erste, der eine organisierte Gruppe junger äthiopischer Juden in den neu gegründeten Staat Israel brachte. Die zwölf jungen Äthiopier studierten im Kfar-Batja-Jugenddorf Hebräisch und Judaismus, bevor sie als Lehrer nach Afrika zurückkehrten. Faitlovich verbrachte seine letzten Lebensjahre in Tel-Aviv, wo er 1955 verstarb. Seine Witwe übergab sein Archiv der Stadt Tel-Aviv, das mittlerweile zur Zentralbibliothek der dortigen Universität gehört. Es ist das einzige historische Archiv der äthiopisch-jüdischen Gemeinschaft.