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Ich werde meine Familie umarmen und Gott danken

Äthiopisch-jüdische Familie nach 20 Jahren wieder vereint

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Posted on: 
9 Mär 2021
Ich werde meine Familie umarmen und Gott danken

Im Dezember 2020 startete Israel die Operation „Fels Israels“, mit der 2.000 der rund 7.500 noch in Äthiopien verbliebenen Juden bis Mitte Februar nach Israel gebracht werden sollen. Die meisten von ihnen warten seit Jahrzehnten unter prekären Bedingungen darauf, ihre Angehörigen in Israel wiederzusehen. Die andauernde Ungewissheit über ihre Zukunft und die Trennung von ihren Lieben macht ihnen sehr zu schaffen. Eine von ihnen ist Yaliganesh Addis. Sie lebt mit ihrem Mann und vier Kindern in einem Transitlager in Gondar.

Foto: JAFI/Eyoel Abraham Kahssay, Yaliganesh Addis vor ihrer Lehmhütte in Gondar, November 2020

20 Jahre Trennung

Vor 20 Jahren sah Yaliganesh ihre Mutter Nana zum letzten Mal. Damals verließ Nana mit ihren drei Söhnen das Dorf Godscham, zog nach Gondar und stellte den Antrag auf Alijah (Einwanderung nach Israel). Die anderen vier Kinder, darunter Yaliganesh, blieben in Godscham zurück. Einige standen kurz vor der Heirat. Nachdem sie neun Jahre unter ärmlichen Bedingungen in einem Transitlager in Gondar gelebt hatten, erhielten sie endlich die Genehmigung, Alijah zu machen. „Wir freuten uns riesig“, erinnert sich ihr Sohn Kafale.

Tränen der Sehnsucht

Doch dann kam die Ernüchterung: Nur Mutter und Söhne durften einwandern. „Man sagte uns: ihr geht voraus und sobald ihr in Israel seid, kommen die anderen nach“, erzählt Kafale, der heute in Petach Tikwa lebt. Nach und nach konnten drei weitere Geschwister Alijah machen, doch Yaliganesh blieb zurück. „Ich weinte so sehr als sie nach Israel gingen und heute, zehn Jahre später, weine ich immer noch“, sagt sie. „Ich konnte mich nicht einmal von ihnen verabschieden.“ Auch ihre Familie leidet unter der Trennung. „Meine Mutter ist am Ende“, sagt Kafale. „Seit 20 Jahren ist sie von ihrer Tochter getrennt. Sie hat ihre vier Enkel noch nie gesehen.“

Allein zurückgelassen

Als junger Mann versuchte Kafale, sich für seine Schwester einzusetzen. Immer wieder vertröstete man ihn: „Deine Schwester wird schon irgendwann kommen.“ Nach seinem Militärdienst in der Fallschirmjäger-Einheit reiste er nach Gondar. Als Angehöriger der äthiopischen Gemeinschaft, in der das Leben innerhalb der Großfamilie von einem starken Zusammengehörigkeitsgefühl und großer Solidarität geprägt ist, war er erschüttert von dem, was ihn in Gondar erwartete: Umgeben von Armut war seine Schwester auf sich allein gestellt. „Es tat weh, meine Schwester so zu sehen. Wenn sie einmal krank ist, ist niemand da, der sich um sie kümmert“, erklärt Kafale unter Tränen. „Wir machen uns Sorgen um sie, schicken ihr Geld, damit sie über die Runden kommt.“

Prekäre Lebensbedingungen

Wie fast alle Juden in Gondar wohnt auch Yaliganesh in einer Lehmhütte. Elektrizität und fließend Wasser gibt es nicht, geheizt und gekocht wird mit Brennholz. Mit den Nachbarn teilt man sich eine Gemeinschaftstoilette. Yaliganeshs wenige Habseligkeiten sind seit Jahren in Koffern verpackt - stets bereit für die Rückkehr nach Israel. Die sechsköpfige Familie zahlt für die 25 Quadratmeter große Hütte eine Monatsmiete von 1.000 Birr (ca. 21 Euro), was sehr teuer ist. Viele Vermieter treiben die Mieten absichtlich hoch. „Sie denken, die Juden könnten schon nächste Woche nach Israel auswandern, also verlangen sie mehr Geld“, erklärt Adane Tadele, Repräsentant der Jewish Agency (Israels Einwanderungsbehörde) in Äthiopien. Außerdem vermieten sie nicht gerne an Familien mit Kindern. Yaliganesh kann also nicht lange an einem Ort bleiben: „Es ist schwer, in Gondar Kinder großzuziehen, ohne die Hilfe der Großfamilie. Ich habe niemanden hier“, sagt sie.

Ohne Perspektive

Neben den hohen Lebenshaltungskosten stehen die Juden in Gondar vor einer weiteren Herausforderung: Die meisten von ihnen stammen aus ländlichen Gegenden und können sich nur schwer ins Stadtleben integrieren. Auf dem Arbeitsmarkt haben sie keine Chance, denn Arbeitgeber bevorzugen Arbeiter, die langfristig für sie arbeiten. „Sie wollen keine Juden einstellen, die jederzeit auswandern könnten“, erklärt Tadele. Somit sind die Juden auf die finanzielle Unterstützung ihrer Verwandten in Israel angewiesen. Die Jewish Agency versucht, das Elend zu lindern und kümmert sich um die medizinische Versorgung. Außerdem gibt es ein Ernährungsprogramm für Schwangere und unterernährte Kinder unter fünf Jahren, das die ICEJ mitfinanziert (wir berichteten). Im Monat erhält jede Familie bis zu 45 Kilogramm Teff, die in Äthiopien angebaute Getreideart.

Endlich Hoffnung

Im November 2020 erhält Yaliganesh schließlich die Genehmigung, Alijah zu machen. „Ich freue mich so sehr, meine Familie wiederzusehen. Es ist, als träumte ich“, sagt sie. Auch ihre Familie in Israel freut sich. „Nun ist die Zeit gekommen, sie endlich nach 20 Jahren das Weinens zu umarmen und diese aufgestaute Sehnsucht rauszulassen“, sagt Kafale erleichtert. Yaliganesh weiß bereits, was sie als erstes tun wird, wenn sie endlich in Israel ist: „Meine Familie umarmen und Gott danken.“

Ende 2020 landet Yaliganesh mit ihrer Familie in Israel. Nach der obligatorischen zweiwöchigen Quarantäne schließt sie ihre Mutter Nana und ihre Geschwister endlich wieder in die Arme!

1.270 der 2.000 äthiopischen Juden sind bereits mit der Operation „Fels Israels“ eingewandert. Die ICEJ hat bisher die Flugkosten für 502 von ihnen übernommen und möchte weitere Flugtickets finanzieren. Ein Ticket kostet derzeit rund 1.100 Euro.

Bitte beten Sie mit, dass die Flüge bald durchgeführt werden können, und helfen Sie uns, weitere äthiopische Juden bei ihrer Alijah zu unterstützen! Als Verwendungszweck bitte „Alijah & Integration“ angeben, herzlichen Dank!

Film-Hinweis: Auf unserem YouTube-Kanal finden Sie eine Reportage über Yaliganeshs Alijah: „Äthiopische Juden: Wiedersehen nach 20 Jahren“

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